Pillowtalk

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Irgendwann war ich scheinbar eingeschlafen und einer der beiden Stöpsel war mir aus dem Ohr gefallen, denn als ich die Tür ins Schloss fallen hörte, war ich wieder zur Hälfte wach. Ich konnte meine Augen nicht öffnen, dafür war ich zu schläfrig, jedoch konnte ich spüren, wie mir jemand einige Haarsträhnen aus dem Gesicht strich und mich sanft zudeckte. 

Ich wusste nicht, ob ich es mir nur einbildete, aber ich meinte gespürt zu haben, wie ich meine Lippen zu einem Lächeln verzogen hatte. 

"Die Kleine ist echt niedlich. Nur schade, dass sie nicht mehr lange genug leben wird, bis du es dir eingestehst, Xater", hörte ich eine mir unbekannte Stimme, die scheinbar von der Tür kam. "Wehe du fasst sie an. Sie hat mehr durchgemacht, als man denken könnte, wenn man die Streberin sieht", nahm Xater mich in Schutz, was es mir warm ums Herz werden ließ. 

"Nimmst du sie etwa in Schutz? Die Bitch ist bestimmt erst 15 oder so. Was soll die uns denn bringen?", warf ihm der Fremde nun wieder vor. "Sie ist 17 und genau unscheinbar genug, um für uns die großen Auslieferungen zu machen. Glaub mir, die ist perfekt dafür", korrigierte Xater ihn und der Rest von seiner Aussage schockte mich. Ich sollte also doch mehr hier machen, als nur rumzuliegen. Einerseits freute ich mich, andererseits hatte ich aber auch ehrlich gesagt Angst, dass etwas passieren würde oder sie mich verarschen würden. 

Am meisten Angst hatte ich davor, dass sie mich als Pfand oder so missbrauchten. Vertrauen konnte ich den Jungs nämlich eindeutig nicht. 

"Hast du sie schon geknallt?", fragte der Fremde. In seiner Stimme konnte ich beinahe das schmierige Grinsen hören. Gerade stellte ich mir den Fremden als einen fetten, schmierigen, alten Sack vor, der fettige, braune Haare hatte und einen ekelhaften Oberlippenbart inklusive Jahresabo auf den gängigsten Pornoseiten. Der Gedanke an ein fleckiges Unterhemd, das wohl vor Jahren mal weiß war, sowie eine ebenso fleckige graue Jogginghose, brachten mich zum Grinsen. Jedoch war für diese Vermutung seine Stimme zu jung, auch wenn sie tief und kratzig war. 

Murrend rollte ich mich auf den Rücken, merkte aber zu spät, dass mein Shirt hochgerutscht war. "Hast du schonmal einen Nerd mit Spitzenunterwäsche gesehen?", hörte ich Xater amüsiert fragen, er ging jedoch nicht auf die vorherige Frage ein. Mir wurde ganz heiß im Gesicht, was mir zeigte, dass ich rot wurde. "Ich glaube sie wird wach", trällerte der Fremde amüsiert, worauf Xater nur brummte. "Halt die Fresse, oder ich stopf dir dein Maul mit deinen vollgewichsten Taschentüchern", stöhnte ich und öffnete die Augen, mit denen ich an die Decke starrte, jedoch schaute ich recht schnell zu den beiden Jungs, die am Fuß des Bettes standen. Der fremde begann zu lachen und zeigte auf Xater. "Tja, Bruder", lachte er, bevor ich ihn unterbrach. "Das war nicht an Xater gerichtet", meinte ich mit einem fiesen Grinsen, worauf der Fremde verstummte. 

"Das ist übrigens Vice. Der Dritte im Bunde", stellte Xater mir den eher schmächtigen Jungen neben sich vor. Neben ihm sah selbst Xater fast aus wie ein Bodybuilder. "Alexine", stellte ich mich nur kurz vor. "Die braucht einen Spitznamen", stellte Vice klar und sah erst mich und dann Xater an. "Wofür das denn?", lachte ich und zog mein Shirt zurecht. "Weil dein Name scheiße klingt", antwortete Vice lediglich mit einem Schulterzucken. "Hab ich mir ja auch nicht ausgesucht", murrte ich, worauf beide Jungs nur lachten. 

"Alex klingt gut. Verbreiteter Name, keiner findet dich und es weiß auch keiner sofort, dass du ein Mädchen bist", schlug Vice vor, worauf Xater nur genervt stöhnte. "Willst du sie jetzt zu einem Kerl machen oder was?", schnaubte Xater nur. "Ihr könnt mich nennen wie ihr wollt, solange es nicht scheiße klingt oder frauenfeindlich ist", schlug ich vor und legte mich wieder richtig ins Bett. 

Kurz später warf Xater Vice dann auch raus und ging auf seinen Schrank zu. Ich beobachtete möglichst unauffällig, wie er vor seinem Schrank stand und sich langsam auszog. "Dreh dich gefälligst um. Zum Einen darf ich dir bestimmt auch nicht beim Umziehen zusehen und zum anderen bin ich nicht dein Privatstripper. Den kannst du dir nicht leisten", meinte er. Provokant drehte ich mich in seine Richtung und schaute ihn nun auffälliger an. 

Abrupt drehte er sich um und schaute mich vorwurfsvoll an. "So, Geld her", lachte er und kam auf mich zu. "Habe kein Geld, kann ich auch anders bezahlen?", fragte ich provokant und biss mir auf die Unterlippe, als mir auffiel, das das wohl die falschen Worte waren. "Du bist jetzt gerade erst 10 Stunden hier und schon bist du Selbstbewusster, als du unter anderen Umständen jemals geworden wärst", stellte er fest. 

Er lief um das Bett herum und setzte sich auf die Bettkante der anderen Seite. "Nochmal die Regeln. 1. Kein Anfassen 2. kein Deckewegziehen und wenn du schnarchst, bitte nicht in mein Ohr", verlangte ich, worauf er lachte. "Alles klar."

"Wie soll ich dich bezahlen?", fragte ich, während ich ihm dabei zusah, wie er etwas aus dem Nachttisch nahm. Er schüttete sich mehrere Tabletten auf seiner Hand, die er alle schluckte. Ich war geschockt. "Warum nimmst du Tabletten?", fragte ich deshalb nach. Er legte sich schweigend hin und schaute erst an die Zimmerdecke, bevor er sich zu mir umdrehte. "Ohne Tabletten überstehe ich den Tag nicht und ohne sie kann ich auch nicht schlafen", erklärte er und sah mich betrübt an. 

"Schlaf jetzt", murmelte er noch, bevor er sich umdrehte und nun mit dem Rücken zu mir lag. Ich kuschelte mich tief in die Decke und schloss meine Augen, aber irgendwie konnte ich nicht schlafen. Ich war hellwach und mein Kopf war mal wieder voller Gedanken, sodass ich mal wieder keine Ruhe fand. Immer wieder drehte ich mich hin und her, fand jedoch keine bequeme Position, in der ich hätte einschlafen können. Immer wieder fuhr ich durch meine Haare und war immer wieder kurz vorm Heulen, weil ich beinahe verzweifelte. 

Die Bewegung neben mir hatte ich gar nicht gespürt, erst als er mich berührte, bemerkte ich, dass er wach war. "Du sagst mir, dass ich nicht schnarchen soll und du wühlst hier im Bett rum? Ich dachte schon, Vice wäre über dich hergefallen", nuschelte er verschlafen, aber dennoch amüsiert. "Wie kommst du jetzt auf Vice?", lachte ich. Meine Unruhe war durch seine Stimme wie ausgelöscht. "Weil er ein notgeiler Schwanzlutscher ist", antwortete er, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. 

Wir hatten uns wieder normal hingelegt, jedoch konnte ich immer noch keine Ruhe finden. "Willst du auch eine Schlaftablette?", fragte er nach und schaute mich an. "Ich halte nichts von Betäubungsmitteln", erwiderte ich und sah ihm in seine Augen. Bis auf die Motorradfahrt war er mir noch nie so nah gewesen. "Die Meinung solltest du ganz schnell ändern, wenn du zu uns gehören willst", flüsterte er. "Dann gib schon her", forderte ich ihn auf, bevor er sich umdrehte und auch mir nun eine Tablette aus dem kleinen, orangen Röhrchen holte. Ich schluckte sie ohne Wasser herunter, da ich es bei einer Tablette mit der Größe einer Linse nicht gerade für nötig hielt. 

Es dauerte nicht lange, bis ich endlich meine Ruhe fand und einschlief. 

Smoke and Red LipstickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt