Tattoo

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Als ich am Morgen wach wurde, war es vollkommen still. Ich spürte, dass Xater unter mir ganz normal atmete, also blieb ich noch etwas liegen und schaute ihn an. Ich begutachtete jedes einzelne seiner Tattoos und blieb an dem Bild eines Adlers auf seiner Brust hängen. Es passte überhaupt nicht zu den anderen Tattoos, die er hatte, da der Rest hauptsächlich Symbole oder geometrische Muster waren. Ich strich federleicht über den kleinen Diamanten, den er sich erst vor Kurzem hatte stechen lassen. Er hatte mir gesagt, dass die Bedeutung dahinter war, dass er durch mich endlich Stabilität hatte und die wollte er durch das härteste Material symbolisieren. Dazu befand es sich direkt über seinem Herzen. Auch ich wollte mir noch Tattoos stechen lassen, jedoch wusste Xater von diesem Plan noch nichts. 

"Guten Morgen, mein Engel", hörte ich ihn murmeln, bevor er einen kleinen Kuss auf meinen Kopf drückte. "Guten Morgen", erwiderte ich lachend über den Kosenamen und befreite mich aus seinen Armen. Ich zog die Kleidung vom Vorabend wieder an und band meine Haare zu einem unordentlichen Dutt, bevor ich mit ihm gemeinsam das Zimmer verließ. In der Zwischenzeit hatte er sich ebenfalls angezogen und das Bett abgezogen. Ganz der nette Gast. 

Wir gingen nach unten auf den Weg zur Küche und konnten schon leise Musik hören. Ich schaute um die Ecke und staunte nicht schlecht. Holly stand am Herd und briet Rührei, während Aubrey sie von hinten umarmte und sie küsste. Xater drängte mich weiter hinein, bis auch er die beiden sah. "Ich will auch, dass du sowas machst", meine er hinter mir und das so laut, dass die beiden auseinander fuhren. "Dann hatten wohl letzte Nacht, alle in diesem Haus Sex", stellte ich fest, worauf die Augen der beiden groß wurden. Ich überging Xaters Kommentar dabei. 

Just in diesem Moment betraten Holly und Ghost ebenfalls die Küche. Ghost wirkte verschlafen und fuhr sich durch die verwuschelten Haare. Seinen Hals zierte ein leuchtend roter Knutschfleck. Wir redeten nicht weiter darüber und genossen das Frühstück, bevor jeder mit Lappen und Müllsack bewaffnet durch das Haus lief und sauber machte. Zu sechst ging es eindeutig schneller, weshalb wir auch schon nach zwei Stunden das komplette Haus gereinigt hatten. Da Ghost am Vorabend am wenigsten getrunken hatte, war er nun auch derjenige, der uns nach Hause fuhr. 

Ich starrte auf mein Handy, jedoch hatte ich keine einzige neue Nachricht. 

Wir hielten auf der Einfahrt und steigen aus dem Auto. Xater zog mich an meiner Hand direkt in sein Zimmer und küsste mich leidenschaftlich. Wir widmeten uns ein wenig uns beiden, bis wir mal wieder unterbrochen wurden. Ich saß auf Xaters Schoß und spielte mit seinen Händen, während er auf dem Rücken lag, als Vice das Zimmer betrat. Ich ließ mich zur Seite fallen, sodass ich neben Xater auf dem Bett lag. 

Neben Vice stand ein Mädchen mit grau gefärbten Haaren. Ihre Arme hatte sie überkreuzt und sie beobachtete uns kritisch, bevor ein Grinsen auf ihren Lippen wuchs. Xater erhob sich und umarmte sie. "Ich dachte, du tauchst hier gar nicht mehr auf", meinte er erfreut und ließ sie wieder los. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und lachte. "Ich war beim Schüleraustausch und bin nicht gestorben", lachte sie und stieß ihn in die Seite. Ich beobachtete sie noch immer argwöhnisch, wurde dann aber von Xater vorgestellt. "Das ist Alexine, meine Freundin." Er schaute mir und lächelte. Ich stand ebenfalls vom Bett auf. Sie war genau so groß wie ich, trug ein enges Top, sodass man ihre Tattoos sehen konnte, und hatte mehrere Piercings. "Ich bin Jura", stellte sie sich vor und zeigte ihre strahlend weißen Zähne. 

Wie konnten ihre Zähne so weiß sein, während ihre Stimme nach Raucher schrie? Sie zog mich in eine Umarmung, ließ mich jedoch sofort wieder los, als sie bemerkte, dass mich diese Situation überforderte. Sie betrachtete mich neugierig. "Was ist den mit dir passiert?", fragte sie amüsiert, als sie das riesige Pflaster auf meiner Wange sah. "Ghost hat ihr die Fresse poliert", antwortete Xater für mich und spannte sich dabei an. "Der Ghost hat sie geschlagen?", fragte sie ungläubig nach, was ich mit einem Nicken bestätigen musste. "Eigentlich wollte er Xater treffen", erklärte ich, worauf sie wissend Xater ansah. "Du hast ihm das von dir und Aubrey erzählt?", fragte sie direkt aufgeregt. 

Jener erschien in dem Moment im Türrahmen und lehnte an diesem. "Wie kann es sein, dass jeder es wusste, nur ich nicht?", brummte er. Jura drehte sich schwungvoll zu ihm um und grinste breit. "Deshalb", erwiderte sie und zeigte auf meine malträtierte Wange. Über Nacht war es zudem blau geworden und das so großflächig, dass es über die Ränder des Pflasters hinausging. 

"Nun dazu, warum sie hier ist. Du kennst doch das Adler Tattoo auf meiner Brust", setzte Xater an und wartete darauf, dass ich zustimmend nickte. "Da du zu mir gehörst und dementsprechend auch zu uns, bekommst du auch so eins. Vorausgesetzt, du willst es", fügte er hinzu und schaute mich an. Ich musste schlucken. "Ich habe bei den Jungs so gut wie jedes Tattoo gestochen", erklärte Jura. "Meine Mom bringt mich um", warf ich sofort ein und schaute Xater mit großen Augen an. "Muss sie es erfahren?", fragte er grinsend und legte seine Hände an meine Taille. "Kann ich mir die Stelle selbst aussuchen?", fragte ich vorsichtig. "Natürlich. Ich habs auf dem Oberschenkel", erklärte Jura gut gelaunt. "Ich hätte es gern auf dem Schulterblatt", antwortete ich und schaute dann zu Xater, der sehr überrascht wirkte. "Du willst es wirklich?", fragte er in genau diesem Tonfall. Ich lächelte lediglich. 

Ich lag mit dem Oberkörper auf einem Hocker im Wohnzimmer, während Jura sich schwarze Latexhandschuhe anzog. Sie setzte sich eine Maske auf und reinigte meine Schulter. Vor mir saß Xater auf dem Boden und hielt meine Hand. Jura saß nun neben mir und fragte mich noch einmal, ob ich bereit war. Ich nickte und schaute dann zu Xater, als sie die Nadel ansetzte. Ich spannte meine Hand an, als sie mit dem Stechen begann. Es war auszuhalten, aber tat dennoch höllisch weh. Immer wieder wimmerte ich leise, während Jura die ganze Zeit hochkonzentriert blieb. Sie war sehr professionell dabei und ich hatte selbst bei gewöhnlichen Tattoostudios nicht viel weniger Hygienemaßnahmen gesehen. Sie wusste eindeutig, was sie tat. "Wie hast du das gelernt?", fragte ich sie, als ich mich langsam an den Schmerz gewöhnte. "Ich habe auf Schweinehäuten geübt. Ein Bekannter hat einen Schlachthof und da blieb regelmäßig was übrig, worauf ich üben konnte. Ich war aber schon immer künstlerisch begabt", erklärte sie und vollendete die letzten Linien, bis sie sich stolz aufrichtete und die überschüssige Farbe noch einmal abtupfte. Sie desinfizierte noch ein mal alles, bevor sie Folie über das frische Tattoo fixierte. "Das sieht auf jeden Fall besser aus als jedes davor", meinte Xater anerkennend zu ihr und half mir hoch. "Noch weitere Tattoos, die du gern hättest? Oder jemand anderes von euch?", fragte sie in die Runde. Vice meldete sich mit einem Wunsch und besprach mit ihr etwas.

"Das sieht unglaublich an dir aus", meinte Xater und begutachtete weiter das Tattoo auf meiner Schulter "Danke", erwiderte ich schüchtern. Wir beobachteten Vice dabei, wie er sich seinen kompletten Arm tätowieren ließ. Er war zwischenzeitlich echt den Tränen nahe, weshalb er von Xater ausgelacht wurde. Immerhin hatte dieser einige Tattoos mehr als Vice

Smoke and Red LipstickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt