51 - Angst

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Manus Sicht

"Palle? Ich.. Nein. Wir müssen reden.", sagte ich leise und schluckte.
"O-okay", erwiderte er verunsichert, sein Lächeln verschwand, "Was ist passiert?"
"Nun.. Passiert ist eigentlich gar nichts.. wirklich...", erwiderte ich.
"Du kannst mir alles sagen, dafür bin ich doch da", lächelte Palle, stellte seinen Punsch beiseite und legte seine warme Hand an meine zitternde Schulter. Ich zitterte nicht, weil mir kalt war. Ich zitterte aus Angst.
"Du musst mir versprechen, nichts zu ändern, wenn du davon  weißt. I-ich... Ich möchte nur endlich ehrlich zu dir sein.", sagte ich mutig. Ich senkte meinen Blick.
"Okay", sagte Palle, "Okay, versprochen."

Erst in diesem Moment merkte ich, wie ähnlich es sich anhörte, im Vergleich zu damals. Schon vor drei Jahren bat ich Palle, dass sich nichts ändern würde, wenn ich ihm von der Nacht erzählen würde. Er hatte gelogen, alles hatte sich verändert. Eigentlich gab es Nichts, das sich nicht verändert hatte. Vielleicht würde er ja dieses Mal sein Versprechen halten.

"Ich liebe dich immernoch", wisperte ich so leise, dass ich mich selbst kaum verstehen konnte.
"W-was?", fragte Palle mit einem unsicheren Lächeln auf den Lippen, "Tut mir leid, i-ich hab dich wirklich nicht ver-"
"Ich liebe dich immernoch", sagte ich lauter und hob meinen Blick. Starr blickte ich in Palles Augen, welche sich schlagartig weiteten.

Palles Sicht
Mein Herz schlug höher, mein Atem beschleunigte sich sofort. Am liebsten hätte ich Manu gepackt, an mich gezogen und ihn so leidenschaftlich geküsst, wie seit drei Jahren nicht mehr. Freude sprudelte in mir hoch, ein unheimliches Kribbeln durchfuhr meinen Körper, ich war überglücklich.
Manuel liebte mich, er liebte mich genau so, wie ich es tat. Ich wollte ihn an mich reißen, ihn nie wieder gehen lassen.

Und plötzlich kamen kamen meine Erinnerungen zurück. Ich dachte an all die Nächte, in denen ich nicht eine Auge zumachte und einfach nicht schlafen konnte, weil er mich so verletzt hatte. An die Tage und Wochen, in denen meine Augen rund um die Uhr schmerzten und rot waren, verweint waren. Ich dachte an den Verlust, den ich durch seinen Fehler erfahren habe. Den Verlust meiner Freude, meines Hobbys, meiner Arbeit und der Liebe meines Lebens.
Ich erinnerte mich an den Schmerz, den nicht nur ich erlitt, sondern auch meine ganze Familie, welche Manu ebenfalls liebte und liebend gerne als Familienmitglied ansah. Ich dachte an meine Zuschauer, welche auch unheimlich traurig gewesen sein mussten, als alle Videos plötzlich wegfielen. Ich dachte an die Zeit, in der ich keinen Sinn in meinem Leben sah und mich unnütz fühlte, als ich keinen anderen Weg sah.
Ich war mit unglaublich viel Mühe und Unterstützung meiner Familie da heraus gekommen und wollte unter gar keinen Umständen jemals wieder in solch ein tiefes Loch fallen. Doch genau dieses Risiko ging ich ein, wenn ich Manus Liebe erwidern und zulassen würde. Nie wieder wollte ich zurück in diese dunkle Zeit meines Lebens, koste es was es wolle.

"Du.. Du müsstest jetzt was antworten", sagte Manu leise und riss mich so aus meinen Erinnerungen. Schnell nahm ich meine Hand von seiner Schulter und sah zu Boden.
"Es tut mir leid, Manu", erwiderte ich vorsichtig, "Aber ich weiß nicht, ob ich dir das glauben kann."

Er atmete tief aus und setzte sich aufrecht hin, seine Stimme war gebrochen. "Okay, wow.. gut, okay.", sagte er, "Gut, dann... dann werde ich wohl mal-"
"Ich habe einfach Angst! Ich möchte es glauben, wirklich! Und ich wünsche mir genau wie du, dass alles wieder so wird wie damals. Aber ich habe Angst, du könntest mein Herz noch einmal brechen. Ich tue dir nicht gut", unterbrach ich ihn und sah in seine grünen Augen, welche seine Gebrochenheit mehr als perfekt widerspiegelten.
"Du meinst, ich tue dir nicht gut", erwiderte Manu, "Das ist es doch, Was du sagen wolltest. Ich bin nicht gut genug für dich, hm?"
"Was? Nein! Manu das-"
"Liebe tut nunmal weh. So ist uns beiden nicht geholfen.", sagte er ernst.
"Wenn du mir wirklich helfen willst, dann vergiss mich!", erwiderte ich bibbernd.
Eine kurze Pause, in der Manu tief einatmete, aufstand und zu mir schaute: "Dir auch noch einen schönen Abend."
Er drehte sich um, stellte den Punsch zurück zu der Bude und verließ den Weihnachtsmarkt.

Tränen bahnten sich ihren Weg in meine Augen, ehe sie gnadenlos herab flossen und auf den Schnee tropften. Alles war so perfekt, und alles wäre wieder mehr als perfekt geworden, hätte ich mich nicht an damals erinnert. Hätte ich meine Angst einfach überwunden. Aber konnte ich überhaupt jemals wieder mit ihm glücklich werden, wenn ich immer an damals denken musste? Wie sollten wir jemals wieder glücklich werden, wie sollte ich ihm jemals wieder voll und ganz vertrauen?
Aber wie sollte ich jemals wieder glücklich werden, wenn er nicht bei mir ist? Wie sollte ich es jemals schaffen, Manuel nicht zu lieben? ||

Ich will euch nochmal daran erinnern... wenn ihr mich tötet, werdet ihr niemals erfahren, wie es weitergeht!
Oh man... Ich freue mich sehr auf die nächsten Parts. Das Drama beginnt ... *böse grins* <3

ich wünschte,... || KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt