52 - von eurer Nacht

2K 221 135
                                    

Palles Sicht

Ich konnte nicht länger hier bleiben, ich musste weg. Schnell gab ich die Tasse ab und lief zum Auto. Auf dem Weg rief ich Manuel an, um zu sagen, dass ich fahren wollte. Keine Antwort. Selbst nach dem siebzehnten Anruf drückte er mich weg.
Panisch stand ich vor meinem Auto. Was sollte ich denn jetzt tun? Sollte ich alleine losfahren, oder Manuel weiter anrufen und Bescheid geben? Ich ging in unseren Chat und schrieb, dass ich losfahren würde, und er kommen solle.
"Fahr alleine", bekam ich kurz darauf als Antwort. Neue Tränen sammelten sich in meinen Augen. Ich antwortete nicht. Stattdessen schniefte und stieg ins Auto.
"Na schön", bibberte ich, "Dann fahre ich halt alleine."
Langsam startete ich den Wagen und verließ den Parkplatz, ich fuhr Heim. Alleine.

(...)

Als ich zu Hause ankam, war es schon halb elf. Müde ließ ich mich auf mein Bett fallen und hörte dem Kirchturm zu, welcher seine Glocken leuten ließ. In weniger als zwei Wochen war schon Weihnachten. Eigentlich hatte ich vor, richtig schön und gemütlich mit Manu zu feiern. Und jetzt? Ich schluckte und kniff meine Augen zusammen. Wie sollte es denn jetzt weitergehen? Wie sollte ich mich ihn gegenüber verhalten? Ist alles so, wie früher? Ist er anders zu mir? Werde ich anders zu ihm sein?
Wie werde ich es schaffen, meine Gefühle zu vergessen?

Ein Schlüsselklappern ertönte. Sofort setzte ich mich auf und richtete meinen Blick starr zur Tür, welche langsam auf ging. Manu stand in dieser. Seine Jacke war komplett durchnässt, seine Haaren hingen vor Nässe schlaff herunter. Seine Augen waren rot. Es schien zu regnen.

"Hey", startete ich eine Konversation. Manu antwortete nicht. Stattdessen zog er seine Jacke und seine Schuhe aus, holte ein Handtuch aus dem Bad und rubbelte seine Haare trocken.
"Wie bist du her gekommen?", wollte ich wissen.
"Zug. Den Rest gelaufen.", antwortete er kurz und brachte das Handtuch wieder zurück ins Bad. Seine Haare standen zu Berge wie bei einem Igel, er sah unwahrscheinlich süß aus.
"Manu, ich.. Ich habe-"
"Ich bin müde, können wir da ein anderes Mal drüber reden?", unterbrach er mich und sah mich entrüstet an, "Tut mir leid, Palle. Ich hätte dir niemals davon erzählen sollen. Ich wollte dich nicht überfordern. Ich hatte nur das Gefühl, ... es würde dir ähnlich gehen. Ich werde an meinen Gefühlen arbeiten, also... Vergiss es einfach, bitte." Er lächelte mich vorsichtig an und verschwand in seinem Zimmer. Er schloss die Tür.
Vergessen? Ich konnte doch nicht vergessen, dass der Junge, den ich liebe, mich auch liebt.

(...)

Es vergingen fünf Tage. Fünf Tage, an denen ich vormittags im Kindergarten war und abends ins Restaurant fuhr. Tage, an denen ich mehr mit Leon redete, als mit Manuel. Wieder war diese Distanz zwischen uns, aber diesmal ging sie nicht von mir aus. Manuel sorgte für den Abstand zwischen uns, und es quälte mich.

Müde schmiss ich mich in mein Bett, es war Freitagabend. Ich hatte frei, und das hatte ich mir wirklich verdient. Die Woche war hart, sowohl was meine Arbeit anging, als auch meine Gefühle. Ich holte meinen Laptop, um Netflix zu starten, als ich plötzlich von meinem Handyklingeln unterbrochen wurde.

Seufzend griff ich nach diesem und erblickte Leons Namen auf dem Display.
"Müsstest du nicht im Restaurant sein?", waren meine ersten Worte und ich begann, zu schmunzeln.
"Ich brauche dich, Patrick. K-K-Komm bitte zu mir, i-i-ich.. ich...", seine Stimme versagte. Es klang, als würde er bitterlich weinen.
"Okay, w-was ist passiert?" Ich setzte mich auf.
"Ich habe", er unterbrach sich selbst mit einem Schniefen, "Ich habe Papa alles erzählt", bibberte er, "Und er hat mich geschlagen" sein Weinen wurde lauter.
"Er hat was?!", erwiderte ich ernst und sah zur Uhr. Es war zehn Uhr am Abend, ehe ich bei Leon bin, ist es halb elf.
"Okay, Ich komme. Aber wie machen wir das? Ich werde doch sicherlich länger bleiben als zwei Stunden, oder?", grübelte ich.
"Du kannst auf meiner Couch schlafen und morgen früh nach Hause fahren, wenn das okay für dich wäre", schniefte Leon, "Egal wie, ich brauche einen Freund zum Reden."
"Ja, gut. Dann machen wir das so. Ich bin unterwegs!", waren meine Worte, ehe ich auflegte.

Schnell stand ich auf und klopfte an Manus Zimmertür.
"Manu? Kann ich rein?", fragte ich.
"Mach", erwiderte er.
Als ich die Tür öffnete, erblickte ich einen Manu, welcher vor seinem lodernden Kamin saß und eine Tasse Tee in der Hand hielt. Wie gerne ich mich zu ihm gesetzt hätte.
"Hör zu, ich schlafe heute Nacht bei Leon. Es geht ihm nicht gut, und ich werde für ihn da sein. Nur, damit du dich nicht wunderst. Ich komme morgen früh wieder."
"Okay", antwortete Manu, ohne mich an zu schauen, "Kannst mir danach ja gerne noch von eurer Nacht erzählen, und wie du ihn... aufgeheitert hast." Seine Stimme klang ironisch.
"Wir sind nur Freunde", seufzte ich, "Es ist wichtig, ehrlich."
"Okay.", erwiderte Manu kalt, "Viel Spaß mit Leon."
Kopfschüttelnd zog ich meine Schuhe an, steckte mein Ladekabel und die Schlüssel ein, zog meine Jacke über, und verließ die Wohnung. Meine Gedanken waren gemischt von Leon, seinem Vater, und voll von Manuel, welcher völlig grundlos eifersüchtig war. ||

ABSTIMMUNG!
Wer tut euch am meisten leid, in diesem Part?
Leon, mit dem Streit mit seinem Vater?
Manu, der vor Eifersucht und Trauer platzt?
Oder Palle, der einfach nicht über seinen Schatten springen kann?

Wie hat euch der Part gefallen? <3
Ich wünsche euch einen entspannten, wundervollen Abend :)

ich wünschte,... || KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt