'cause Sundays are my suicide days

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Josie war kurz nach Tyler auf das Zimmer gegangen, weil es ihr nicht gut ging und zwei Stunden später zahlten auch wir unsere Getränke und fuhren gemeinsam in den dritten Stock. Mein Bauch tat weh, weil wir so viel gelacht hatten und eigentlich hätte dieser Abend nie zu Ende gehen sollen. Rachel und Sarah wünschten uns eine schöne Nacht, während Josh und ich noch einen Moment im Flur vor den Türen unserer Zimmer stehen blieben. Ich hatte die Hand bereits an der Türklinke liegen, aber Josh sah mich noch lächelnd an, als ob er mir etwas sagen wollte, deswegen rührte ich mich nicht. Ich hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

"Gute Nacht", sagte Josh schließlich nur und ich zwinkerte ihn an.

"Gute Nacht"

Ich schloss die Tür auf und versuchte so leise wie möglich, in das Zimmer zu schlüpfen.

Gerade wollte ich die Tür schließen, als ich Josh hörte:

"Tyler. Tyler!"

Seine Stimme klang so verzweifelt, dass ich eine Gänsehaut bekam. Sofort riss ich die Tür wieder auf und lief in das danebenliegende Zimmer. Die Tür stand noch offen und der Anblick nahm mir meinen Atem.

Tylers Kopf war gesenkt. Trotzdem konnte ich sehen, dass seine Augen geschlossen waren. Seine Arme hingen leblos herab. Blut. Da war Blut an seinen Armen. Auf dem Boden. Durchgesickert in den Teppich. Seine Füße schwebten in der Luft.

"Hol ihn da runter. Hol ihn da runter!!", schrie ich Josh an, der fast genau so regungslos war, wie Tyler.

Mein Körper bebte, während ich auf Josh zuging, der Tylers Körper hielt und mit zitternden Händen die Schlinge um seinen Hals löste. Sanft legte er ihn auf den Boden.

"Hat er noch Puls?", fragte Josh mit zitternder Stimme und ich versuchte panisch irgendein Anzeichen dafür zu finden, ob er noch lebte. Ich drückte meine Finger auf die Stelle zwischen seinem Daumen und Zeigefinger.

"Keine Ahnung, ich weiß es nicht!"

Ich drehte mich um, als ich Josie bemerkte, die wach geworden sein musste. Geschockt starrte sie uns an.

"Ruf einen Krankenwagen!", rief ich zu ihr und wandte mich wieder Tyler zu. Bitte lass das alles nicht wahr sein. Ich bemerkte, dass Josie sich nicht rührte und wurde nun deutlich lauter:

"Jetzt ruf einen verdammten Krankenwagen!"

Es war, als würde sie aus einer Starre erwachen, denn erst jetzt rannte sie los.

"Bitte... Tyler, bitte nicht", flüsterte ich immer wieder.

Josh beugte sich zu Tyler herunter, konnte aber keinen Atem feststellen. Er begann mit der Herzdruckmassage. Ich hörte mindestens eine von Tylers Rippen dabei brechen.

Alle Geräusche um mich herum waren plötzlich so dumpf. Ich fühlte nichts mehr. Ich spürte, wie mich jemand von Tyler wegzog und die Zeit verging wie in Zeitlupe. Es dauerte viel zu lange, bis der Notarzt angekommen war und Josh ihnen Platz machte. Doch es hatte keinen Sinn.

Tyler wurde noch vor Ort für tot erklärt.

_____

Durch das Fenster konnte ich das Blaulicht sehen. Vor dem Hotel musste ein dutzend Wagen stehen. Polizei. Notarzt. Leichenwagen.

Ich saß in meinem Hotelzimmer. Man hatte mir eine Decke um die Schultern gelegt, aber ich zitterte am ganzen Körper. Ich starrte auf meine Hände. Sein Blut klebte an ihnen.

Der Flur war voll mit Polizisten, Sanitätern und neugierigen Menschen, die aus ihren Zimmer kamen, obwohl sie mehrmals darauf hingewiesen wurden, in ihren Zimmer zu bleiben.

Josh war gerade zu einer Befragung bei zwei Polizisten und ich wartete nur darauf, dass ich endlich aus diesem Albtraum erwachte. Doch das tat ich nicht.

"Miss Moore?", fragte mich eine weibliche Stimme und nur langsam blickte ich auf. Vor mir stand eine junge Polizistin. In der Hand hielt sie einen gefalteten Zettel.

"Mein Beileid", sagte sie zunächst, aber ich reagierte nicht darauf.

"Mr. Joseph hat einen Abschiedsbrief hinterlassen"

Bei diesen Worten sah ich sie nun doch direkt an, ließ kurz darauf den Blick auf den Zettel fallen. Sie reichte mir diesen und ging wieder.

Nun saß ich dort und hielt in der Hand das letzte, was Tyler geschrieben hatte. Eine halbe Ewigkeit saß ich einfach nur da und starrte auf das Stück Papier, bevor ich mich dazu entschloss, den Brief doch zu lesen.


Wenn ich in den Spiegel sehe, sehe ich nur mein Gesicht. Meinen leeren Blick. Ich wollte so viel sein. Ich wollte so viel erreichen. Ich wollte einfach nur singen. Einfach nur atmen. Einfach nur leben.

Doch jetzt möchte ich fliegen. Die Augen schließen. Die Sonne und die Luft ein letztes Mal in mich aufnehmen.

Ich glaube daran, dass ich frei sein kann. Frei wie die Luft.

Ich stand auf einem Turm, den ich mir aus zerbrechlichen Ziegeln erbaut habe. Ich habe so sehr versucht, das alles zu schaffen. Aber der Turm ist zerbrochen. Ich habe nichts mehr.

Es ist an der Zeit, mich zu verabschieden. Von der Welt und von diesem sinnlosen Leben. Denn alles, was ich je erreicht habe, ist nichts mehr wert. Es ist sinnlos.

Was ist nur aus mir geworden? Es tut mir Leid.

Tyler

Friend, please. // twenty one pilots Fanfiction // germanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt