• Flucht während der Autofahrt •

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Ich trauerte. Trauerte um ein Leben welches ihm viel zu früh genommen wurde. Mit einer metallischen Kugel wurde es erloschen. Erloschen mit nur einem Fingerdruck. Eiskalt lief es mir den Rücken hinunter. Hektisch atmete ich ein und aus was zu folge trug das die Scheibe des Wagens beschlug. Nebel verschlung die geschlängelte Straße vor uns welche Anthony mit Xenonlichter zu bekämpfen versuchte. Dieses drücken in meiner Brust verstärkte sich. Mir jagte es Angst ein wie schnell ein solches Leben vergehen konnte. Ich fragte mich wie ein Mensch einen anderen eiskalt ermorden konnte. Was musste einem widerfahren sein um zu solch einer Tat zu greifen? Welch tiefen Hass musste in solch einem Lebewesen brodeln. Wie krank oder kaputt musste man sein um so etwas zu machen? Jemanden zu erschießen. Jemanden umzubringen. Einzelne Tränen flossen an meiner Wange hinunter. Die salzige Flüssigkeit sog sich in meine Poren meiner Haut um dann zu verschwinden. Tiefe Trauer machte sich in mir breit. Trauer und Reue. Ich bereute es. Alles bereute ich. Hätte ich kein Verhältnis mit meinem Bruder angefangen hätte Ralley mich nie erpresst, wäre ich nie abgehauen und hätte verhindern können das Ralley zu dieser Fabrik lief. Meine Mundwinkel verzogen sich nach oben als ich an den vielen Spaß dachte den ich mit ihm hatte. Die vielen unsinnigen Ideen die er hatte. All diese Lebensfreude die früher noch in ihm steckte. Er war ein guter Mensch. Frustriert wischte ich mir mit den Handrücken die Tränen vom Gesicht. Ich erinnerte mich an früher. Unsere beste Zeit unseres Lebens.

Flashback

Wild lachend rannten wir durch die dunklen Straßen während die Regentropfen in unser Gesicht peitschten. Zwei Lichtkegel erstrahlten hinter unserem Rücken als wir noch ein Gang hochlegten. Schier flogen meine Füße über den Asphalt, so schnell rannte ich. Links von mir erblickte ich Ralley der ebenfalls zu mir rüber schielte. Auch er hatte ein breites Grinsen auf den Lippen. Schnell ergriff er meine Hand und zog mich noch schneller mit. Genervt verdrehte ich meine Augen. Das er immer diese Machtspielchen machen musste. Meine Haare peitschten in der dunklen Nacht hin und her und meine Lungen brannten, doch trotzdem hielt ich nicht an. Auch Ralley sein Atem rasselte durch die Straßen, während er einen Gang runter schaltete und in einem normal menschlichen Tempo rannte. Die schweren Schuhsohlen unserer Verfolger knallten laut auf den nassen Boden und hin und wieder spritzte Wasser von den Pfützen an meinen Beinen hoch. Dunkel erstreckte sich der Anfang von dem Wald vor uns. Mit einem Lächeln rannten ich gerade darauf zu, in dem wissen gleich gewonnen zu haben. Wir sprangen über Äste, kletterten über kleine Gesteinsbrocken und umgingen Bäume, als es mich volle Kanne nach vorne haute. Mein Fuß war an einer hevorstehenden Wurzel hängen geblieben, was dazu führte das meine Hände sich tief in den verwurmten Matsch gruben. Angeekelt rappelte ich mich wieder auf und rannte den Berg vollens hoch. Immer langsamer wurde ich als ich Ralley an der Klippe sitzend auffand. Stöhnend ließ ich mich neben ihm nieder und ließ meine Füße in die Luft baumeln. Unser Atem wehte schwer mit dem Wind und der Schweiß tropfte nur so in Strömen.''Wir haben sie abgehängt.''
Ralley nickte. ''Ich weis.''
Still saßen wir in der Dunkelheit welche nur von dem Mond durchbrochen wurde. Vor unserem Blickfeld erstrahlten Kilometerweite Grünflächen, bestehend aus Bäumen und Wiesen. Das hier war der Lieblingsplatz von mir und Ralley. Er strahlte so viel Ruhe aus. Geborgenheit und Sicherheit. Als ich an unsere Aktion denken musste kicherte ich leise vor mich hin. Verdammt. Wie kam Ralley immer nur auf solche Ideen. Kopfschüttelnd sah ich zu ihm rüber als er mich an meinen Schultern an sich zog. Ihn interessierte es nicht das ich vermutlich von oben bis unten mit Dreck bedeckt war. Wahrscheinlich waren meine Haare schon total verkrustet von dem ganzen Schmutz. Selbst der Regen brachte es nicht fertig den Schlamm weg zu waschen. Fester drückte er mich an sein Körper als er leise, kaum merklich flüsterte: ''Ich hab dich gern, Claire.''

Nun war alles mit mir vorbei. Ich weinte. Erbarmungslos flossen Tränen über mein Gesicht. Laute Schluchzer erschütterten meinen Körper, welchen ich nach vorne gebeugt hatte. Im Moment dachte ich nicht daran das Anthony direkt neben mir saß und mich vermutlich total verstört musterte. Dachte sich wahrscheinlich was für eine Gestörte er sich da jetzt angelacht hatte. Mein innerstes schmerzte. Schmiss mich in ein Loch aus dem ich doch gerade erst noch hinaus gefunden hatte. Das Leben hatte es nicht gut mit mir gemeint. Ein Schlag nach dem anderen verpasste es mir. Was würde als nächstes kommen? Was würde mich abermals aus der Bahn werfen? Schwer atmend presste ich meine Stirn an das beschlagene Fenster und schloss meine Augen. Noch einmal blitzte das Bild, welches ich im Fernseher von Ralley gesehen hatte auf bevor ich erschöpft einschlief und mich mitten in den nächsten Alptraum stürzte.

» Wer bist du? «

» Anthony. Ein Klassenkamerad von Claire. «

» Wo seid ihr gewesen? «

» Wir brauchten eine Auszeit. «

» Leg sie in ihr Bett. «

Kurz darauf spürt ich weichen Untergrund unter meinem versteiften Körper ehe ich abermals in den Schlaf fiel.

SiblingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt