• Stay •

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"Ich hätte da auch schon eine Idee wohin wir könnten." Überrascht sah ich ihn an. "So?" Er nickte, auf seinen Lippen ein vielversprechendes Grinsen. "Dir wird es dort gefallen." Mein Herz beschleunigte sich. "Worauf warten wir dann noch?"

Die Fahrt in Anthonys Wagen kam mir ewig vor. Immer wieder bogen wir in Straßen ein, fuhren durch verschiedene Städte bis wir an einer langen Landstraße ankamen. "Wann sind wir endlich da?", murmelte ich mit halb geschlossenen Augen und dem Kopf an die kalte Fensterscheibe gelehnt. "Bald." Frustriert seufzte ich und versuchte meine Augen wieder auf zu bekommen, was schwerer als gedacht war. Immer wieder fielen sie mir zu während wir durch die schier ewige Dunkelheit fuhren. Ich war müde. Wer würde es mir auch verübeln. Die vergangenen Tage beanspruchten viel Kraft. Weniger körperlicher als psychischer. Ein letztes mal verirrten sich meine Gedanken zu Shane, was er wohl gerade machte oder wie er sich fühlte, bevor ich in die tiefe Gerissen wurde. In die tiefe eines weniger friedlichen als gezwungenen Schlaf.

Ich verachtete mich. War geschockt wie ich die Hand gegenüber meiner eigenen Schwester erheben konnte. Sie schlagen konnte. Doch war ich auch verletzt. Bei ihren Worten, ihr kalter Blick, wie sie mir solch schmerzen antun konnte, mir, ihrem eigenen Bruder oder viel mehr, ihrem Freund. Sie riss etwas aus meiner Brust als sie mir sagte das jemand anderes sie anfassen durfte. Von ihrer süße schmecken durfte. Ihr Lust bereiten durfte.

"Ach fuck." Dieser Schmerz wurde von Minute zu Minute unerträglicher. Zerstörte mich und mein innerstes. War's das jetzt? War es ihr wirklich so egal wie sie es mir beibringen wollte? War alles was sie getan und gesagt hatte gelogen? Ich glaubte ihr nicht. Es wollte einfach nicht in mein Schädel hinein solch eine eiskalte Schwester zu haben. So kannte ich sie nicht. In solch ein Monster hatte ich mich nicht verliebt. Mitlerweile war der Gedanke mich in meine eigene Schwester verliebt zu haben ein ganz normaler. Es schreckte mich nicht mehr ab, hatte mich daran gewöhnt. Hatte mich daran gewöhnt sie anfassen zu können, sie lieben zu können. Kacke verdammte! So ging das nicht weiter. Ich konnte hier doch nicht verwahrlosen während sie ihren Spaß hatte. Ihren Spaß mit anderen Männern. Entschlossen löste ich meine Hände von meinen Haaren in die ich meine Finger gekrallt hatte und stand auf. Befreite mich aus meiner Starre. Schnell schnappte ich mir meine Schlüssel und lief nach unten aus der Haustür in mein Auto und starrtete den Motor. Als ich die Straßen entlang fuhr blitzten immer wieder Bilder vor meinem Auge auf. Als wäre ich in einer schlechten Soup.

Ihre Haare umspielte ihr so perfektes Gesicht, duftend nach Kokus. Sie roch immer danach und ich musste ungern zugeben das ich diesen Geruch liebte. Ihre weiche sanfte Haut wurde nur von dem sanften flatternden Lichtschein der Kerzen erhellt. Ließ sie zart und zerbrechlich wie Porzellan aussehen. Ihr Kopf lag zu einer Seite geneigt auf dem Bett, ihre Beine beide leicht angewinkelt. Sanft fuhr ich über ihren entblößten Körper und wanderte mit meiner Zunge über ihren flachen Bauch. Etwas zu flach. Abrupt hielt ich inne und schwebte über ihrem so kleinen Körper unter mir. "Shane?" Bedechtig schloss ich meine Augen und sog ihre liebevolle Stimme in mir auf. So sanft und zart. So unschuldig.

"Shane? Ist- Ist alles okay?" Diese Frau brachte mich um. Mein ganzer Körper wurde von Liebe erfüllt. Es schmerzte schon in meiner Brust soviel empfand ich für sie.

Mit einem Ruck zog ich sie runter zu mir, so das ich in ihr Gesicht blicken konnte. In ihre wunderschönen blauen Augen. Angespannt malte ich mit meinen Zähnen und spannte mein Kiefer an ehe ich meinen Kopf an ihr Hals senkte um anschließend ihre liebste Stelle zu liebkosen. Sie gab ein zufriedenes seufzen von sich ehe ich mit leiser Stimme die drei Worte flüsterte. "Ich liebe dich auch, Shane. Mehr als alles andere."

Stille Tränen sammelten sich in meinem Augenwinkel ehe ich sie mit einer Rückhand wegwischte, noch bevor sie den Weg hinunter fanden. Ein Scheiss liebst du mich. Hass machte sich in mir breit. Wut erfüllte meinen Körper und die Verzweiflung lies meine Hände am Lenkrad zittern. Nur der Motor brach die dunkle Stille in meinem Auto. Rettete mich davor hinab in die Trauer zu stürzen. Voller Wut drückte ich das Gaspedal voll durch und raste die unbeleuchteten Straßen entlang. Sah dabei zu wie die Bäume zu einer dunklen Mauer verschmolzen. Die selbe dunkle Mauer die sich gerade um mein Herz gebildet hatte und Claire war diejenige, die sie errichtet hatte.

"Claire, hey. Claire." Eine tiefe Stimme ertönte an meinem linken Ohr. "Claire, komm schon man. Wach auf." Mit einem knurren richtete ich meinen Kopf gerade ehe mich ein Stich in meinem Nacken durchfuhr. Wie lange ich wohl in solch einer unbequemen Stellung geschlafen hatte? Fragend sah ich in die eiskalten blauen Augen von Anthony. "Wir sind da."

Mit einem Lächeln auf den Lippen würgte er den Motor ab und öffnete seine Tür ehe er um das Auto lief um sie mir anschließend zu öffnen. "Na los, komm. Sieh's dir an!" Voller Begeisterung zog er mich aus dem bequemen Sitz und lief zusammen mit mir den steinigen Weg hinauf, an riesigen Tannen vorbei, rechts und links von uns eine gemähte Wiese, als ein Dach über den Kronen der Bäume davor hervor lugte. Wir beschleunigten unsere Schritte als meine Augen mir aus meinen Höhlen hervor zu fallen drohten. Ein riesiges Haus erstrahlte vor uns welches zu 80% aus Fenstern bestand. Es war kein normales 0815 Haus. Es hatte außergewöhnliche Baurichtlienien. Anders wie bei all den alltäglichen Häusern. Eine große Therasse erstrahlte davor mit großen Säulen rechts und links davon. "Na komm." Anthony zerrte mich weiter hinauf und schloss die Einganstür auf und drückte den Lichtschalter. Von innen sah es noch viel atemberaubender aus als von außen. Wände standen in der Mitte der Räume, rakten aus dem Grundgerüst raus. Eine moderne Küche mit einem riesigen Mahagoni Esstisch. Weiter links strahlte ein riesiges weißes Sofa mit unzähligen Kissen in dem Raum hervor, davor ein großer Plasamafernseher. Der komplette untere Geschoss wurde mit dunklen großen Fliesen gefliest die außergewöhnlich Warm schienen. Wie konnte Anthony sich so etwas leisten? Lächelnd sah er mich an und antwortete auf meine Frage ohne das ich sie gestellt hatte. "Meinen Eltern gehört es. Sie hatten es damals als Ferienhaus gekauft. Als ich ein kleines Kind war waren wir jeden Sommer hier. Jetzt mittlerweile war es schon eine halbe Ewigkeit her das ich hier war. Ich bin froh das ich den Weg noch wusste.", lachte er halbherzig. "Mary hatte es damals in Schach gehalten. Wie's aussieht tut sie es immer noch." Damit hatte er Recht. Nicht ein einziges Staubkorn flog in der Luft oder lag auf den Möbelstücken. Ich war so geflasht von der ganzen Situation das ich sogar Shane vergaß. Zumindest für diesen einen Moment. Ein Lächeln umspielte meine Lippen. "Und wie lange können wir hier bleiben?" Er zog mich an meinen Hüften an sich und umarmte meine Taille von hinten. "So lange du möchtest."

"Danke." Er drückte etwas fester zu und versteckte sein Gesicht in meiner Halsbeuge. "Nicht dafür babe."

SiblingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt