Kapitel 6-Starr blaue Augen

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„Was machst du hier?" skeptisch mustert mich mein Dad, welcher trotz des Verbotes meiner Mutter mit seinen Schuhen ins Haus kommt und mich dabei beobachtet, wie ich die Schokoladen Kekse vorm Fernseher verdrücke. „Wohnen." Gebe ich knapp von mir, wodurch er schmunzelnd seinen Kopf schüttelt und seinen Hut auf den Sessel wirft, während er sich neben mich fallen lässt. „Deine Mutter meinte du wärest mit deinen Freunden am See." Seufzend schüttle ich meinen Kopf und halte ihm die Packung hin, wovon er sich sogleich einen nimmt. „Hatte doch keine so große Lust." Schulterzuckend lehne ich meinen Kopf zurück und beachte die nebensächliche Serie. „Ich habe das Gefühl du bist-" er bricht ab, als ich meinen Blick auf ihn lege und den Abdruck des Hutes auf seiner Stirn begutachte. „Komm mit." Auffordernd klopft er mir auf mein Bein, während er wieder nach seinem Hut greift und ihn sich auf den Kopf setzt.

„Was soll ich denn machen?" jämmwrlich zieht er mich auf die Füße, um seinem Beispiel zu folgen und auf die Veranda zu treten. „Du weißt das ich Selbstmitleid hasse, also tu was dagegen." Verlangend schiebt er mir meine Stiefel hin, sodass ich Augenrollend hinein trete.

„Paps ich bin eigentlich wirklich nicht scharf darauf nun irgendetwas zu tun." Seufze ich leise, um mir meinen Hut aufsetzten, welcher auf dem Gerüst der Veranda war, ehe ich ihm gezwungener Maßen folge. „Weißt du noch was wir damals immer taten, als deine Großmutter noch lebte und den Teufel los ließ?" das Lächeln, dass auf seinen Lippen wächst, lässt auch meine Mundwinkel nach oben zucken. „Du hast immer gesagt, dass ich noch Reitstunden brauche, um irgendwann mal auf der Ranch zu helfen, dabei konnte ich schon damals besser reiten als du." Lachend weiche ich seinem leichten Schlag aus, der meinen Kopf treffen sollte. „Jetzt hab dich nicht so." necke ich breit grinsend, ehe wir über den Zaun klettern und auf die Pferde zugehen.




Seufzend betrachte ich das Gebäude, betrachte die weiße Fassade, die grünen Zweige der Bäume, die einen angenehmen Schatten hinterlassen. Ich betrachte die Geschichten, die darin schon statt gefunden haben. Vielleicht nicht meine, aber andere. Vielleicht eine, die noch nicht erzählt wurde, aber die existiert und die groß ist. So groß, dass sie verboten wurde zu erzählen.

"Scar." erschrocken umfasse ich den Riemen meiner Tasche, als meine Schulter sachte angestupst wird und mich die vor Freude funkelnden Augen von Edwin anschauen. Auf meinen Lippen entsteht ein leichtes schmunzeln, während ich mich Kopfschüttelnd aus meiner Starre löse. "Es ist jedes mal schön, dich aus deinen Gedanken zu reißen." lachend gesellt er sich neben mich, während wir uns der Schule nähern und bereits von draußen die quietschenden Schließfächer, sowie die lauten Gespräche wahrnehmen. "Wie du meinst. Sag mal, weißt du wo Ace ist?" kritisch verzieht sich seine braue nach oben, während seine Schritte langsamer werden. "Wieso denn das?" seine Skepsis meiner Frage gegenüber ist berechtigt, doch meine Neugierde noch mehr.

Seine Worte wollten die Nacht über nicht aus meinem Gedächtnis fliehen. Ständig kamen sie in meinen Kopf, ständig hörte ich seine Warnung. Es beängstigt und beunruhigt mich, dass er überhaupt die Sorge laut ausgesprochen hat, die ich über das Jahr entwickelt habe. Zumindest über die letzten Monate. Die Distanz hat nicht nur unsere Gespräche vernichtet, sondern auch die Verbindung und das damit zugehörige Vertrauen. Und es ist ein schreckliches Gefühl, dass ich entwickelt habe.

"Keine Beunruhigung. Ich muss ihn einfach etwas fragen." schulterzuckend bleibe ich an seinem Spind stehen, welchen er mit einer einfachen Drehung seines Schlosses öffnet. "Ich habe das von seiner Party gehört." augenrollend lehne ich meinen Kopf gegen die Metall-Schließfächer, während er seine Augen zu mir gleiten lässt. "Es ist okay, wenn du dich allein fühlst, aber spiele nicht mit Ace. Du weißt das er noch immer der gleiche ist." zögernd nicke ich. "Dem bin ich mir bewusst, Edwin. Aber vergiss du nicht, dass ich alt genug bin zu entscheiden, mit wem ich rede." genervt erwidere ich seinen starren Blick. "Stimmt. Nur habt ihr nicht miteinander geredet und das weißt du."

(Ex)change-Was sind dir (deine) Geheimnisse wertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt