• Geschäftliche Dinge •

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Ein Glas nach dem anderen kippte ich in meine leere Hülle die aus Muskeln und Fleisch bestand. Ohne dem Wissen wieviel Alkoholintus sich schon in mir befanden. Zu schnell schüttete ich mir das Gift in den Körper als das es meine Leber abbauen könnte. Alles drehte sich und nur mit Mühe konnte ich mich auf meinem Barhocker halten. Ich wusste nicht wieso ich dachte das der Alkohol mir helfen könnte. Eigentlich verschlimmerte er nur meine Laune. Brachte mich dazu noch intensiver den Schmerz in mir zu fühlen. Es half nicht. Schaffte es nicht den Schmerz in mir zu ertränken, und dennoch trank ich weiter. Führte immer wieder das Glas zu meinem Mund um anschließend das bittere Zeug in mich zu gießen. Meine Augen fühlten sich geschwollen an. Mussten schon blutunterlaufen sein. Der Geräuschpegel war relativ gesenkt da um diese Uhrzeit nicht mehr viele Menschen in Bars waren. Mich umgaben entweder die vor lüstern verzerrten Gesichter der Vergewaltiger oder die Alkoholiker die halbtot in den Ecken hingen mit vollgekotztem Unterhemd. Die Frau hinter dem Tresen sah mich mitleidig an. Sie sah das ich nicht zu den vorhin benannten Kategorien gehörte. Dennoch wollte ich ihr Mitleid nicht. Von keinem wollte ich Mitleid. Es reichte das ich mich selber schon bis ins letzte Maß bemitleidete. Mir selber die Ohren vollheulte betrogen worden zu sein. Abermals schüttete ich mir die bräunliche pure Flüssigkeit des Glasinhalts in mich um dann anschließend vom Barhocker aufzustehen. Meine Beine knickten unkontrolliert zusammen weshalb ich mich am vor mir befindeten Tresen abfieng. Die Dame vor mir beobachtete mich mit hochgezogenen Augenbrauen als ich ihr das Geld vor die Augen knallte und ohne ein weiteres Wort Richtung Ausgang schwankte. In der Außenwelt angekommen sog ich die frische Luft in meine Nase um meine Übelkeit in Schach zu halten. Mit den Autoschlüsseln in der einen und dem Geldbeutel in der anderen Hosentasche torkelte ich die gottverlassenen nassen Straßen entlang. Zu spät bemerkte ich das es regnete. Als wenn Gott wüsste in welcher Stimmung ich mich befand. Mir wurde mal gesagt, das wenn es regnete, die Engel im Himmel gerade auf die Welt pissten. Jetzt erst verstand ich, wie sonst nie zuvor, was dieser Satz überhaupt bedeutete. Der Wind pfiff durch den abblätterten Putz der Häuser und riss die Tropfen des Regens in dessen Richtung. Zog mir eine Gänsehaut über meinen Körper. Dennoch frierte ich nicht. Ignorierte die Kälte welche versuchte in meinen Körper zu dringen. Ein seltsamer Ton erschien auf meiner Bildfläche und brachte meine Bluejeans zum vibrieren. Lange dauerte es bis ich verstand das dies mein Klingelton meines Handys war. An einer ergiblten Wand stütze ich mich mit einer Hand hab und versuchte mit viel Mühe das kleine schwarze Teil aus meiner Vordertasche zu ziehen. Kurz blinzelte ich über die überraschende helle die mir ins Gesicht strahlte als ich auf den grünen Knopf drückte. Möglichst verständlich, so gut es eben ging in meinem jetzigen Zustand, meldete ich mich an dem Hörer um dem anderen in der Leitung zu verstehen zu geben das ich mich am Ende des Handys befand. "Shane?", fragte mich die mir bis jetzt noch unbekannte Stimme. "Ja. Wer ist da?" "Toby, bruder man. Bist du besoffen?" Kurz ratterte es in meinem Gehirn ehe ich zu dem Namen auch das passende Profil finden konnte. Toby. Ein Freund von Ralley mit dem ich ein paar mal um die Häuser gezogen war. "Könnte man so sagen, ja." Meine Worte sprach ich sehr langsam aus um ja verständlich zu klingen. Am anderen Ende wurde es kurz leise ehe er weiter sprach: "Wo bist du?" "Keine Ahnung. In irgend' 'ner Straße. Wieso?"

Ein gequältes Stöhnen drängte sich in mein Ohr. "Ralley ist gerade bei mir." "Ja, und?"

Abermals gab er ein gequält verzerrtes Geräusch von sich: "Du verstehst nicht. Shane er- Also er...Naja, er hatte wieder was mit Leonardo zu tun und du weist mit Leonardo ist nicht zu Spaßen also bin ich zu der Fabrik und wollte nach ihm sehen. Du weist schon, die Lage durchchecken und so-" Es dauerte eine Weile um die viel zu schnell gesprochenen Worte auf mich wirken zu lassen. Mit gerunzelter Stirn lehnte ich mich mit dem Rücken an die kalte Mauer eines versüfften Hauses. Leonardo war ein großes Tier in meiner alten Stadt gewesen. Mörder, Dealer, Zuhälter, Vergewaltiger. Kurz gesagt: Ein Krimineller der hohen Sorte. "Und du willst mir was genau jetzt sagen?" Ein schluchzen erklang aufeinmal und sickerte in meine Ohrmuschel ein. Noch immer blieb es still in der Leitung. Ein dicker Klos bildete sich in meinem Rachen als ich mit zittriger Stimme wieder ansetzte zu reden: "Was ist passiert, Toby?" Nochmals schluchzte er gegen den Hörer. "Er ist tot, Shane. Er ist tot."

Im Pool zog ich meine Kreise, mit dem Ziel mich von Shane abzulenken. Noch 2 Tage, dann würde jeder wissen was zwischen uns passiert war. 2 Tage bis zur Deadline. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit meinen Armen drängte ich das Wasser an die Seite um mich mit dem Kopf über dem Wasserspiegel zu halten. Meine Haare hatte ich zu einem hohen Dutt zusammen gebunden um zu vermeiden sie nass zu machen. Immer wieder schwamm ich von der einen Seite zur anderen und wieder zurück. Was er wohl gerade machte? Ob es ihm gut ging? Saß er gerade mit Ralley laut lachend auf dem Sofa, nichts ahnend von seinem abgekartetem Spiel? Ich wusste es nicht und es brachte auch nichts darüber zu spekulieren und doch tat ich es. Zerbrach mir den Kopf über meinen jetzt Exfreund, woran ich auch noch selbst Schuld war. Ich trauerte einer Beziehung hinterher obwohl ich sie selber zerstört hatte. Ich war die Verantwortliche für diese Situation. Meine Schuld war es und die keines anderen, und jetzt musste ich eben mit den Konsequenzen leben. Ob ich wollte oder nicht. Ob es mich zeriss oder nicht. Ob es mein Herz brach oder eben nicht. Die tiefe Stimme Anthony's erklang in meinem Rücken als er sich an das Beckenrand setzte und seine Beine ins Wasser hielt: "Fleißig am schwimmen, was?" Ich änderte meine Richtung und schwamm geradeaus auf Anthony zu um mich dann zwischen seine Beine zu klemmen und meine Ellbogen auf seine Schenkel abzustützen. "Kalorien verbrennen, freien Kopf bekommen und sowas." Die Sonne strahlte in sein Gesicht und ließ seine Augen überirdisch aussehen. Ich war froh das dass Wasser mich abkühlte als er zu Grinsen begann. " Kann ich dich was fragen, Claire?" " Alles.", antwortete ich entschlossen. "Wieso hast du mit Shane Schluss gemacht?" Mich verblüffte die so plötzliche Frage. Ich hatte wirklich mit allem gerechnet, aber nicht mit dem. Verdammt, mich würde es weniger schockieren wenn er mich fragen würde wie cool es doch wäre wenn Godzilla Maschinengewähre als Hände hätte, was nebenbei bemerkt, ziemlich cool wäre. Vielleicht hätte ich erwähnen sollen das ich Anthony alles von mir und Shane erzählte, doch verbarg ich den wichtigen Fakt das Ralley ebenfalls davon wusste. Ich hatte mich schlicht und ergreifend nicht getraut es ihm zu sagen. Keine Ahnung was zu diesem Zeitpunkt in meinem Kopf vor ging doch brachte ich es nicht übers Herz. Ich würde mich schlecht fühlen. Hätte das Gefühl Ralley verraten zu haben, auch wenn dies kein Sinn ergab. War ja im Prinzip nichts neues. Mein ganzes Leben ergab kein Sinn. Naja, das hörte sich jetzt depressiver an als ich es eigentlich gemeint hatte. Bedacht wählte ich mir meine Worte aus. "Es fühlte sich nicht richtig an." Gelogen. Nichts hatte sich jemals so richtig angefühlt wie das mit Shane. Ich sollte mir das Lügen wirklich schleunigst wieder abgewöhnen. Das wird hier ja schon zur Gewohnheit. "Kann ich verstehen." Ihm in die Augen sehend nickte ich ehe ich mich neben ihm ebenfalls auf das Beckenrand hiefte. "Egal, Themawechsel", lächelte ich.

"Erzähl mir mehr von dir. Du weist so viel über mich." Fast schon zu viel. Anthony legte einen Arm um meine noch nassen Schultern und zog mich näher an seinen Körper. "Ich hatte einen großen Bruder, Matt. Er war 3 Jahre älter als ich. War mein großes Vorbild gewesen. Ich sah ihn als eine Art Held und wollte unbedingt so werden wie er. Er ist vor kurzem, naja. Er ist vor kurzem erschossen worden." Ich sog scharf die Luft ein. Verdammt. Er tat mir Leid. Es musste wirklich hart sein ein Familienmitglied verlieren zu müssen. Ich hatte das Glück noch nie solch Schmerzen durch zu machen. Allein wenn ich daran dachte das Shane einfach sterben würde...Eine Gänzehaut überzog meinen Körper. Das wäre schrecklich. Schrecklich wäre garkein Ausdruck dafür wie furchtbar das wäre. "Naja, aufjedenfall bin ich dann umgezogen. Hier her." Angestrengt zog ich meine Augenbrauen zusammen. Da konnte ich mich aber noch an etwas anderes erinnern. "Ich dachte du wärst mit deinen Eltern hier her gezogen?" Anthony schüttelte den Kopf. "Das war gelogen. Ich kenne meine Eltern nicht. Nun ja, ich bin im Heim aufgewachsen. Mit meinem Bruder zusammen." Hörte sich nach nicht so einer prickelnden Kindheit an. "Mit 18 bin ich dann aus dem Scheiss raus und zu meinem Bruder. Kurz danach war er- tot. Leonardo, ein Freund von meinem Bruder nahm mich dann auf. Ihm gehört auch das alles hier. Er zahlt dafür das ich so gut leben kann und im Gegenzug erledige ich Dinge für ihn." " Was für Dinge?" Er schielte zu mir hinüber bevor er weiter sprach: "Geschäftliche Dinge."

SiblingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt