I know you want to leave

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Wir hatten noch etwas mehr als eine Stunde Zeit, bis wir los mussten. Ich war auf meinem Zimmer und hörte Musik. Ich scrollte durch meinen Instagram Account und nahm mir vor, aktiver in den Sozialen Medien zu werden. Ich las die unzähligen Kommentare und antwortete auf fast alle von ihnen. Nicht alle waren positiv, aber zum Glück waren die meisten sehr nette Komplimente.

Es klopfte an meiner Tür und ich stand vom Bett auf, um die Tür zu öffnen.

"Josh?"

Josh stand völlig aufgelöst vor meiner Tür und sah mich an. Ich packte ihm am Arm und zog ihn in mein Zimmer. Ich schloss die Tür hinter ihm und betrachtete ihn. Er war blass wie die Fliesen im Badezimmer. Ich stellte meine Musik leiser und bemerkte, dass er sich noch nicht vom Fleck gerührt hatte.

"Josh, was ist los?", fragte ich ihn.

"Weißt du, wo Tyler ist?", fragte er mit kratziger Stimme und ich schüttelte den Kopf. Ich sah in Joshs glasige Augen. Er atmete hörbar aus.

"Warst du schon bei Jenna?", fragte ich und er nickte.

"Sie sagte, er wollte noch etwas besorgen", antwortete er.

"Aber dann weißt du doch, wo..."

"In einer Stunde müssen wir los. Tyler ist nicht hier. Dieser Auftritt. Ich kann das nicht. Wieso verschwindet er so kurz bevor wir los müssen? Er weiß doch ganz genau, dass ich... Er hat mir versprochen, dass er mich nicht nochmal alleine lässt. Irgendwas stimmt nicht", unterbrach Josh mich und er fuhr mit seiner Hand mehrmals durch seine roten Haare, die inzwischen wild durcheinander von seinem Kopf standen.

Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Tyler hatte tatsächlich gesagt, dass er Josh nicht noch einmal alleine lassen würde. Wieso war er dann nicht da?

"Kelly, ich kann das nicht. Ich kann das nicht", murmelte er, ohne mich anzusehen. Er wippte nervös mit seinem rechten Fuß.

"Josh, ganz ruhig. Natürlich kannst du das", redete ich ihm gut zu, doch er schien mich gar nicht zu hören.

Er setzte sich auf mein Bett, stand aber sofort wieder auf. Er lief hin und her, sodass es selbst mich langsam nervös machte.

"Josh", sagte ich, doch er reagierte nicht.

"JOSH!", schrie ich ihn an und er blieb abrupt stehen. Ich ging auf ihn zu und zwang ihn, mich anzusehen. "Beruhige dich. Setz dich."

Wir setzten uns auf das Bett und Josh atmete langsam ein und aus. Ich wollte nicht, dass er erneut eine Panikattacke hatte.

"Und jetzt rede mit mir", forderte ich ihn auf, nachdem ich den Eindruck hatte, dass er sich wieder beruhigt hatte.

Josh sah mich langsam an.

"Dieses Konzert ist das größte, das wir je gespielt haben. Kurz davor haben wir noch ein Interview...", sagte er leise.

Er hob eine Hand und zeigte mir, wie sehr er zitterte. Er biss sich auf die Unterlippe und ballte seine Fäuste so sehr, dass seine Knöchel weiß hervortraten.

Josh schluckte. Immer wieder.

Ich legte vorsichtig einen Arm um ihn, um ihn zu beruhigen, doch er sprang auf. Ich erschrak mich und hatte Sorge, dass er aufgrund der Berührung so reagierte. Stattdessen rannte er ins Badezimmer und übergab sich.

Ich blieb auf dem Bett sitzen. Ich rührte mich nicht. Ich hörte ihn husten. Ich sah starr geradeaus. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.

Stille.

Ich stand langsam auf und hörte die Spülung.

"Josh?", fragte ich vorsichtig, ohne in das Bad zu gehen. Ich konnte ihn nicht einmal sehen. Die Tür öffnete sich und Josh blieb kurz stehen. Er sah mich nur für einen Bruchteil einer Sekunde an und verließ ohne ein weiteres Wort mein Zimmer.

___

Ich sah Josh bis zu ihrem Auftritt nicht mehr. Als sei er mir ausgewichen, nur um nicht mit mir reden zu müssen. Ich machte mir Sorgen. Er lachte, während er die Bühne betrat. Doch ich wusste, dass dieses Lachen nicht echt war. Heute sah ich mir das Konzert nicht an. Ich konnte es nicht ertragen.

Ich ging zurück in unseren Aufenthaltsraum und schnappte mir eine Flasche Wasser. Ich ließ mich neben Rachel auf das Sofa fallen und trank die Flasche fast in einem Zug aus. Ich konnte Tylers Stimme bis hierher hören. Ich fuhr mir durch das Gesicht und sah Rachel an.

"Wie war dein Date eigentlich?", fragte ich sie und Rachel grinste verschmitzt.

"Es war der Hammer", antwortete sie.

Ich lächelte.

"Das freut mich"

"Sie ist auch hier. Du glaubst es nicht, aber sie ist Fan von twenty one pilots!", erzählte Rachel mir begeistert.

"Und du bist sicher, dass sie sich nicht nur mit dir trifft, um twenty one pilots kennenzulernen?", fragte ich nach und Rachels Lächeln verschwand.

"Danke, Kelly. Du kannst einem echt alles kaputt machen", sagte sie schnippisch und stand auf.

"Was denn? Find dich damit ab, dass wir inzwischen auch bekannter sind. Und dass wir mit ihnen auf Tour sind, ist ja wohl kein Geheimnis!", rief ich hier hinterher, doch sie verschwand ohne ein weiteres Wort aus der Tür.

Ich legte den Kopf in den Nacken und stöhnte genervt auf. Was war heute nur für ein mieser Tag? Er hatte doch so gut angefangen...

Ich war einfach nur froh, wenn ich wieder zurück im Hotel war.

___

Drei Stunden später lag ich im Hotelbett und starrte an die Decke. Josh hatte nicht ein Wort mehr mit mir gesprochen. Ehrlich gesagt hatte ich auch nicht den richtigen Zeitpunkt gefunden, ihn anzusprechen. Vielleicht sollte ich es einfach auf sich beruhen lassen? Ich schüttelte den Kopf und versuchte die Gedanken loszuwerden. Morgen war unser freier Tag in New York und ich überlegte, was ich machen sollte. Sarah würde nochmal zu Rudy's gehen, um ihre Gitarre zu kaufen. Rachel hatte ihre tinder-Bekanntschaft nach dem Konzert mit auf ihr Zimmer genommen. Natürlich hatte Susan noch Autogramme von Josh und Tyler bekommen und sie war hin und weg. Ich war immer noch davon überzeugt, dass das mit Rachel nur ein Vorwand war. Aber ich wollte mich nicht weiter einmischen. Vielleicht sollte ich den morgigen Tag einfach auf mich zukommen lassen. Nicht einmal ein gemeinsames Frühstück ist für morgen geplant. Trotzdem stellte ich meinen Wecker um 9 Uhr, damit ich möglichst viel vom Tag hatte. Ich deckte mich zu und schlief schon bald ein.

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