If this room was burning, I wouldn't even notice

5.2K 203 5
                                    

Abby:

Langsam und noch völlig benommen öffne ich die Augen. Und ich zucke erstmal gehörig zusammen. Scheisse, das habe ich ganz vergessen...

Harrys Kopf liegt nur ein paar Zentimeter neben meinem und er schläft tief und fest. Er ist tatsächlich geblieben-die ganze Nacht, denke ich und auf einmal durchströmt mich ein warmes Gefühl und ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen.
Verstohlen mustere ich ihn.

Er sieht vollkommen entspannt aus und irgendwie... beinahe friedlich. Ich glaube, ich verstehe jetzt, was Leute damit meinen, wenn sie sagen, dass jemand im Schlaf jünger aussieht. Harry hat sogar fast schon etwas kindliches an sich. Er ist einfach nur er selbst, sein Gesicht ist vollkommen rein. Er trägt keine Maske. Kein spöttisches Lächeln, keine hochgezogenen Augenbrauen. Ich sehe ihn ganz klar und ich nutze den Moment uns sehe ihn genau an- lasse den Blick über seine ebenmässigen Züge gleiten.

Er hat ausgeprägte Wangenknochen und ein schönes Kinn. Auf der linken Wange hat er einen kleinen Leberfleck. Mein Blick gleitet weiter zu seinem Hals und über die Konturen seiner muskulösen Brust, die durch sein leicht aufgeknöpftes Hemd zu erahnen sind. Ich muss lächeln, als mein Blick auf die beiden Schwalben fällt, die seinen Brustkorb zieren. Dann gleitet mein Blick zurück zu seinem Gesicht. Seine Nase ist gerade und schmal. Sie passt zu seinem Gesicht... anders als meine Nase, denke ich und verziehe das Gesicht. Er hat dünne Augenbrauen, die aber trotzdem noch männlich sind. Naja, sofern Augenbrauen männlich sein können... Und er hat wahnsinnig lange Wimpern. Fasziniert starre ich sie an.

Dann fällt mein Blick auf seine Haare: Zugegeben, seine Locken sind sehr niedlich. Ich verstehe schon, warum sie alle lieben. Ich verstehe allgemein, warum er die Frauen verrückt macht, denn er ist ein wahnsinnig schöner Mann. Fast schon perfekt. Komisch, dass mir das erst jetzt auffällt. Doch als ich sein Gesicht so eingehend mustere, fällt mir doch eine klitzkleine Sache auf, die nicht ganz perfekt ist. Ich lächele, als ich seinen Mund ansehe. Er ist ein klitzekleines bisschen schräg und die Oberlippe ist ein bisschen grösser als die Unterlippe, vorallem, weil er sie im Schlaf ein Stückchen vorgeschoben hat. Aber in meinen Augen macht ihn dieser kleine Mackel nur umso perfekter. Diese Lippen, die so wahnsinnig schlagfertig sind, diese Lippen, die sich so oft zu einem spöttischen oder anzüglichen Grinsen verziehen. Diese Lippen, die wenn er lacht, eine Reihe gleichmässiger, weisser Zähne entblössen... Und zwei kleine Grübchen...

Es ist, als sehe ich ihn an diesem Morgen zum ersten Mal und verdammt, er ist wunderschön...
Und auf einmal habe ich den dringenden Wunsch, ihn zu berühren. Vorsichtig hebe ich die Hand und fahre zärtlich durch seine Locken, dann lege ich meine Finger an seine Wange und streiche langsam, beinahe bedächtig über seine weiche Haut. Mein Zeigefinger wandert weiter über seine starken Wangenknochen und berührt dann sanft den kleinen Leberfleck, bevor ich ihn über seine festen, aber gleichzeitig weichen Lippen streichen lasse. Auf einmal durchfährt mich eine wahnsinnige Zuneigung für Harry Styles, die ich so nicht kenne. Aber mir bleibt keine Zeit, darüber nachzudenken.

„Mhmm.“, Harrys Lippen vibrieren an meinem Zeigefinger. Erschrocken nehme ich meine Hand von seinem Gesicht. Seine Augenlieder zucken. Scheisse. Er darf auf keinen Fall merken, dass ich ihn gerade bestimmt fünf Minuten lang angestarrt habe. Was habe ich mir überhaupt dabei gedacht? Es war einfach intuitiv... Panisch überlege ich, was ich jetzt tun soll. Mist, er wird jeden Moment seine Augen öffnen- Ich kann es vergessen, jetzt ins Badezimmer zu sprinten. Also mache ich die einzige Sache, die mir noch übrigbleibt. Ich ziehe mir die Decke bis unter die Nase, schliesse die Augen und stelle mich schlafend...

Kennt ihr das Gefühl, wenn man weiss, dass man angesehen wird? Dieses Gefühl, dass sich irgendwo in der Magengrube ausbreitet. Und dein Kopf sagt: Dreh dich nicht um, dreh dich nicht um. Oder: guck nicht hoch, guck nicht hoch, guck nicht hoc!. Und in meinem Fall: Mach die Augen nicht auf, mach die Augen nicht auf, mach die Augen nicht auf!!! Und man verwendet seine ganze Kraft darauf, nicht zu gucken, aber macht es dann doch, weil man unbedingt sehen will, wer einen anguckt. Oder wie jemand einen anguckt. Und ich will unbedingt wissen, wie er guckt. Also gebe ich nach und öffne langsam die Augen.

Seine funkelnden, grünen Augen sind ganz nah. Etwas unbekanntes glitzert in ihnen. „Hi.“, flüstere ich mit rauer Stimme, aber er antwortet nicht. Er starrt mich nur an, als würde er sich wundern, was er in meinem Bett macht.

Und auf einmal muss ich wieder an das Fotoshooting denken, als unsere Blicke sich begegneten und sich auf einmal etwas verändert hat. Und wieder verändert sich etwas zwischen uns. Ich weiss, dass da jetzt mehr ist, als nur gegenseitiges Verständnis. Wir schweigen, aber es ist nicht dasselbe Schweigen, wie gestern Abend. Diesmal ist es ein Schweigen, wie vor einem Kuss, oder so. Ein angespanntes, knisterndes Schweigen. Langsam neigt Harry seinen Kopf zu mir hinüber und ich schliesse die Augen...

POCH, POCH. Jemand hämmert mit roher Gealt gegen meine Tür. Erschrocken fahren wir auseinander. Harry starrt mich verwirrt an. „Abby?“, höre ich die wütende Stimme von Evy vor der Tür schreien. Oh FUCK! Panisch setzte ich mich auf und trete die Decke weg. „Äh, ja?“, erwiedere ich panisch. Harry sitzt bewegungslos neben mir und starrt zur Tür. „Was, verdammt noch mal, machst du? Ich habe Unten auf dich gewartet. Es ist zwanzig nach neun.“ Verdammt, verdammt, verdammt. Ich habe Evy vergessen. „Ich... ähh, ich hab verschlafen.“, stammele ich Richtung Tür. Was Schlechteres konnte mir auch nicht einfallen.

Warum redet sie überhaupt wieder mit mir? „Was?“, Evy klingt verwirrt. Ich springe auf „Ja. Ich komme gleich, warte kurz.“, hektisch schlüpfe ich aus meinem T-shirt. Mist, ich muss mit ihr reden, ich muss ihr sagen, dass es mir leidtut und ich darf sie nicht nochmal wütend machen...
Ich will mir schon hastig den BH herunterreissen, da höre ich, wie sich hinter mir leise jemand räuspert. Oh Scheisse, ich habe Harry total vergessen. Ich drehe mich um und er grinst mich amüsiert an, während er mich mit unverholener Neugier mustert. Er ist wieder ganz der Alte.

„Guck nicht so.“, gifte ich ihn an. „Mach lieber, dass du dich fertig machst...“ „Schon gut.“, antwortet er, hebt abwehrend die Hände und steigt aus meinem Bett. Seine Stimme ist genau wie gestern morgen. Noch eine Spur rauer und... dreckiger als sonst. Ich versuche nicht darüber nachzudenken, wie sexy ich das finde... Schnell schnappe ich mir ein Oberteil aus meinem geöffneten Koffer und ziehe es mir über den Kopf. „Was machst du denn da drin?“, kommt es von der Tür. „Ich bin gleich fertig.“, rufe ich genervt zurück, während ich schnell in meinen langen, grauen Rock schlüpfe. Ich reibe mir übers Gesicht und über die Augen, dann greife ich nach meiner Bürste. „Abby, jetzt reichts. Was ist los? Lass mich rein.“, Evy klopft ungeduldig an meine Tür. Hektsich binde ich mein Haar zurück. Harry ist währenddessen in seine Schuhe geschlüpft und hat seine Schlüssel und sein Handy zusammengesucht.

„Was jetzt?“, flüstert er, auf einmal gar nicht mehr so amüsiert. „Keine Ahnung...“, setzte ich an. „Was hast du gesagt?“, kommt es von der Tür. „Gar nichts.“, schreie ich noch eine Spur genervter zurück. „Gut. Dann lass mich endlich rein.“ „Wo soll ich hin?“, flüstert Harry fast schon panisch und sieht sich im Zimmer um. „Schh, nicht so laut.“, zische ich. „War ja klar, dass du sofort wieder was zu meckern hast.“, er verdreht die Augen. „Ach halt die Klappe.“, entnervt schubste ich ihn ins Badezimmer. „Bleib hier drin, bis wir zum Frühstück gehen. Warte dann ein paar Minuten und dann verschwinde, unswar möglichst schnell.“, flüstere ich, während Evy schon wieder gegen meine Tür hämmert. Himmel, will sie sie einschlagen, oder was? „Alles klar, Boss. Und jetzt mach endlich diese beschissene Tür auf.“, sagt Harry, ebendso genervt und zieht die entschieden die Badezimmertür hinter sich zu. Kurz sehe ich ihm nach und schüttele den Kopf: „Idiot.“, zische ich. „Das hab ich gehört.“, höre ich sein dumpfes Flüstern auf der anderen Seite der Tür.

Ich verdrehe sie Augen und mache eine Grimasse Richtung Badezimmer, dann reise ich mich zusammen und sprinte zur Tür, schlage mein Knie an dem kleinen Hocker an, der vor dem Bett steht, bleibe fluchend stehen, während mir die Tränen in die Augen schiessen und öffne schliesslich atemlos die Tür. „Na, wird aber auch Zeit.“, sagt Evy genervt und kommt in mein Zimmer.

Sie setzt sich auf mein Bett und zieht die Augenbrauen zusammen: „Was ist los?“ Ich versuche, mich möglichst lässig an den Türrahmen zu lehnen. „Ich hab verschlafen.“ Sie verdreht genervt die Augen: „Red keinen Stuss. Du verschläfst sonst nie.“, ich merke, dass sie immernoch sauer ist, aber gleichzeitig klingt auch ein Hauch Sorge in ihrer Stimme mit. „Ja, also ich hab gedacht, ich hau mal ordendlich auf die Kacke.“, versuche ich zu scherzen. Aber sie lacht nicht. Im Gegenteil, stattdessen funkelt sie mich böse an: „Lüg mich bloss nicht an, Abigail. Ich bin immer noch sauer auf dich. Ziemlich sauer. Also erzähl mir lieber gleich, was los ist.“

Verdammt, das kann ich nicht. Sie würde es ja doch nicht verstehen. Ich überlege also immernoch fieberhaft, was ich ihr denn jetzt erzählen soll, als ihr Blick auf mein ungemachtes Bett fällt. „Abby.“, ihre Stimme klingt schrill. „Warum ist dein Bett ungemacht?“ Und ich weiss, dass sie damit nicht meine Seite meint, sondern die andere, die ich immer penibel so lasse, wie sie ist. Ich starre auf das Knäul aus Decken. „Äh, ich... Du hast mich vorher echt erschreckt, da habe ich alles durcheinander geschmissen.“, flüstere ich. Das ist die schlechteste Ausrede, die ich je gehört habe. Sie zieht eine ihrer perfekten Augenbrauen nach oben: „Das glaubst du wohl selber nicht!“

"Abigail Tompson, mit wem hast du geschlafen?“ „Ich... ich habe mit niemandem geschlafen.“ Und das ist eigentlich nicht mal gelogen. „Lüg... mich jetzt bloss nicht wieder an.“, faucht Evy wütend. Also schön, ich war ehrlich, aber das hat ihr nicht gereicht, also muss ich ihr wohl oder übel doch eine Lüge auftischen. „Okay. Nachdem wir uns gestern so gestritten haben, hab ich drüber nachgedacht, was du gesagt hast und... Naja, ich schätze du hast recht- ich bin wirklich ziemlich gefühllos geworden. Also habe ich gedacht, warum sollte ich nicht mal wieder Sex haben?“
„Du hattest noch nie Sex, Abby.“, erwiedert Evy trocken. Ich schlucke. „Gestern hatte ich welchen.“, lüge ich. Anders kann ich sie scheinbar einfach nicht zufrieden stellen.

Sie reisst die Augen auf. „Abigail.“, kreischt sie. „Das wollte ich nicht. Ich wollte dich nicht dazu animieren, dich von irgendeinem Typen entjungfern zu lassen. Oh Baby, es tut mir so leid. Jetzt weiss ich auch, warum du so verwirrt bist...“, Evy redet wie ein Wasserfall auf mich ein.
Na gut, denke ich, dieses Problem wäre geklärt, aber Harry Styles, der in meinem Badezimmer steht, bekommt, wenn sie so weitermacht, noch weitere pikante Details aus meinem Liebesleben mit, also muss ich sie dringend hier wegbewegen.

„Können wir jetzt bitte Frühstücken gehen, ich hab echt einen Bärenhunger.“, lüge ich. Bullshit! Mein Magen fühlt sich in Wirklichkeit total flau an. „Nein.“, antwortet Evy bestimmt und zieht mich neben sich aufs Bett. „Wer war es? War er gut? Oh, ich wette ich weiss, wer es war!“ Ich vergrabe den Kopf in den Händen. Oh Mann, ich will einfach nur meine Ruhe haben, warum merkt sie das nicht endlich? „Ich wette es war Harry Styles.“ Sie sieht mich mit funkelnden Augen an.

Oh, sie weiss gar nicht, wie Nahe das an der Wahrheit ist, denn wenn man es genau nimmt, habe ich ja auch mit ihm geschlafen... Er lag in meinem Bett und hat mich festgehalten... „Abby? Jetzt sag schon.“, ungeduldig rüttelt sie an meinem Arm. Warum müssen einen immer gerade seine besten Freunde verhören?

„Nein.“, antworte ich also seufzend. „Echt nicht? Mit wem dann?“. „Mit irgend so nem Typen aus ner Bar.“, nuschele ich ausweichend. „Was?“, ihre Augen werden immer grösser. „Nicht dein Ernst.“ Sie ringt die Hände: „Und ich war mir wirklich sicher, dass du ihn magst.“ Sie sieht wirklich geschockt aus, sie könnte einem fast leidtun.

„Ich hab dir doch schon tausendmal gesagt...“, setzte ich an, aber sie unterbricht mich: „Ach, das ist doch alles Bullshit. Wir wissen alle ganz genau, dass da mehr ist als nur Freundschaft.“ Wenn ich ehrlich bin, war es nie Freundschaft, was mich mit Harry Styles verbunden hat und ich bin nicht sicher, in welche Richtung sich unsere Beziehung gerade entwickelt, aber ich halte einfach meinen Mund. „Und? Du magst ihn doch, oder?“ Oh nein, nicht schon wieder. „Ja.“, nuschele ich so leise, dass es kaum verständlich ist. „Also du magst ihn?“ „Ja.“, antworte ich gequält. Ich habe jetzt wirklich keine Lust auf ein „magst du diesen Jungen, oder magst du diesen Jungen?“- Gespräch, aber wies aussieht, komme ich da nicht drum herum. „Und? Magst du ihn mehr, als nur als... du weißt schon, einen Freund?“, fragt sie aufgeregt. Ich wusste es doch! Es ist ein „Magst du diesen Jungen?“- Gespräch...  

„Ich weiss es nicht.“, sage ich wahrheitsgemäss. Ich weiss es wirklich nicht. Ich bin mir nicht über meine Gefühle bewusst, was diesen Jungen angeht. In der einen Sekunde könnte ich ihn an die Wand klatschen und in der Nächsten an mich ziehen und küssen. „Was soll das heissen?“, Evy sieht mich verwirrt an und runzelt die Augenbrauen. „Keine Ahnung. Also, ich bin eigentlich schon gerne mit ihm zusammen, aber... ich weiss nicht. Irgendwie verwirrt er mich.“, ich zucke hilflos die Schultern. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Du musst doch wissen, ob du ihn magst.“ Evy scheint mit den Nerven am Ende. „Ja. Ich mag ihn.“, sage ich ergeben und mir ist völlig bewusst, dass er jedes einzelne Wort hören kann. „Aber ich habe keine Ahnung, wie sehr. Ich bin mir irgendwie nicht bewusst darüber, weil einfach ständig irgendwas passiert, womit ich nicht im geringsten rechne. Macht das einen Sinn?“

Gott, dieses Gespräch ist mehr als verwirrend. „Gut. Ich glaube nicht, dass ich heute noch was aus dir rausbekomme. Aber versprichst du mir, mir Bescheid zu sagen, wenn du rausgefunden hast, ob du ihn magst, also mehr magst, als nur magst?“ Sie lächelt mich an. „Okay.“, sage ich und lächele etwas gezwungen, zurück. „Und können wir jetzt bitte endlich gehen? Ich bin am verhungern.“ Sie zuckt mit den Schultern und mustert nochmal eingehend mein Bett: „Klar.“ Dann steht sie endlich auf und wir gehen raus auf den Flur. Sie, ziemlich gelangweilt und ich rasend schnell, ohne mich umzudrehen. Und ich bilde mir ein zu hören, wie ein leises Kichern hinter der Badtür ertönt, als ich die Tür hinter mir zuziehe...

Teasing is a Sign of AffectionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt