I can't sleep

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Ich war zwar schnell eingeschlafen, doch leider schlief ich nicht durch. In fast regelmäßigen Abständen wurde ich geweckt. Man sollte meinen, dass das Schütteln und Rütteln des Busses eine einschläfernde Wirkung hatte. Doch für mich hatte es das nicht. Ich wurde ab halb vier jedesmal wach, wenn uns ein Auto überholte. Alles, was ich wollte, waren noch ein paar Stunden Schlaf.

Als ich das nächste Mal auf mein Handy schaute, war es halb neun. Scheinbar war ich tatsächlich noch einmal eingeschlafen und ich bemerkte die Ruhe. Ich zog meinen Vorhang etwas zurück und sah, dass wir nicht mehr fuhren, sondern auf einem Parkplatz standen. Waren wir etwa schon da? Ich pellte mich aus meiner Decke und stand leise auf. Scheinbar schienen die anderen noch zu schlafen, also verließ ich so leise wie möglich das Schlafabteil. Ich ging nach vorne durch den Bus und sah, dass Tom sich draußen mit jemand anderes unterhielt. Ich sehnte mich nach etwas frischer Luft und stieg ebenfalls aus dem Bus aus. Es tat unglaublich gut, nach der Nacht im stickigen und engen Bus sich wieder strecken zu können. Ich schüttelte meine Beine aus, während ich die Konzerthalle betrachtete, vor der wir standen. Wir befanden uns mitten in Kansas City. Ich freute mich auf unser Konzert morgen in Chicago. Ich war noch nie dort gewesen, wollte aber schon immer einmal in diese Stadt. Außerdem war der Weg von Kansas City bis Chicago nicht so weit. Hoffentlich würde ich in der Nacht etwas mehr Schlaf bekommen.

"Guten Morgen", hörte ich eine Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Tyler kam aus dem Bus gestiegen und ich antwortete: "Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?"

Er lächelte müde und antwortete ehrlicherweise mit einem: "Nein"

Ich musste ebenfalls lächeln und zuckte mit den Schultern.

"Ich auch nicht", erwiderte ich.

"Du gewöhnst dich sicherlich daran", sagte Tyler und kam noch etwas näher, sodass wir nebeneinander standen. Er sah sich ebenfalls die Halle an und schien nachzudenken. Ich musterte ihn. An was ich mich noch gewöhnen würde, das sagte er nicht, aber ich fragte nicht weiter nach.

"Jenna und Josh schlafen noch?", fragte ich ihn und er nickte.

"...Kelly, wegen gestern...", begann Tyler nachdem wir lange geschwiegen hatten. Ich sah ihn an, doch er hatte seinen Blick zu Boden gerichtet.

Wieder schwieg er, als versuchte er, die richtigen Worte zu finden.

"Danke dafür. Ich hätte Josh nicht allein lassen sollen, ich hätte es wissen müssen", sagte er schließlich.

Erst jetzt blickte er mich an und ich sah Schuld in seinen Augen.

"Du musst dich nicht bedanken", erwiderte ich und lächelte etwas.

"Doch, ich denke schon"

"Passiert das öfter?", fragte ich schließlich.

Seine Augen richteten sich wieder auf den Boden.

"Jedes Mal"

"Jedes Mal?"

"Vor jedem Konzert"

Ich schluckte, sagte nichts.

"Er hat Angst"

"Vor was?"

"Vor Menschen"

Wir schwiegen. Ich dachte über das nach, was Tyler mir offenbarte. Auf dem Parkplatz vor der Halle. Mitten in Kansas City. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich sah Tom dabei zu, wie er sich das Feuerzeug von dem anderen Typen lieh, um seine Zigarette anzuzünden. Ich beobachtete den Rauch, den er dabei in die kühle Morgenluft blies.

"Woher wusstest du, wie du mit ihm umgehen musst?", fragte Tyler mich schließlich und ich sah ihn an.

"Meine Mum.", antwortete ich, "Sie hatte auch Angst- und Panikattacken, manchmal mehrmals täglich. Ich hab schon als Kind von meinem Dad gelernt, wie man sich in solchen Situationen zu verhalten hat."

"Sie ist sicher froh, jemanden wie dich zu haben", sagte Tyler. Ich zuckte mit den Schultern.

"Ich denke nicht. Sie starb, als ich 19 Jahre alt war."

"K-Kelly, ich... ich wusste nicht, dass... es tut mir Leid"

Ich presste die Lippen zu einem Lächeln zusammen.

"Du konntest es nicht wissen. Es muss dir nicht Leid tun. Ich komme damit klar. Mach dir keine Sorgen."

Ich wusste, dass Tyler sicherlich dasselbe oder ähnlich gefühlt haben musste wie meine Mutter. Seine Texte hätten meiner Mum gefallen, weil sie das aussagen, was sie niemals ausdrücken konnte.

Tyler sah mich noch immer entschuldigend an, als Rachel aus dem Bus ausstieg und sich zu uns stellte.

"Morgen", murmelte sie und zündete sich eine Zigarette an. Kurz darauf stand Jenna in der Bustür und winkte zu Tyler herüber, der daraufhin zu ihr ging. Jenna sah selbst ungeschminkt wundervoll aus. Ich dagegen hatte noch nicht einmal in den Spiegel gesehen und wusste trotzdem, dass ich vermutlich aussah als hätte ich drei Tage durchgefeiert. Ich freute mich auf einen Shot Wodka vor dem Konzert. Den brauchte ich dringend.

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