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Pov. Kostas

Der Blondhaarige Engel weitete seine Augen, als er mich sah und traute sich fast gar nichts zu sagen.
Er verformte seine Lippen zu Wörtern, ohne, dass sie seinen Mund verließen. 
War er vielleicht voller Schock wahnsinnig geworden? Würde er vielleicht einen Anfall kriegen oder ähnliches?
Mein Atem stockte, bei dem Gedanken. 
Ich stand völlig Hilflos hier wenige Meter von dem Jungen weg. Ein Junge, der nach seinem Aussehen her zur Kriegspatrouille gehörte.  

Mein Blick glitt durch den restlichen Gang des großen Teils des Ostflügels. Ein Gang war in völligem Licht getaucht, was bedeuten musste, dass dort die Wände komplett weggerissen sein mussten.
Auch hier im Hauptgang war das riesige Mosaik Fenster am Ende des Ganges eingeschlagen.
Die Gestalt eines Engels mit goldenen Flügeln inmitten von Rot-Schwarzer Dunkelheit erkannte man nur noch schwer, und dennoch war es mir sofort in zusammengesetzten Teilen entgegen gekommen.
Ich kannte es durch den Unterricht!
Ich hatte es noch letztes Jahr an der Schule, aber die Bedeutung des Bildes war mir entfallen. Eine Prophezeiung? Ein Stück Geschichte? Es hätte beides sein können.

'Du musst besser im Unterricht aufpassen. Das wird noch sehr wichtig für dich.', hörte ich die Stimme von Mr. Aldon. Kurslehrer und Baumherr der Schule.
Rechte Hand der Königin.

Meine Blicke entfielen dem bunten Glas und wanderten wieder zurück zu dem Jungen.
Der Rechte Flügel, welcher unter einer doch im Vergleich kleinen Säule eingeklemmt war, war mit Blut verschmiert und so auch seine Klamotten.
Der Heiligenschein leuchtete nur noch mäßig.
Sein weißes, seidenes Gewand hatte Flecken und Risse, wobei die goldene Hose schon fast von allem verschont worden war.
Hatte er versucht mit dem Klacken auf sich aufmerksam zu machen?

"Was ist passiert?", fragte ich ihn vorsichtig, als ich mich zu ihm runter kniete um die wohl zu schweren Steine und den Schutt weg zu rollen.
Mit denen im Weg schaffte ich es auf keinen Fall die Säule wegzuräumen.
"Ich- also. Das.. Es wurde ungemein Kalt und ein lauter Knall durchflutet das Schloss. Ich schätze es waren Flammenkugeln."
Er drehte seinen Kopf und deutete auf die riesigen Mosaikscheiben.
"Ein Schwall von Dämonen mit panzernden Rüstungen und Schwertern voller Blut kam durch das Fenster und ergriffen alle. Die Engel, meine Freunde- sie verschwanden durch irgendeinen Zauber. Ihre Körper zogen sich vor Schmerz zusammen, ehe sie sich in Luft auflösten..", "und du?", fragte ich vorsichtig nach und schob währenddessen ein Schweres Stück Decke in die Mitte des Ganges.
Der rot-goldene Teppich war ganz zerstört und beschmutzt.

"Ich bin.. eigentlich für den Teil des Schlosses verantwortlich.
Eine Dämonin mit Messerscharfen Klauen und Blutigen Zähnen, packte mich am Kragen, als- Sofie. Eine Freundin... Ich wollte hinterher und sie aufhalten, als sie ihre Zähne in ihren Hals versank, aber dann stürzte ein Teil der Decke hinab und- Ich wollte sie retten, aber die Decke. Die Decke, sie...", seine Stimme war ungemein heiser.
Der Blonde war völlig aufgelöst und man merkte, das es ihm nicht gut ging. 
Ich sah wie Glasig seine Augen wurden und er darauf achtete, dass er nicht den Gang schaute.
Mein Blick ging weiter nach hinten, als ich eine Mädchengestalt mit Blonden, ellenlangen Haaren sah. Gebadet in Blut. 

Kurz zischte ich auf, als ich mich erneut an einem Stein schnitt und wedelte aus Reflex mit meiner Hand.
Mit verzogenen Gesicht sah ich mir den kleinen Schnitt an.
"Tu dir bloß nicht weh!", befahl er plötzlich mit seiner tiefen Bass Stimme und legte seine Hand auf meine Schulter.
"Sag wie heißt du überhaupt?", fragte er mich und als ich ihm in die Augen sah, sah es so aus, als würde er mir damit direkt in die Seele blicken. Dieses Blau war so kristallklar, so engelsgleich. 
"Kostas", er schluckte merklich und nickte langsam.
Sein Mund öffnete sich, doch schloss sich wieder, als er keine Worte fand. Er war wie erstarrt.
"Ist alles okay bei dir?", fragte ich, als ich seinen wohl etwas unruhigen Blick sah.
Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Stirn, doch weder war es Dilenfieber, noch ähnliches.
Der Blondhaarige schien von jetzt auf gleich schon fast hysterisch und sah sich jedes mal um.
"Wir- Du. Musst hier weg", befahl er ruhig.
"Was? Ich verstehe nicht?", erwiderte ich, als ich die Säule ergriff und sie mit all meiner Kraft versuchte hochzuheben.
"Komm hoch!", knurrte ich angestrengt, bedacht sie nicht fallen zu lassen und er kletterte drunter weg.

Lächelnd und schnaufend hielt ich ihm meine Hand entgegen, welche er zögernd annahm und mit meiner Hilfe aufstand.
"Ich kann nicht gehen, noch nicht. Ich brauche diese verdammte Karte!"
So wie der Blondhaarige mich ansah, wusste er wohl sofort von welcher Karte die Rede war und nach kurzem zögern nickte er.
"Du kannst da nicht alleine hin", erklärte er mir schnaufend.

"Aber ich weiß wo sie ist." Er machte wieder eine kurze Pause um durchatmen zu können und seine Flügel zu richten.
Was ich nur für diese Flügel tun würde...
"Aber du musst versprechen, dass du danach sofort von hier verschwindest! Bitte. Stell keine Fragen und vertrau mir einfach"
Mit misstrauischem Blick nickte ich ihm zu.

Ich war mehr als nur deutlich verwirrt.
Was wollte er mir damit sagen?
War ich denn wirklich so von Bedeutung? Ein Einfacher Engel?
Der etwas größere Junge von dem ich noch immer nicht den Namen
kannte meinte, ich solle ihm folgen, was ich dann auch Still schweigend tat.
Ohne weitere Worte gingen wir fast lautlos den Gang entlang, bis zur Großen Treppe.
Erneut kamen wir an dem großen Familienfoto vorbei.
Sollte ich ihn danach fragen?
Vielleicht konnte er mir was darüber erzählen, wenn er doch sowieso hier angestellt war!

"Wer ist das?", fragte ich den Blondhaarigen und deutete auf den kleinen Jungen auf dem Portrait.
Der Junge drehte sich in meine Richtung und zog die Augenbrauen leicht hoch, als ich auf den kleinen Jungen auf dem Portrait deutete.

Der blondhaarige lächelte mich
leicht an. "Der einzige Sohn der Königsfamilie.
Es wird seit Jahren erzählt das, als der König umgebracht wurde, die Königin ihren einzigen Sohn und Thronfolger versteckt hat. An einem anderen Ort. Bei einer anderen Familie in der Hoffnung er würde zurückkehren, wenn er soweit ist.
Seine Schwestern würden auf ihn warten, wenn seine Mutter es nicht schaffen würde"

Während er das erzählte, schaute ich ihn mir immer genauer an. Die kleine Sternenrassel in seinen winzigen Händen und die großen Augen welche pure glücklichkeit ausstrahlte.
Wenn er nur gewusst hätte, was dem Himmel alles bevorstand.
Den Tod seines Vaters, die Entführung und Tötung seines ganzen Reiches, die Verwüstung eines Königreiches und so weiter.
Was ein Leben, wenn er doch überhaupt noch am Leben war.
Mit einem Finger strich ich über das raue Gemälde und mit Leichtigkeit spürte ich jede Pinsel Faser in dem Bild.

"Du erinnerst mich ein wenig an ihn", fügte er lächelnd hinzu und ich lachte.
"Ich? Ein Prinz? Nein, das ist unmöglich."
Grinsend schüttelte ich den Kopf, bei dem Gedanken in Tücher eingehüllt zu sein. Dicht neben der Königen mit einer prächtigen Krone zu stehen, bis ein Mädchen mit wunderschöner Aura auf mich zu Schritt und sich verbeugte. 'Eure Hoheit'

Ein Witz! Ein Traum..  mehr nicht.

"Ich lebte schon, seit ich denken kann bei meinen Eltern im äußersten Kreis des Königreichs. Alles andere wäre einfach absurd", gegen Ende hin wurde ich immer leiser und nahm die Hand von dem Bild.
Ich drehte mich einmal in Richtung des großen Ballsaals.

Ich ging eine Schritt auf die Stufen zu und sah mir den Zerstörten Raum an. 
Ein glitzernder Wirbelwind aus Tanzenden Engeln, Elfen, allen Wesen mischte sich wie ein Trugbild mitunter. Geigen- und Hafenmusik verschafften mir eine Gänsehaut, obwohl ich nicht mal wusste, ob sie echt war oder nur ein einziger Schein.  

"Kostas? Alles gut?" Der Engel legte eine Hand auf meine Schulter und als ich das nächste mal blinzelte, war alles wie zuvor. Keine Kleider, kein Licht, keine Musik. 
Eine einzelne Träne lief mir unbewusst über die Wange und schockiert wischte ich diese sofort weg. 
Ich musste schnell weiter.
Irgendwas tat dieser Ort mir mir.
Waren es die Toten Seelen, die in diesem Schloss irrten? 
"Wie heißt du eigentlich?", fragte ich ihn leise und abwesend, während meine Hand über die Thronlehne wandert. 

Er nickte einmal.
"Taddl reicht", antwortete er und nickte mir zu. Der Blondhaarige drehte sich um, um weiter zu gehen und still folgte ich ihm.
Das Bild und der Ball jedoch weiterhin in meinem Gedächtnis wie eingebrannt.

•Kostory• Like Angel and Devil - VerbundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt