Kapitel 14- Lebhafte Erinnerungen an längst vergessene Zeiten

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„Scarlett, was tust du hier." Es gleicht nicht einmal mehr einer Frage, die er mir stellt. Er ist wütend, wütend auf... mich?

„Entspannen." Gebe ich hauchend von mir, ehe ich mich umdrehe und noch immer seine Hände auf meiner Taille spüre. Die Berührung erinnert mich an die letzte Feier, auf der wir uns begegnet sind. Es erinnert mich an seine Lippen, die auf meiner Schulter lagen. Es erinnert mich an sein Piercing, der meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der meine Augen darauf haften lässt.

„Wie kommst du hier her?" seine Stirn legt sich angestrengt in Falten, wodurch ich kichernd meine Finger über diese gleiten lasse, um sie zu glätten. Doch sie kehren wieder in die Ursprungsform zurück, als er meine Gelenke erfasst und von sich zieht.

„Hast du irgendwas zu dir genommen?" Erneut kann ich nur grinsen, ehe mir ein kleines kichern entkommt. Ich könnte fast meinen, er würde sich um mich sorgen.

Ihm scheint es vollkommen unmöglich zu sein, dass ich mich so benehme und selbst mir fällt es schwer zu glauben, dass dies mein Verstand ist. Ich hätte immerhin vergangene Woche eine Debatte über den Klimawandel gehalten.
Meine Augen reißen sich bei der Blitzartigen Erinnerung auf, sodass ich mich aus seinen Händen zu befreien versuche. „Ich muss Taylor anrufen und mich bei ihm entschuldigen!" fassungslos blickt er mir ins Gesicht. „Wieso?"

Die Verzweiflung und das schlechte Gewissen engt mich ein. „Ich habe unsere Debatte vergessen- Ich habe... meine Präsentation vergessen." Ich spüre wie mir die Tränen in die Augen stechen, während Ace mich vollkommen aufgelöst anstarrt. Und erst als er durch den Raum blickt, löst er seine Starre auf. Mit ihr beginnt sich der verzerrte Ausdruck auf seinem Gesicht niederzulegen. „Das kann doch nicht wahr sein." Seine Laute gleichen einem knurren, dass mich ihn dabei beobachten lässt, wie er sich verzweifelt durch die Haare fährt.

„Komm mit." An meiner Hand zerrt er mich durch den Raum zu einem der Fenster, welches er öffnet. „Du spinnst." Gebe ich hastig von mir, doch er reagiert nicht und klettert auf die Feuerleiter hinauf. Es bleibt mir bei seinem sturen Griff nichts anderes übrig als ihm zu folgen.

Der Wind zerrt eisig an meiner Kleidung, als ich die Brüstung umfasse und durch das Gitter schaue, dass mein Boden sein soll. Ganz ohne die Fremdeinwirkungen wäre ich nun bereits weg gelaufen, um mich nicht weiter hier draußen aufhalten zu müssen. Doch es scheint als wäre ich ruhiger, denn je, wodurch ich lediglich den Blick streifen lasse. Die bunten Lichter der Autos und Laternen flackern unter meinen Füßen, während der Mond Still schweigend am Himmel steht.

Langsam legen sich seine Hände auf meine Schultern, an dem er mich auf die Stufe nieder lässt.

„Versprich mir das du hier wartest." appellierend richtet er sich auf und blickt mich an, als ich nicht weiter etwas sage. „Scarlett." Sein nörgelnder Unterton lässt mich aufschauen und genervt seufzen. „Versprochen."

Es dauert nicht lange da ist er durch das Fenster verschwunden. Ich wäre auch ohne sein versprechen hier geblieben, da mich die Anziehungskraft noch nie so sehr geliebt hat. Meine Knochen fühlen sich mehr als schwer an. Ich fühle mich so langsam und wie in Zeitlupe an, trotz das die Autos auf der Straße in ihrem üblichen Tempo fahren.

„Hier." Mich erblicken die blauen Augen sogleich das Metall ein Stück unter mir bebet und er wieder auf die Feuerleiter tritt. Nur zögernd ergreife ich das Brot. Es ist wohl die schlauste Möglichkeit meinen leiernden Zustand zu verbessern.

„Ich habe nicht viel getrunken." Rechtfertigend versuche ich den trockenen Klumpen hinunterzubekommen und erst als er mir eine Wasserflasche hinhält, bekomme ich es zu schlucken. „Es war der Nebel im Flur. Ich hätte nicht gedacht, dass Wellington das wirklich durchzieht, aber scheinbar schon. Die Nebelmaschine ist so manipuliert, dass sich die Drogen im Raum verteilen. Für Anfänger ist er ziemlich stark, besonders in Verbindung mit Alkohol."

Quälend streife ich mir über mein Gesicht. Der Abend hätte anders ablaufen sollen. Nicht bereits nach der ersten Stunde vollkommen zugedröhnt auf einer Feuerleiter. „Ich hasse Fremdeinwirkungen." Nörgelnd lehne ich mich gegen das Geländer und wiederhole die Prozedur mit Essen und Trinken. Bereits nach den ersten Bissen merke ich eine kleine Besserung. „Morgen ist es weg."

Seine Hand legt sich auf meinen Rücken nieder, wodurch sich die wohlige wärme ausbreitet. „Ich wollte dir nichts unterstellen und dich anlügen schon gar nicht." Atmend gleiten meine Augen zu ihm. „Wieso hast du es dann getan?" es ist kaum ein flüstern der meine Lippen entkommt und ihn unter den Geräuschen der Autos erreicht.

„Ich hatte mich wohl an den Gedanken gewöhnt, dich nicht mit ihm zu sehen. Dich wieder für mich zu haben, eine Chance zu haben. Und je näher seine Anreise kam, desto größer wurde meine Panik."

Ich möchte am liebsten etwas sagen, doch ich kann es nicht. Seine Worte berühren mich mehr, als das sie sollten. Sie lösen mehr wärme aus, als der Gedanke an meinen Freund, der bald Nachhause kommt.

Ich spüre wie die Hitze die in mir aufsteigt, der all den vernebelten Alkohol verjagt. Ich spüre wie sie sich in meinen Körper ausbreitet, als seine Hand über meinen Rücken gleitet, als seine sanften Finger mein Kinn ergreifen, an dem er mich weiter in seine blauen Augen schauen lässt.

Ich spüre wie mein Herz bei jeder weiteren Berührung rasanter zu klopfen beginnt. Wie ich die Kontrolle über mich verliere. Wie ich die Gänsehaut auf meinem Körper spüre, der angenehme warme Schauer über mich jagt. Der mich meine Lider schließen lässt, als ich seinen Atem gegen meine Lippen spüre. Wie er sich ausbreitet, wie ich seinen Geruch, vermischt mit dem Rauch der Zigaretten zu mir nehme. Wie ich seine Hand um meine Wange spüre, auf meinem Bein spüre, dessen Berührung elektrisierende Stöße verursacht.

Wie ich seine Lippen spüre. So weich, so vertraut. Es fühlt sich richtig an, für diesen Moment. Für einen Moment, in denen ich mich nicht beklagen kann, in den ich mich nicht in den Gedanken verlieren kann. In den ich mich leicht fühle.
Unsere Lippen schmiegen sich aneinander, er führt die meine, er führt den Rhythmus, welchen ich mich anpasse, welcher mich immer mehr animiert. Welcher mich immer wärmer werden lässt. Der die Hitze durch mein Blut schießen lässt, während das kribbeln mein Körper übernimmt.

Dominanter ergreift er meinen Nacken, an dem er mich zu sich zieht, während meine Finger sich um seinen Nacken schlingen und jede Lücke zwischen uns zu bezwingen. Er wird leidenschaftlicher, wilder, Sehnsüchtiger, er beginnt meine Haut aufzureißen mit jeder der Berührung die er an mir verübt. Durch jeden Finger, den er an meinem nackten Bein entlang streifen lässt, bevor er meinen Oberschenkel erfasst und mich über ihn steigen lässt.

Seine Finger bohren sich in mein Fleisch, sie lassen mich aus der Wirkung des Rausches entkommen und die Realität spüren. Sie lassen mich nicht einsam, nicht verzweifelt fühlen, sondern geliebt. Sie lassen mich wissen, dass ich bei ihm sein soll. Sie lassen mich wissen, dass er mich nicht fort stoßen wird. Nicht als sich seine Hand in meinem Rücken an ihn pressen lässt. Nicht als seine Hand meinen Körper erkundet. Nicht als ich in jeder seiner Berührung den Verstand verliere.

(Ex)change-Was sind dir (deine) Geheimnisse wertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt