DREIUNDDREISSIG

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DREIUNDDREISSIG

Ich wache auf, als ein Windstoß über meinen Körper bläst und mich erschaudern lässt. Verwirrt frage ich mich, wieso mir so verdammt kalt ist, stelle dann aber fest, dass mein T-Shirt bis zu meinem BH hochgerutscht ist und ich schon wieder auf der Decke liege. Ich zupfe es wieder herunter und genieße, wie glücklich ich gerade bin.

In diesem Moment stürzt die Realität über mich herein wie ein plötzliches Sommergewitter, wobei diese Metapher eindeutig die hässliche Wahrheit beschönigt.

Heute geht es zurück nach Hause.

Die Frage ist doch, was will ich dort? Warum sollte ich in Deutschland sein wollen, wenn Harry hier ist?

Bevor mich meine Gedanken noch weiter runterziehen können, schlage ich meine Augen auf und werde überraschenderweise nicht von gleißendem Sonnenlicht geblendet. Als ich mich aufrichte und meinen Kopf zu dem geöffneten Fenster drehe, sehe ich stattdessen einen dunkelgrauen, tief mit Wolken behangenen Himmel, der so aussieht, als würde es bald regnen.

Erst jetzt schweift mein Blick zu dem Platz neben mir.

Leer.

Seufzend fahre ich mit meinen Händen über mein Gesicht und lasse langsam die Zweifel an letzter Nacht über mich herfallen. Mein Herz fühlt sich an, als würden sich die Rippen enger zusammenziehen, als würde es langsam und schmerzhaft zerquetscht werden. Geschlagen sinke ich wieder in die Kissen zurück.

Ich habe das Gefühl, ich könnte jeden Moment anfangen zu heulen. Was habe ich dieses Mal falsch gemacht? Wo ist er hin?

Um die Tränen zurückzuhalten atme ich einmal tief ein und aus, bevor ich aufstehe und, mit meinem Blick auf dem Boden lastend, ins Badezimmer gehe.

Nachdem ich meine Zähne geputzt, meine Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und mir etwas Wasser ins Gesicht gespritzt habe, schleppe ich mich in Richtung Küche. Gestern war alles noch so perfekt, wie kann sich das Blatt schon wieder so schnell gewendet haben?

Die Küche sieht noch genauso aus, wie wir sie heute Nacht verlassen haben, beide Gläser stehen auf der Arbeitsfläche, genauso wie die Flasche.

Ich fühle mich, als könne ich nicht mehr atmen, als wäre meine Lunge komplett unter Wasser gedrückt worden. Warum zum Teufel hat er mich schon wieder allein in seiner Wohnung zurückgelassen?

In der Hoffnung einen klaren Kopf zu bekommen, gehe ich zur Terrassentür und trete an die frische Luft. Man riecht schon den kommenden Regen, das Licht ist gedämpft, alles wirkt, wie in dunkelgraue Watte gepackt, so wie meine Stimmung.

Ich lasse meinen Blick über die Dachterrasse schweifen und denke daran zurück, wie wir noch vor wenigen Stunden friedlich und beinahe glücklich hier draußen saßen und geredet haben. Alles war so friedlich, es hat sich fast so angefühlt, als sei Harry normal.

Plötzlich bemerke ich zwischen Wolken und Nebel feine, weiße Rauchschwaden, die langsam in den Himmel aufsteigen. Verwirrt suche ich nach der Ursache und als ich sie entdecke, scheint alles zu kippen, sich zu drehen und zu verschwimmen.

Harry sitzt, mit dem Rücken zu mir, nur in der grauen Jogginghose von gestern und ohne Oberteil auf der Hollywoodschaukel, auf der wir letzte Nacht geredet haben. Seine Haare sind total zerzaust und in seiner linken Hand hält er eine Tasse und die Zigarette, die mich auf ihn aufmerksam gemacht hat, während seine rechte auf dem Polster ruht.

Ich merke, wie meine Augen beginnen zu brennen und muss schlucken.

In dem Moment, als Harry sich plötzlich umdreht, kann ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich spüre, wie eine einzige meine Wange herunter rinnt, während sich Harrys und mein Blick treffen. Sofort steht er auf und kommt zu mir herüber gejoggt, bevor er mein Gesicht in seine Hände nimmt, sich etwas zu mir herunter beugt und mich besorgt anschaut.

Misgivings [Harry Styles]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt