Sleepover

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Ich zog die Kiste mit meinen neuen Klamotten vom Schrank und stopfte so viel wie möglich hinein, bis der Reisverschluss spannte. Es hatte sogar alles reingepasst. Ich warf sie über meine Schulter und verschwand wortlos aus der Wohnung. Beim Rausgehen schlug ich nochmal demonstrativ die Tür zu und ging mit schweren Schritten die Treppe hinunter. 

Als ich auf dem Bürgersteig stand, überlegte ich erstmal, was ich als nächstes machen sollte. Ich entschied mich, Fina anzurufen und zu fragen, ob ich vielleicht bei ihr bleiben könnte. 

Während ich in die Richtung lief, rief ich sie an, sie nahm sogar schon nach dem zweiten Klingeln ab und fragte fröhlich wie immer, was ich denn von ihr wollte. Sofort schilderte ich ihr mein Problem, worauf sie mich nur fröhlich einlud. Kurz später stand ich auch schon vor ihrer Tür und sie ließ mich rein. "Jetzt erzähl doch erstmal, warum du mitten in der Woche auf einmal bei mir schlafen darfst", forderte sie mich auf, worauf ich nur mit den Schultern zuckte. "Mom hat mich rausgeschmissen", antwortete ich, weshalb sie mich nur mit großen Augen ansah. "Wieso das denn?", fragte sie deshalb noch einmal vorsichtshalber nach. "Ich habe jemanden kennengelernt, der scheinbar angeblich keinen guten Einfluss auf mich hat", erklärte ich oberflächlich, worauf sie nur breit grinste und mit ihren Augenbrauen wackelte. "Bist du etwa verknallt?", säuselte sie, worauf ich nur abwinkte. "Ganz bestimmt nicht", lehnte ich ab, sie begann zu schmollen. 

Wir pflanzten uns in ihr Zimmer und schauten noch einige Teenie-Filme, auf die Fina total stand, weil sie immer so für die Sportler schwärmte. 

"Der Typ ist doch der größte Lappen im ganzen Film", jammerte ich und schaute an die Decke, um diesen Müll nicht länger ertragen zu müssen. "Ich mag ihn. Er ist erst so gemein und zum Ende hin total liebevoll", schwärmte sie, worauf ich sie nur mit einem Kissen abwarf. Ich machte lediglich ein Würgegeräusch, worauf sie lachte. 

"Auf was für Typen stehst du denn dann?", fragte sie grinsend nach. "Auf die richtigen BadBoys. Nicht diese Möchtegern-Kerle im Fernsehen sondern die richtig bösen", erklärte ich, wodurch sie nur noch breiter grinste. "Wie heißt er und wo hast du ihn kennengelernt?", fragte sie nur nach, ich schüttelte jedoch den Kopf. "Es war allgemein gemeint", korrigierte ich sie, weshalb sie begann zu schmollen. 

Ich kuschelte mich grinsend in die Decke, die sie mir geholt hatte und schloss die Augen. "Lass uns schlafen. Ich ertrage den Schrott nicht mehr länger", murrte ich und schlief auch kurz später ein. 

Ich war froh, dass Fina so offen und ihre Eltern so entspannt waren, denn sonst hätte ich die Nacht bestimmt auf der Straße verbracht, da ich bestimmt nicht bei Xater zuhause angekrochen gekommen wäre. Wäre bestimmt etwas komisch rübergekommen. Außerdem lag das Haus so weit außerhalb, dass ich wahrscheinlich morgen früh noch nicht angekommen wäre.

In dieser Nacht konnte ich mal wieder nicht so gut schlafen. Ich wachte ständig auf und hatte immer wieder den dreckig grinsenden Mann vor mir, auf den ich mit der Waffe gezielt hatte. Es machte mir im Nachhinein doch noch mehr aus, als ich dachte. 

Das sechste Aufwachen war dann aber doch glücklicherweise durch Finas Wecker gewesen. Nur leider klingelte er schon um halb 6 das erste Mal und dann alle 10 Minuten, bis er dann minütlich klingelte. Irgendwann stand ich einfach auf und ging mit ein paar frischen Klamotten ins Bad am Ende des Flurs, um mich anzuziehen. Es war mir vollkommen egal, dass mich alle schief ansehen würden.

 Ich betrachtete mich einige Minuten im Spiegel, bis ich das neue Make Up aus meiner Kulturtasche zog

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 Ich betrachtete mich einige Minuten im Spiegel, bis ich das neue Make Up aus meiner Kulturtasche zog. Ich begann mich zu schminken, wie ich es schon oft bei anderen gesehen hatte. Die Flecken in meinem Gesicht abdecken, Concealer gegen meine blauen Schatten unter meinen Augen. Es dauerte einige Minuten, bis ich meinen Liedstich einigermaßen hinbekam und dann meine ohnehin langen Wimpern mit Mascara verfeinerte. 

Ich musste schon zugeben, dass ich vollkommen anders aussah wie sonst, aber es gefiel mir. Mit einem breiten Grinsen verließ ich letztendlich das Badezimmer, als mir Fina im Flur entgegen kam. "Was ist denn mit dir passiert? Du traust dich ja mal was", stellte sie freudig fest, worauf wir beide lachten. "Bei Mom hätte ich so doch nie aus dem Haus gehen können", meinte ich lachend, was sie amüsiert bestätigte. 

Während sie sich fertig machte, packte ich meine Schulsachen in meinen neuen Rucksack, da mein alter nun absolut nicht mehr angemessen war.

Kurzerhand zog ich mein Handy vom Ladekabel, als Fina aus dem Bad kam. Ich steckte es in meine Hosentasche, bevor ich die Kopfhörer in der Tasche der Lederjacke verstaute. 

Als sie dann auch endlich mal fertig war, liefen wir zusammen zur Schule. Von ihr aus war der Weg viel kürzer, was mir eigentlich ziemlich gelegen kam, da ich eh keine Lust hatte, so weit zu laufen wie sonst. 

Früher als sonst befanden wir uns also in der Schule und warteten, bis der Unterricht anfing. Mehrere Blicke landeten auf mir, wobei leise Fragen fielen wie "Wer ist denn die?" "Ist die neu?". Das klingeln zum Unterricht erleichterte mich beinahe, auch wenn das eigentlich andersrum sein müsste. Jetzt begann das Elend erst. 

Die Lehrer waren noch überrascht als meine Mitschüler über meine abweichende äußere Erscheinung, sagten aber nichts weiteres dazu. Selbst die beliebten Mädchen aus meiner Stufe kamen auf mich zu und boten an, ich könnte ja in der Mittagspause mit ihnen essen, wo ich gerne zusagte, da Fina sowieso vorher Schluss hatte, sodass ich eh alleine gewesen wäre. 

Auch die letzten Stunden gingen recht schnell rum, sodass es umso schneller ging, dass ich mal mit den Beliebten aß. Ich war wirklich ziemlich aufgeregt, da ich mich fragte, über was sie so in der Pause redeten. 

Sie fingen mich im Flur ab, sodass wir nun zusammen das Schulgebäude verließen. "Wir haben uns schon geeinigt, dass wir heute woanders essen. Ich hoffe nur, dass das okay für dich ist und du genug Geld dabei hast", sagte Chelsea, ihre Anführerin, worauf ich nur gleichgültig mit den Schultern zuckte. 

Ich kam mit vor wie in einem Albtraum, denn nach einem 'Umstyling' und so einer Reaktion der beliebteren Schüler konnte nichts Gutes folgen.


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