Langsam lief ich an der großen Gruppe die aus den altbekannten Schulschlampen und den ach so bösen Bad Boys bestand vorbei, in der Hoffnung so unsichtbar wie möglich zu bleiben. Jedoch war Gott leider nicht auf meiner Seite und so kam es, wie es kommen musste: Ein wunderschönes Mädchen, man bemerke den Sarkasmus, mit blondierten Haaren und gepleshten(?) Zähnen, lief geradewegs auf mich zu. In der Hoffnung Amy würde doch noch an mir vorbei laufen, lief ich einfach weiter. Immer schön mit gesenktem Kopf. Ich hatte wirklich so garkeine Lust auf ein großes Drama, geschweige denn auf ein heißes Wortgefecht mit dieser Person. Man muss ja dazu bedenken das dieses Weib nicht schlauer wie ein Stück Brot war. Ich belegte diese Festellung auf folgender Theorie: Ihr Farbstoff mit dem sie ihre Haare zu vergewaltigen schien, fraß sich durch ihre Kopfhaut und hatte nicht nur ihr Haar, sondern auch gleich ihr ganzes Gehirn blondiert. Da gab es keine rede mehr von wegen natürlich blond.
Während meinem sinnlosen Gedankenfluss erschien eine Hand in meiner Bildfläche, welche versuchte mich zum stehen zu bringen doch war es nicht, so wie ich gedacht hatte oder besser, eigentlich zu erwarten war, Amy, sondern ein unfassbar heißer Typ mit schwarzen Haaren und eiskalten blauen Augen. Der Kontrast welcher dadurch entstand ließ doch einfach jede weibliche Person dahinschmelzen. Erbarmungslos dahinschmelzen. Ich sah mich selbst schon in einer großen Hautfarbenen Pfütze in der meine Conversetasche schwamm. Als wäre das nicht schon genug gewesen, fing dieser Adonis von Mann auch noch zu grinsen an und zeigte mir eine Reihe voll weißer gerade stehender Zähne. Er musste bestimmt eine Zahnspange getragen haben als er kleiner war denn das sah definitiv nicht normal aus. Jetzt war alles vorbei mit mir. Aus und Ende. Cut! Mein Kopf verabschiedete sich von meinen restlichen Körperteilen und rollte wahrscheinlich irgendwo auf dem Schulhof herum. Eine geköpfte Claire. Verlegen kratzte er sich an seinem Hinterkopf ehe er seinen Mund öffnete und irgendetwas von sich gab. Ich für meinen Teil hatte kein Wort verstanden da ich, wie gesagt meinen Kopf verloren hatte, zu dem leider Gottes nun mal auch meine Ohren gehörten. Etwas verwirrt sah er mich an als er abermals ansetzte und sich vermutlich wiederholte, doch diesmal verstand ich was er von mir wollte: "Sorry, ich bin neu hier und wollte fragen ob du vielleicht weist in welchem Gebäude das Direktorat ist?" Nach kurzem überlegen nickte ich eifrig und antwortete mit einer schwachen Stimme: " Ja klar. Im Gebäude B. Ich muss da auch hin. Hab da jetzt Unterricht. Wenn du willst kann ich dich begleiten." Der Unbekannte nickte ebenfalls dankbar und reichte mir seine Hand. "Ich bin Anthony." "Claire."
Schweigend liefen wir in das folgende Schulgebäude und verabschiedete mich von ihm als er mir noch schnell hinterher rief: "Vielleicht sieht man sich ja wieder." Jedoch schenkte ich ihm nur ein ehrliches Lächeln und drehte mich um. Ja genau. Ich wusste dass wenn er auch nur einen Tag hier zur Schule ging, er nie wieder mit mir auch nur ein Wort wechseln würde. Er sah viel zu gut aus als das er mit einem kleinen Niemand wie mir abhängen würde, geschweige denn sich in der Öffentlichkeit mit mir blicken lassen würde.
Als ich die Gänge entlang lief hatte ich das ungute Gefühl beobachtet zu werden, also blickte ich über meine Schulter und sah in die grünen Augen meines Bruders. Sein Blick deutete darauf hin das es später ärger geben würde. Er sah sauer aus und irgendwie auch eifersüchtig?
Der Rest des Schultages verlief dann, zum Glück, relativ ruhig. Zumindest bis zur zweiten 20 minütigen Pause.
Ich saß, wie sonst auch jeden Tag auf einer abgelegenen Mauer auf der man über den kompletten Schulhof sehen konnte, mit meinem Pausenbrot in der einen und dem Mathebuch in der anderen Hand. Völlig vertieft in die Formeln die ich mir unbedingt einprägen musste, als ein Schatten sich über mich warf. Verwirrt blickte ich auf und sah- Nun ratet mal? Genau! Sah Anthony vor mir stehen. Mit seinem fetten unfassbar perfektem Grinsen auf den Lippen. "Na?" Noch immer sah ich ihn still an. "Kann ich mich setzen?" Nickend rutschte ich etwas zur Seite um ihm symbolisch mein OK zu geben. Er ließ sich neben mir nieder und fuhr direkt mit der nächsten Frage fort: "Du redest nicht sonderlich viel, was?" Mit hochgezogenen Augenbrauen versuchte ich mich zu verteidigen: "Ich rede wenn es nötig und angebracht ist." "Ach, und jetzt ist es etwa nicht nötig und angebracht?" "Doch. Deswegen rede ich doch auch gerade mit dir." Anerkennend nickte er. "Da hast du recht. Bei mir hat man auch garkeine Wahl. Würdest du nicht mit mir reden würde ich dich so lange nerven bis du es machst. Ich kann ziemlich nervig werden wenn ich will." Er sagte es als wäre es etwas gutes. Als hätte gerade ein kleines Kind damit geprahlt welch tolles neues Spielzeug es bekommen hatte. "So?" Anthony nickte. Mir wurde dieses Gespräch langsam extrem unnötig, weshalb ich mich wieder meinem Buch zuwendete. "Ich komm' aus Forxvill und bin mit meinen Eltern hierher gezogen." Überrascht sah ich ihn an. "Ich hatte dort auch mal gewohnt. Ist aber schon 'ne Weile her. Und-" Kurz überlegte ich ob ich ihn das wirklich jetzt schon fragen sollte, entschied mich aber dann es doch zu tun: "Und, wieso seid ihr hierher gezogen?" Er sah mich lange an ehe er ansetzte zu reden. Doch bevor er auch nur ein Wort herausbrachte unterbrach ihn die grässlich schrille Schulglocke. Mit einem Lächeln sprang er von der Mauer und drehte sich beim weggehen noch einmal kurz um. "Ich meld' mich bei dir, Claire."
Mit schwung warf ich meine Tasche in den unteren Flur und lief in die Küche wo Shane auf dem Esstisch saß und ein Browny aß. Verstohlen blickte ich mich in der Küche um und lief zu dem Backblech auf der sich noch mehr solch schokoglasierten Kalorienbomben befanden, ohne ihm auch nur einen Blick zu würdigen.
"Wer war das in der Schule?" erkundigte er sich. Etwas verwirrt antwortete ich frech, etwas zu frech schätzte ich mal.
"Niemand der dich Interessieren sollte."
Er ließ einmal kurz die Zunge schnalzen.
"Dein neuer Freund?"
Mit aufgerissenen Augen sah ich ihn an. Wie konnte er es wagen mich so etwas zu fragen? Wir hatten nie das beste Verhältnis zu einander und eigentlich müsste er wissen das, selbst wenn es stimmen würde, ich ihm das niemals gesagt hätte.
"Nein, und selbst wenn geht dich sowas nichts an!"
Angestrengt zog er seine Augenbrauen zusammen. Oh verdammt. Ellegant schwang er sich vom Tisch und lief in großen Schritten zu mir. Das wars dann wohl mit dem Browny. In Gedanken verabschiedete ich mich von dieser Köstlichkeit und widmete meine Aufmerksamkeit nun voll und ganz dem Typen vor mir.
"Ich bin dein Bruder! Ich denke das mich es sehr wohl was angeht mit wem und wann meine Schwester mit irgendwelchen Typen fickt!"
Nun stand er mit dem Gesicht direkt vor meinem. Seine Nasenspitze berührte fast die meine und sein heißer Atem strich über mein Gesicht. Die Nackenhaare stellten sich bei mir auf als er mir so nahe kam. Damals redete ich mir ein das es die Angst war welche mich so reagieren ließ, doch heute weis ich es besser.
Wir standen Minuten so und starrten uns einfach nur in die Augen. Seine Augen strahlten Smaragdgrün und ich fragte mich wieso ich nicht eine solch schöne Augenfarbe hatte. Verstört beobachtete ich ihn wie er immer näher kam. Was hatte er vor und wieso tat ich nichts dagegen?
Als aufeinmal jemand die Küchentür aufriss erschütterte es mich bis ins Mark und wir entfernten uns, rein instinktiv, von einander.
"Was ist denn hier los?" erklang die hohe Stimme meiner Mutter.
"Nichts."
Ich sah Shane an und fragte mich was da gerade passiert war, denn üblich war diese Situation gerade keinesfalls. Ich fühlte mich, auf unerklärliche weise, zu ihm hingezogen. Ein erschreckender Gedanke schlich sich in mein Gehirn und ich wollte es einfach nicht wahr haben was hier vor sich ging. Ich fühlte etwas nur was? Und das viel erschreckendere an der ganzen Sache war, dass ich das Gefühl hatte dass er das gleiche für mich empfand, doch vielleicht bildete ich mir das ja auch nur ein. Genau, es war alles nur Einbildung und es ist nichts passiert.
Garnichts...
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Sibling
RomansVielleicht sind es ja nur pubertierende Hormone. Doch, wieso fühlt es sich dann so echt an? Mein Name ist Claire und ich erzähle euch von meiner verstörenden, vielleicht auch kranken Geschichte. Zuneigung dem leiblichen Bruder gegenüber. Gefühle...