Do you know how to use a gun?

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Der nächste Morgen verlief vorerst sogar einigermaßen normal. Als ich aufgewacht war, war Xater schon weg und als ich nach unten in die Küche kam, bot er mir sofort ein Toast an. Dass ich Nutella hasste, verschwieg ich lieber, da ich es schon nett genug fand, dass er mir überhaupt Frühstück gemacht hatte. 

Zusammen setzten wir uns an den Tisch und aßen schweigend, bis er seinen Toast auf den Teller legte und mich ernst ansah. "Du weißt nicht, wie man schießt oder?", fragte er, worauf ich mich verschluckte und mein Brot so fallen ließ, dass es mit der beschmierten Seite auf dem Tisch landete. "Also nicht. Dann üben wir gleich nach dem Frühstück und du kommst nachher mit zu einem Deal", erklärte er. Ich schluckte schwer, wollte aber ich widersprechen, da ich ja den Wunsch geäußert hatte und er mich nicht dazu zwang. 


Gesagt, Getan waren wir nach dem Frühstück auf seinem Motorrad in den Wald außerhalb der Stadt gefahren. Er hatte auf einem Wandererparkplatz geparkt und zusammen liefen wir immer tiefer in den Wald. 

Als wir seiner Meinung nach tief genug waren, legten wir die Helme auf den Waldboden. Er zog eine glänzend schwarze Pistole von seinem Gürtel. Mit einem Schritt stand er neben mir und zeigte mir die Waffe. Er erklärte mir alle Handgriffe, die jetzt nicht wirklich schwer waren und drückte mir dann die Waffe in die Hand. Beinahe hätte ich sie aber wieder losgelassen, da sie ziemlich schwer für ihre Größe war. "Gut festhalten und jetzt schießt du auf diesen Baum da hinten", erklärte er und zeigte auf einen Baum, der etwa 15 Meter entfernt war. 

Zittrig nickte ich und zielte auf besagten Baum. Ich zitterte jedoch so stark, dass ich den Baum gar nicht richtig anvisieren konnte. Nach einigen Minuten seufzte er genervt und trat hinter mich. Er legte seine Hände auf meine, dass ich seine Brust an meinem Rücken spüren konnte. 

Ich bekam Gänsehaut am ganzen Körper, da seine Körperwärme durch sein Shirt auf mich strahlte. Ich hatte nicht einmal ein Problem mit dieser Nähe, auch wenn ich eigentlich panische Angst vor ihm haben sollte. Durch seine Hilfe konnte ich endlich still halten und zielte auf den Baum, den ich gleich mehrere Male traf. Er hatte den leichten Rückstoß abgefangen, sodass ich nicht umfiel vor Schreck. Daraufhin sollte ich auch ich noch alleine üben. "Das sollte funktionieren", stellte er irgendwann fest, weshalb ich erleichtert aufatmete. 

Es dauerte nicht lange, bis wir wieder zurück fuhren. Ich klammerte mich an ihn und hing meinen Gedanken nach, während er über die Landstraßen fuhr. Bei ihm zuhause angekommen stiegen wir ab und gingen sofort in sein Zimmer. Weiterhin schwieg ich, weil ich auch nicht wusste, was ich sagen sollte. 

Ohne auf mich einzugehen, schnappte er sich meine Tasche und durchsuchte meine Klamotten. "Ey, was soll das?", protestierte ich und versuchte, ihm meine Tasche zu entreißen, er war jedoch hartnäckig und hielt sie fest. "Ist das dein Ernst? In sowas kannst du doch nicht rumlaufen", warf er mir vor und schaute mich an. "Was meinst du damit?", fragte ich nach, worauf er mich beinahe angeekelt ansah. "Dein Kleidungsstil ist ja der absolute Müll", lachte er. 

Ich hatte mich beleidigt in sein Bett gelegt, während er mal wieder verschwunden war. Wahrscheinlich machte er den Deal, von dem er mit Vice geredet hatte, wo er ich mitnehmen wollte, jetzt doch alleine, weil er meinen Kleidungsstil zu schrecklich fand. ...? Er war mir immer noch ein Rätsel. 

Mal wieder hatte ich mich auf sein Bett geworfen und steckte mir die Kopfhörer in die Ohren. Auf meinem Handy machte ich ein beliebiges Lied an und stellte die Lautstärke hoch, bis ich nichts mehr von der Welt um mich herum mitbekam. 

Ich lag bestimmt beinahe eine Stunde so auf dem Bett, bis mir jemand die Kopfhörer aus den Ohren zog. Verwirrt schaute ich zu Xater hoch, der seinen Kopf über meinen gebeugt hatte. "Was willst du?", murrte ich vor mich hin, worauf er nur lachte. "Ich habe dir was besorgt", meinte er nur und warf mir eine Tüte auf den Bauch. 

Maulend setzte ich mich auf und schaute in die Tüte. "Woher kennst du meine Größe?", fragte ich nach, wusste innerlich jedoch schon die Antwort. "Habe in deine Klamotten geschaut", meinte er schulterzuckend. Kurzerhand zog ich die schwarzen Kleidungsstücke aus der Tüte und beäugte sie kritisch. "Das steht mir bestimmt nicht. Ich bin viel zu blass", versuchte ich mich rauszureden. 

Sein ernster Blick sagte mir, dass es ihm absolut egal war, weshalb ich mich dann umzog, nachdem ich ihn gezwungen hatte, sich umzudrehen, was er nur widerwillig getan hatte. 

Fertig umgezogen schaute ich mich einige Zeit im Spiegel an. Mein Blick war kritisch, ich musste jedoch widerwillig feststellen, dass es mir stand, auch wenn es mit Make Up besser aussehen würde. Leider besaß ich das geeignete aber nicht. 

"Das steht dir um einiges besser, als der andere Müll in deiner Tasche", bestätigte er und holte dann hinter seinem Rücken eine weitere Tüte hervor. "Die darfst du nur behalten, wenn du mir hilfst", stellte er die kryptische Bedingung, worauf ich nur lachte und versuchte, ihm die Tüte wegzuschnappen. 

Er gab irgendwann lachend nach und überließ sie mir, sodass ich endlich sehen konnte, was sich in ihr befand. Mit großen Augen starrte ich auf die Lederjacke in meinen Händen. "Ist das dein Ernst?", fragte ich nach, wobei meine Stimme schon hoch vor Aufregung klang. "Gefällt sie dir?", fragte er nochmal nach, obwohl er die Antwort scheinbar kannte, da er wie ein Honigkuchenpferd grinste. 

Ich hüpfte beinahe vor Aufregung, als ich sie mir anzog und über das Leder strich. Er zog wieder die Pistole aus seiner Tasche und hielt sie mir hin. Ich schluckte schwer und zitterte ein wenig, als ich sie sah. "Steck die so in deine Hose, dass du sie schnell greifen kannst, man sie aber nicht sofort sehen kann", erklärte ich, was ich dann auch machte. Da ich bei der Hose ohnehin einen Gürtel tragen musste, hielt sie auch überraschend gut. 

Als wir nach draußen traten, bemerkte ich erst, dass die Sonne bereits untergegangen war. Er steuerte direkt auf sein Motorrad zu, nachdem er mir wieder den Helm in die Hand gedrückt hatte. Ich wollte ihn gerade aufsetzen, als er mich nochmal stoppte. 

Aus seiner Jackentasche nahm er ein schwarzes Tuch. Er faltete es diagonal zu einem Dreieck und band es mir dann so um, dass es meinen Mund und meine Nase bedeckte. Währenddessen schaute er mir so tief in die Augen, dass ich beinahe dachte, er würde meine Gedanken lesen. 

Smoke and Red LipstickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt