EINUNDFÜNFZIG

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EINUNDFÜNFZIG

Als Harry die Wohnung verlässt, fühle ich alles auf einmal und nichts zugleich. Es ist als wäre ich in tausend Teile zersprungen, als hätte ich überhaupt keine Substanz mehr, als hätte ich mich in Luft aufgelöst. Es kommt mir vor wie ein Abschied und gleichzeitig kann ich gar nicht fassen, was in den letzten 24 Stunden passiert ist. Um ehrlich zu sein wirkt alles, was in der vergangenen Woche geschehen ist, surreal. Es ist einfach zu viel für mich: fremde Stadt, fremde Sprache und dann plötzlich dem Mann, der mich schon seit so langem fasziniert hat und es immer noch tut, nahe sein.

Diese ganzen Eindrücke sind wie ein Flimmern in meinen Kopf, Ausschnitte von meiner Zeit mit Harry, die durch meine Gedanken schwirren. Es sind die kleinen Dinge, die jetzt schmerzhaft wieder hochkommen. Harrys Finger, die zärtlich meine Wange streicheln, sein Lächeln, als wir beschlossen haben, wir versuchen es zusammen, oder wie er nachts mit seinen Zehenspitzen meine Beine berührt hat, sodass mein ganzer Körper mit Gänsehaut überzogen war.

Ich habe gar nicht bemerkt, dass die Türe noch offen steht. Langsam gehe ich einige Schritte und schließe sie. Dann gehe ich zurück ins Wohnzimmer und setze mich auf das Sofa.

Es ist seltsam, dass ich jetzt nicht verzweifelt in diesem Zimmer umher irre oder Bilderrahmen an die Wand werfe, nein, stattdessen sitze ich still und regungslos da, nicht einmal mehr Tränen fließen. Irgendwann habe ich wohl aufgehört zu weinen.

Die Trauer und Enttäuschung, dass Harry nicht einmal in der Lage ist seine Fehler einzusehen sitzen tief und lassen mein Herz unendlich schwer werden. Ich könnte damit leben, dass er einfach zu langsam geschalten hat, die Frau nicht rechtzeitig hat von sich fernhalten können, oder wenn er betrunken gewesen wäre. Sogar darüber, dass er mich geschlagen hat könnte ich irgendwie hinweg sehen, wenn er nur merken würde wie sehr er mich mit seinem Fehltritt davor verletzt hat. Ich dachte nunmal ich wäre besonders. Ich dachte ich wäre besonders für ihn, aber anscheinend habe ich nicht genügt und offensichtlich ist er auch nicht für die Wahrheit bereit. Harry konnte es nicht ertragen zu hören, dass er in seinem Ruhm und seinem Lebensstil versunken ist. Entweder er hat gemerkt, dass ich recht habe und ist so ausgeflippt, weil er genau weiß wie es um ihn steht, oder es ist eben schon zu spät.

Wie auch immer, alles was ich jetzt noch fühle ist Enttäuschung und Schmerz.

Aber ich will das nicht! Ich will mich nicht davon runterziehen lassen, er soll nicht meine Gefühle dominieren! Ha, lacht mein Unterbewusstsein verächtlich, denn es weiß, dass ich mich selbst belüge. Natürlich, Harry beherrscht mich doch sowieso schon.

Von meinen inneren Stimmen genervt stehe ich auf und beginne zu grübeln, womit ich mich ablenken könnte. Unruhig gehe ich in Chace' Wohnung auf und ab und lasse meinen Blick durch die einzelnen Zimmer schweifen. Plötzlich kommt mir eine Idee. Sofort gehe ich ins Badezimmer und versichere mich, dass ich so zumindest kurz aus dem Haus gehen kann. Chace' dunkle Skinnyjeans kremple ich ein wenig hoch und schlüpfe in meine Boots, die mir Harry ja vorher mitgebracht hat. Dann gehe ich in Chace' Zimmer und öffne seinen Kleiderschrank, in der Hoffnung eine Jacke zu finden. Schnell fällt mir eine dunkelgrüne Sweatshirt-Jacke ins Auge, die unheimlich flauschig und weich aussieht. Ich ziehe es über Harrys T-Shirt und wenige Sekunden später verlasse ich schon mit meinem Geldbeutel und Chace' Ersatzschlüssel die Wohnung.

Es dauert nicht lang bis ich einen Supermarkt finde und ihn betrete. Ich gehe durch die verschiedenen Gänge und werfe alles in den Korb, den ich am Eingang bekommen habe. Teilweise sind die Verpackungen anders, doch an sich ist es kein großer Unterschied, ob man in Deutschland oder England einkaufen geht.

Als ich alles habe, stelle ich mich an der Kasse an und seufze genervt, denn die Schlange vor mir ist um einiges länger als ich dachte. Ungeduldig trete ich vom einen Fuß auf den anderen und beginne die Leute vor mir zu beobachten. Eine alte Dame, die einen rosanen Mantel trägt, obwohl es relativ warm ist, ein Teenager mit einer viel zu großen Nerd-Brille, ein indisch aussehender Mann, der sich am Handy mit jemandem unterhält.

Misgivings [Harry Styles]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt