• Weg - Einfach weg •

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Ich konnte förmlich sein Herz brechen hören als ich die alles veränderten Worte aussprach. Worte die eigentlich nie gesprochen werden sollten. Mir hätte von Anfang an klar sein müssen das es mit mir und Shane einfach nie klappen könnte. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? War ich wirklich so naiv um zu glauben eine glückliche Beziehung mit Shane zu führen? Natürlich wusste ich das man auf sein Herz hören musste um glücklich zu werden, doch in diesem Fall musste ich auf mein Verstand hören. Ich konnte und wollte nicht so egoistisch denken. Ich hatte getan was getan werden musste, auch wenn dadurch wir beide daran zerbrochen. Lieber beendete ich es jetzt wie wenn es Ralley beendete und Shane sich quälen musste. Wir beide uns quälen mussten einander so nah und doch so fern zu sein. Zum Greifen nah doch stets in dem Wissen niemals zusammen sein zu können. Wir würden kaputt gehen. In dieser Situation sorgte ich mich um Shane's wohl. Ich liebte ihn dafür viel zu sehr ihm solch eine Last aufzuschultern und das auch noch mit voller Absicht. Verachtung machte sich in mir breit. Ich ekelte mich selbst schon an wie herzlos und kalt ich ihm ins Gesicht log. Ihn mit voller Absicht verletzte. Doch tat ich das nur zu seinem besten. Das er irgendwann mal eine andere Frau lieben lernen konnte. Bei diesem Gedanken stach es schmerzvoll in meiner Brust. Verstärkte mein Leidwesen nur noch mehr. Shane in den Armen einer anderen Frau zu sehen würde ich niemals aushalten. Niemals. Ich musste weg von hier. Weit weg, so das er mich vergessen konnte, so wie ich auch ihn. Auch wenn es noch so hart klang, aber ihm dabei zu zusehen wie er glücklich wurde, und das ohne mich, hielt ich nicht aus. Mir war klar das ich ihn dann mit den ganzen Problemen alleine ließ und ich wusste das es feige war einfach weg zu laufen, doch so war ich nun mal. Weg. Weit weg von hier.

Noch immer stand Shane vor mir und sah mich an. Es schien als könnte er nicht realisieren was ich da gerade von mir gegeben hatte. Als hätte er seine eigene Muttersprache verlernt verstehen und sprechen zu können. Ich machte Anstalten mich hoch in mein Zimmer zu begeben um meine Sachen, natürlich heimlich, zu packen, als er mich an meinem Handknöchel ergriff und fest zudrückte.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals als seine warme Haut die meine berührte. Vielleicht das letzte mal. "Was, wenn ich dir nicht glaube, Claire?"

Wie bitte? Versucht ihm die Wahrheit zu sagen entschloss ich mich doch in meiner Rolle zu bleiben. Die Rolle als Betrügerin.

"Das bleibt dir überlassen. Nur, an deiner Stelle würde ich mich fragen wieso ich dich anlügen sollte?" Kalt. Eiskalt. Verdattert ließ er mein Knöchel los und ging angeekelt ein paar Schritte zurück. "Wo ist die Claire in die ich mich verliebt habe?" Die gibt es nicht mehr, Shane. "Wo ist meine unschuldige Schwester hin?" Eine einzelne Träne kullerte an seiner Wange hinunter und tropfte an seinem Kinn auf seinen Kragen von dem weißen T-shirt. "Es ist aus, Shane. Mach es mir nicht schwerer als es ist. Ich liebe dich nicht. Ich bin mir nichtmal sicher ob ich es jemals getan hatte." Es fühlte sich an als würde ich mir selber mit einem Messer ins Herz stechen. Immer und immer wieder. Seine hellen grünen Augen verdunkelten sich bei meinen Worten. Der verletzte Shane verabschiedete sich nun denn der wütende trat jetzt in den Fordergrund. Der verzweifelte. Er trat wieder einen Schritt näher zu meiner Wenigkeit ehe er mir mit der flachen Rückhand eine verpasste. Stille Tränen flossen an seinen Wangenknochen hinunter. Salziger Schmerz. Im Prinzip hatte ich es verdient. Ich hatte es verdient geschlagen zu werden und doch schockierte mich seine Reaktion. Ein brennen breitete sich auf meiner rechten Gesichtshälfte aus und ich konnte jeden einzelnen Fingerabdruck darauf spüren. Doch Tränen flossen keine. Zumindest nicht von meiner Seite. Wahrscheinlich konnte ich nichteinmal mehr Tränen produzieren. Zuviel hatte ich schon in letzter Zeit geweint. Ich war müde vom weinen, müde vom Leben. Stille breitete sich aus worauf ich Shane den Rücken zuwendete ehe ich mit den letzten Worten die Treppenstufen hinaufstieg. "Ich wünsche dir alles Gute in deiner Zukunft, denn ich bin kein Teil mehr von ihr." Meine Hände zitterten und nur mit viel Mühe erklomm ich die letzten Treppenstufen. Meine Hände hinterließen schweißige Abdrücke auf dem Geländer an dem ich mich festkrallte. Versuchte nicht wieder rückwärts hinunter zu fallen. Immer wieder redete ich mir ein dass ich das richtige Getan hatte, auch wenn mein Unterbewusstsein mir etwas anderes beibringen wollte. Es war das richtige. Für uns beide.

In meinem Zimmer angekommen riss ich meinen Kleiderschrank auf und zerrte das nötigste in eine schwarze große Sporttasche und lief ziellos durch den großen Raum in dem all meine persönlichen Gegenstände lagen. Erinnerungen blitzten in meinem Kopf auf wie ich mit Shane zusammen auf diesem Bett lag. So nah wie nicht oft. Gequält presste ich meine Augen zusammen. Hör auf dich selber zu zerstören! Mit allem was ich dachte zu gebrauchen kletterte ich aus meinem Fenster in dem sich darunter das Dach der Garage befand. Mit der Tasche geschultert sprang ich aus dem Fenster auf das Dach und kletterte an einem Rohr die Wand hinunter. Schnellen Schrittes entfernte ich mich von meinem Elternhaus, nichts ahnend wohin mit meiner Gestalt. Die Dämmerung brach über die Stadt und warf die Straßen in ein organe-rotes Licht. Die Bäume an den Seiten der Straße raschelten als der heulende Wind durch die, vom Herbst gefärbten, Blätter zog. Lange lief ich ausgewählte Straßen entlang als ich am Stadtsee ankam und durch den märchenhaften weg lief, mit dem Ziel auf die selbe altmodische Bank zu kommen auf der ich erst vor kurzem noch mit Anthony saß. Als noch alles gut war.

Ich wusste nicht wie lange ich schon mein Hinterteil platt sitzte und auf den See starrte. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren wie auch das in meinen Gliedmaßen, welche mit Gänzehaut überzogen waren, da die Sonne sich auf der anderen Hälfte des Erdballes versteckte, als eine dunkle Silhouette am Ende des Weges auftauchte und in meine Richtung lief. Viel dachte ich mir nicht dabei. Naja, um ehrlich zu sein dachte ich im Moment an nichts als an Shane. Seine Lippen, sein Duft, seine raue tiefe Stimme, sein Körper...Ja sogar seine Beleidigungen ganz am Anfang fehlten mir. Einfach alles vermisste ich. Die gemeinsamen Stunden in seinem Bett, wie wir uns liebten, uns mit Leidenschaft beglückten. Frustiert gab ich einen tiefen Seufzer von mir. Etwas stellte ich zwischen mir und die Sicht auf den magischen See als ich meine Augen über die Ursache des Störenfrieds wandern ließ. Zu aller erst vielen mir die pechschwarzen Haare auf, als nächstes die Diamanthellen Augen. Anthony. Er lies sich neben mir nieder und sah ebenfalls still auf den See. Beide gaben kein Mucks von sich, aus Angst man könnte den Moment zerstören, als ich dann doch das Wort ergriff.

"Ich hab' mit Shane Schluss gemacht."

Anthony nickte nur und legte seinen linken Arm um meine Schulter.

"Und ich bin von zu Hause weg."

Abermals nickte er stumm und drückte mich näher an seine starke Brust.

"Wir können weg von hier. Weit weg. Ohne Verpflichtungen." Seine tiefe Stimme hallte in meinem Kopf wieder. Weit weg von hier. Ohne Verpflichtungen.

Das hörte sich doch eigentlich gut an. Noch dazu lenkte mich Anthony ab. Lenkte mich ab von Shane und all den Problemen der mit ihm verbunden war. Weg. Einfach weit weg. "Ja", flüstere ich kaum hörbar in sein Ohr und vergrub meinen Kopf in seine Halsbeuge. Weg. Einfach weg.

SiblingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt