we will try again

57 3 0
                                    

Conny war vermutlich noch aufgeregter als wir, während wir zum Fernsehsender fuhren. Dabei würden wir nicht einmal vor der Kamera auftauchen, sondern nur dem Interview zusehen, dass im Frühstücksfernsehen lief. Ich hatte furchtbare Kopfschmerzen. Mein Kopf dröhnte und ich wäre am liebsten im Bett liegen geblieben. Ich fand eher zufällig noch eine Schmerztablette in meiner Tasche, die ich mit dem letzten Schluck Wasser in meiner Flasche runterspülte.

Wir standen vor einem Hochhaus und folgten Conny wie eine Horde Gänse. Mit dem Aufzug fuhren wir in das 24. Stockwerk und wurden von einer Assistentin in einen großen Raum, der abgedunkelt war, geführt. Sie gab uns mit einem Handzeichen zu verstehen, dass wir leise sein mussten. Der Mittelpunkt des Raumes war das Set, in dem zwei rote Sofas standen. Auf dem rechten saßen die beiden Moderatoren, auf die alle Kameras gerichtet waren. Rachel stupste mich an und zeigte in eine Ecke, in der Tyler und Josh auf Stühlen saßen und gerade ihre Gesichter gepudert wurden. Ich beobachtete beide aus der Ferne. Nachdem die Visagistin mit ihnen fertig war, standen sie auf und Tyler sagte etwas zu Josh. In diesem Moment sahen sie uns und Tyler winkte zu uns herüber, doch bevor wir noch einmal mit ihnen sprechen konnten, bekamen sie die Anweisung, sich bereitzustellen. Ich gab keinen Ton von mir, sondern beobachtete nur die Hektik, die hinter den Kameras herrschte. Ich hatte das Gefühl, nur im Weg zu stehen, aber man hatte uns erlaubt, hier zu sein. Der Moderator mit den schwarzen lockigen Haaren begann mit der Ansprache und erzählte kurz etwas über die Tour und über ihre verkauften Alben.

"Wir freuen uns, dass sie heute bei uns sind. Hier sind twenty one pilots"

Mit diesen Worten traten Tyler und Josh in das helle Scheinwerferlicht und nahmen nach der Begrüßung auf der roten Couch Platz. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass es eine Live-Sendung war und gerade womöglich tausende Amerikaner vor ihren Fernsehern saßen.

"Ich würde tausend Tode sterben, wenn ich dort jetzt sitzen müsste", flüsterte Sarah zu Rachel. Rachel antwortete nicht darauf, sondern sah starr nach vorne, sodass Sarah sich wieder zurücklehnte. Ich beobachtete Josh und Tyler, während die Moderatoren ihre Fragen nur an Tyler stellten. Ich fand es unfair. Josh gehörte genau so zur Band, wieso stellten sie ihm keine Fragen?

Joshs Blick richtete sich zur Decke, während er die Lippen zusammen presste und er zog an seinem Shirt.

"Tyler, es ist bekannt, dass du gerne auf dein Klavier oder anderes Bühnenequipment steigst", sagte der blonde Moderator.

"Oh, ich klettere gerne auf Sachen, ich bin immer noch ein kleines Kind", antwortete Tyler und die Moderatoren lachten.

Josh lachte auch. Aber es war kein ehrliches Lachen. Ich hatte den Eindruck, dass Josh nur körperlich anwesend war. Ich sah die pure Angst in seinen Augen. Er wippte unruhig mit seinem Fuß und saß keine Sekunde still. Scheinbar bemerkte Tyler, dass die Fragen immer nur an ihn gerichtet waren und er versuchte, die Aufmerksamkeit auf Josh zu lenken.

"Aber es macht unglaublich Spaß, Josh zuzusehen, wenn er spielt", warf Tyler in den Raum und in diesem Moment sah ich, dass Josh Tyler einen ängstlichen Blick zuwarf und fast unmerklich zwei mal mit dem Kopf schüttelte. Es wirkte, als wolle Josh ihm zu verstehen geben, dass er nicht sprechen möchte. Es brach mir das Herz, das zu sehen.

"Es geht nur um ihn", sagte Josh plötzlich und zeigte auf Tyler. Das Ablenkungsmanöver schien zu funktionieren, denn die Moderatoren sprachen wieder mit Tyler. Doch das machte Josh nur noch nervöser. Er verschränkte seine Arme, hob eine Hand zu seinem Mund und rieb sich durch das Gesicht. Er wirkte komplett abwesend und sah in verschiedene Punkte im Raum. Es war, als könnte ich seine Gedanken lesen. Er wollte nur noch aus dieser Situation raus. Nervös trommelte er mit seinen Fingern auf seine Schulter und Tyler schien seine Angst zu bemerken. Er sah zu Josh hinüber.

"Joshs Verhalten ist total unhöflich", murrte Josie zu uns und ich drehte mich wütend zu ihr um. 

"Als ob du das beurteilen könntest!", zischte ich sie an.

"So verhält man sich nun mal nicht. Das sieht doch jeder, dass der gerade lieber anderes tun würde, als in diesem Interview zu sitzen", erwiderte sie genervt.

"Du hast ja keine Ahnung", schnaubte ich und drängte mich an ihr vorbei Richtung Ausgang.

"Als ob du Ahnung hättest!", hörte ich sie noch sagen und im selben Moment meckerte ein Assistent, dass wir gefälligst leise sein sollten. Doch das bekam ich nur noch halb mit, da ich den Raum schon längst verlassen hatte. Ich ging den Flur entlang zum Fahrstuhl und drückte den Knopf nach unten. So etwas musste ich mir nicht gefallen lassen. Josie hatte nun mal keine Ahnung, dass Josh am liebsten wirklich woanders sein würde. Vielleicht reagierte ich über. Aber Josie sprach leider immer viel zu oft genau das aus, was sie dachte. Und auf dieses Thema reagierte ich nun mal ziemlich sensibel.

Ich verließ das Gebäude und ging in den gegenüberliegenden Deli, um neuen Alkohol zu kaufen. Wir hatten seit gestern nichts mehr und ich hatte keine Lust auf dem Trockenen zu sitzen.

Nach dem großzügigen Einkauf ging ich zurück zu unserem Bus und klopfte an die Tür, damit Tom mir öffnete. Er sah überrascht aus, während er die Tür öffnete.

"Kelly? Wieso bist du schon zurück?", fragte er und ich stellte die Tüten auf die Bank im Bus.

"Josie hat rumgestresst, da hatte ich keine Lust mehr", sagte ich, während ich den Alkohol in den Kühlschrank und das Eisfach räumte. Ich nahm mir ein Bier aus der Halterung und öffnete es. Ich hielt es Tom hin.

"Meine Liebe, ich muss euch heute noch weiter fahren", lachte er. Ich zuckte nur mit den Schultern und nahm einen großen Schluck.

Friend, please. // twenty one pilots Fanfiction // germanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt