Gone wrong

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"Du bleibst gleich im Hintergrund und sagst nichts. Zieht der Typ eine Waffe oder versucht mich anderweitig anzugreifen, schießt du. Vorzugsweise Knie oder Schulter, sollte er aber zu nah sein oder mit einer Waffe auf mich zielen, schießt du in den Kopf. Du darfst in diesem Milieu davor keine Angst haben, okay?", redete er auf mich ein, was ich nur mit einem Nicken quittieren könnte. 

Den Rucksack, den er mir hinhielt, nahm ich sofort an mich und setzte ihn auf. Er war zwar nicht schwer, aber scheinbar befand sich in diesem die Drogen. 

Er stieg auf sein Motorrad, worauf ich ihn folgte und mich wieder an ihm festhielt, nachdem wir beide die Helme aufgesetzt hatten. Er startete das Motorrad und fuhr los, sodass mein Kopf einerseits durch den Wind aber auch durch das Gewicht des Helmes erstmal nach hinten flog. Als er dann schaltete, schlug ich wieder nach vorne, weshalb unsere Helme aneinander schlugen. "Sorry!", schrie ich gegen den Fahrtwind an, worauf ich nur ein nicken seinerseits bemerkte. 

 Wir kamen schon nach einigen Minuten bei einer Gasse an, in der scheinbar schon jemand auf uns wartete, da ich eine Gestalt im Schatten der Straßenlaterne ausgemacht hatte. 

Xater und ich stiegen von seinem Motorrad und er nahm sich den Rucksack wieder. Während er zielstrebig auf den Mann in der Gasse zulief, blieb ich einige Meter hinter ihm. Ich beobachtete die beiden und lauschte, es schien jedoch ganz ruhig zu verlaufen. Xater holte ein Päckchen aus dem Rucksack und der Mann beäugte es, bevor er es in seiner Tasche verschwinden ließ. Ich erkannte, wie Xater die Hand ausstreckte, um das Geld zu bekommen, jedoch begann der Mann plötzlich zu flüchten und Xater konnte ihn nicht fassen. Ohne nachzudenken zog ich die Waffe hervor, entsicherte sie und zielte auf den Kopf des Mannes. Er lief weiter. Zitternd zielte ich auf seine Beine und drückte ab. Zwar traf ich ihn nicht, er blieb jedoch vor Schreck wie angewurzelt stehen. 

Er hob die Hände, während Xater auf ihn zuging und an anherrschte, ihm endlich das Geld zu geben. Ohne mich aus den Augen zu lassen, griff er in die Innentasche seiner Jacke und gab Xater ein großes Bündel Scheine. Erst als Xater es eingesteckt hatte, ließ ich die Waffe sinken und folgte ihm zum Motorrad, wo wir wortlos die Helme aufsetzen und losfuhren. 

Erst beim Haus blieb er stehen und setzte den Helm ab. "Gut, dass ich dich mitgenommen habe. Danke", gab er zu, worauf ich nur geschmeichelt lächelte. Nebeneinander betraten wir das Haus und gingen beinahe direkt in sein Zimmer, wo er sich aufs Bett fallen ließ. Ich dagegen zog mir erstmal die Lederjacke von den Schultern und hing sie ordentlich über seinen Schreibtischstuhl. Ein wenig umständlich zog er das Geldbündel aus seiner Tasche und zählte es erneut, wie er es in der Gasse bereits getan hatte. 

Einige Scheine zog er heraus und hielt sie mir hin. Ein wenig verwirrt schaute ich ihn an. "Das ist dein Anteil. Du hast auch zum Deal beigetragen. Ohne dich hätten wir jetzt nämlich gar kein Geld", erklärte ich, worauf ich dann doch nach dem Geld griff. Mit zitternden Fingern zählte ich das Geld und schaute ihn mit großen Augen an. "Das sind mehr als zweitausend Dollar", meinte ich eine Spur zu vorwurfsvoll. "Das war ja auch ein großer Deal. Wir haben gerade 500g Crack verkauft, Prinzessin. Das ist teuer geworden und von unserem Boss kaufen wir es relativ günstig ein", erwiderte er und es klang so, als würde er mit mir wie mit einem Kleinkind sprechen. 

"Hör auf mich immer zu ärgern", murrte ich, worauf er nur lachte. "Du kannst dir von dem Geld kaufen, was du willst, solange du Bar bezahlst und dich nicht auffällig verhältst. Dich hat keiner auf dem Schirm und deine Mutter darf davon auch nichts erfahren, aber ich denke mal, dass es auch in deinem Interesse ist. Auch sonst darfst du es niemandem erzählen", ermahnte er mich, worauf ich nur verstehend nickte. Ich drehte den Stuhl um und setzte mich drauf, während ich beobachtete, wie er sich umständlich die Jacke auszog und geschickt auf über seinen Wäschekorb warf. "Ich würde mir an deiner Stelle neue Klamotten und ein besseres Handy holen", schlug er vor und zeigte auf mein Handy, das mal wieder am Ladekabel lag. Ich lachte leicht, bis ich wieder ernst wurde. "Was machst du mit deinem ganzen Geld?", fragte ich nach, worauf auch er ernst wurde und an die Decke starrte. "Ich spare das meiste für später, das ist dann aber gewaschen. Außerdem schicke ich der Familie, die sich um mich gekümmert hat, als ich ein kleines Kind war, jeden Monat Geld. Sie wissen nicht, woher es kommt, aber sie hinterfragen es auch nicht mehr", erklärte er und drehte seinen Kopf dann zu mir. "Ich habe noch nie jemandem so schnell so viel von meiner Vergangenheit erzählt", gab er zu und schaute mir intensiv in die Augen. "Und ich habe vorher noch nie jemanden getroffen, der jetzt schon so viel erlebt hat", gab ich zurück, worauf er nur grinste und zurück an die Decke starrte. 

"Ist es normal, dass sowas wie heute passiert?", fragte ich im Bezug darauf, dass der Käufer ja versucht hatte, mit dem Stoff zu fliehen. "Ich habe vor, dich nur mitzunehmen, wenn es notwendig ist. Bei größeren Mengen, ist es wichtig, dass jemand auf mich aufpasst", erklärte er, weshalb ich verstehend nickte.

Wir schwiegen noch eine Weile, bis er aufstand und das Zimmer verließ. Auch ich erhob mich, zog mir jedoch lediglich meine Schlafsachen an und setzte mich auf sein Bett. Es war ein komisches Gefühl mit einem Jungen in einem Bett zu schlafen, der scheinbar nichts von mir wollte. 

Das hoffte ich zumindest. 

Nach etwa 15 Minuten betrat er wieder das Zimmer mit zwei Schüsseln in den Händen. "Ich hoffe die schmeckt. Die ist zwar tiefgekühlt gewesen, aber ich kann überhaupt nicht kochen", warnte er mich vor, worauf ich nur lachte und genüsslich auf die Nudelpfanne in der Schale schaute. "Riecht auf jeden Fall schonmal sehr gut."

Schweigend aßen wir, während wir nebeneinander saßen. "So schlecht kannst du gar nicht kochen. Wir können ja mal zusammen was machen, wenn du mich nochmal hier haben willst. Dann bekommt ihr auch mal was richtiges zu Essen", schlug ich vor, worauf er mich entgeistert ansah. "Du willst nach Heute nochmal herkommen? Es hat nicht viel gefehlt und du hättest wirklich auf ihn geschossen und du hast immer noch keine Angst?", fragte er, worauf ich nur mit den Schultern zuckte. "Das Adrenalin, als ich auf ihn gezielt habe und geschossen habe, hat sich so gut angefühlt. Ich meine.. Ich hatte endlich mal Aufregung in meinem Leben", gab ich zu, auch wenn ich mir dabei ziemlich dumm vorkam. "Du bist echt verrückt", lachte er nun und stellte seine nun leere Schale auf seinen Schreibtisch. Als er sich jedoch gerade wieder zurück auf sein Bett setzen wollte, hielt ich ihm meine hin. "Hättest du das nicht eine Minute früher sagen können?", murrte er und riss sie mir beinahe aus der Hand. "Da hatte ich noch nicht aufgegessen", antwortete ich nur zuckersüß. 

Nachdem er sich umgezogen hatte, legte er sich nun auch richtig ins Bett und drehte sich von mir weg. Ich selbst drehte mich auch von ihm abgewandt hin und schlief dieses Mal sogar recht schnell ein. 

Smoke and Red LipstickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt