• Beichte •

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"Sorry, süße. Aber das muss jetzt einfach sein. Hör zu." Ein lautes knallen ertönte. "Jetzt hallt deine verdammte Fresse und hör mir zu! Ich weis von dir und Shane." Er lachte tief auf und beugte sich runter zu mir. "Und alle werden davon erfahren - außer du kannst mir 10 tausend Euro auftreiben. Claire, hörst du mich? Ich brauch 10 tausend in 3Tagen. Verstanden?" Eine Hand zerschnitt wie ein Messer die Luft und landete auf meiner geröteten, mit Tränen überströmten Wange. "3 Tage."

Wie in Trance stand ich von dem kalten Boden auf und lief seelenruhig meinen Nachhauseweg weiter. Er wusste es. Er wusste es! Mein Leben war vorbei. Das Leben von mir uns Shane war vorbei. Noch immer atmete ich unregelmäßig und die Tränen wollten einfach nicht aufhören meine Wangen hinunterzufliesen. Er wusste es. Mein ganzes Leben, alles was ich mir aufgebaut hatte schien zu zerbrechen. Es fühlte sich an als würde ich in einen tiefen Abgrund fallen, aus dem ich ohne Hilfe nicht rauskam. Nur wer konnte mir helfen? Niemand. Ach verdammt. Nicht mal Shane konnte ich es sagen. Mein Selbsthass zerfraß mich. Ich müsste ihm unter die Augen treten, ohne ihm etwas zu sagen. Ohne ihm zu sagen was ein Monster sein bester Freund war. Natürlich, vermutlich war er verzweifelt, doch das war ich auch! Wie sollte ich denn bitte 10 tausend Euro in 3 Tagen auftreiben? Was sollte ich meinen Eltern sagen? Die sengende Sonne strahlte auf meinen Schädel und erleichterte mir das denken nicht wirklich. Noch dazu pochte mein ganzer Körper von seinen Schlägen und die Müdigkeit zeigte sich in meinen Gelenken. Vorbei. Es war alles vorbei. Menschenmassen würden uns als krank abstempeln. Die Medien würden über uns berichten und der Ruf unserer Familie wäre zerstört. Meine Eltern würden uns verstoßen und Shane würde all seine Freunde verlieren. Wir könnten kein normales Leben führen. Es wäre aus. Aus und vorbei. Frustriert schlug ich mir gegen die Stirn. Wie konnten wir nur so dumm sein? So naiv? So furchtbar leichtsinnig? Es war mir von Anfang an klar das er uns gesehen hatte, jedoch wollte ich es nicht wahr haben. Ich verdrängte es einfach. Doch das hatte auch nichts geholfen. Im Endeffekt steckte ich in der selben Situation wie letztes Mal. Nur damals waren es nur Spekulationen. Dieses mal war es die nackte Realität die gerade dabei war mein Leben zu zerstören. Angestrengt kaute ich auf meiner Lippe herum. 10 tausend verdammte Euro. In verdammten 3 Tagen. Das war einfach nicht möglich! Wie verzweifelt musste er gewesen sein um mir das anzutun? Ich war seine Freundin! Was musste ihm widerfahren sein mir solch Qualen zu bereiten? Mein Leben gegen das von seines einzutauschen. Frustriert kickte ich einen Stein auf die Straße. Was sollte ich nur machen? Nach einem Ausweg suchend lief ich, den Blick auf den Asphalt gerichtet, die Straße entlang, ohne zu merken das ich verfolgt wurde. Eine Hand legte sich auf meine Schulter, woraufhin ich laut aufschrie und nach vorne sprang. Mein ganzer Körper bebte und meine Herz lief auf Hochtouren. Schockiert brach ich abermals in Tränen aus und ließ mich in Anthonys Arme fallen, der mich total verwirrt in diese schloss und mich an sein Körper presste. Nach Halt suchend klammerte ich mich an ihn, ehe mich ein weiterer Schluchzer erschütterte. Beruhigend strich er mir über den Rücken und drückte mich noch fester an sich. "Schht" Er wiegte mich sachte hin und her und ich wusste nicht wie lange wir hier standen. Ich wusste auch nicht wann ich aufgehört hatte zu weinen und seinem Herzschlag zu horchen, ich wusste nur das es mir gut tat. Auch wenn es mein Problem nicht aus der Welt schaffte. Ich konnte Shane einfach nicht davon erzählen. Das konnte ich ihm einfach nicht antun.

"Anthony, mir geht es nicht gut. Mir geht es wirklich nicht gut." schluchzte ich in seine Halsbeuge, woraufhin er mich fest an sich presste. Tief atmete ich seinen Geruch ein und bemerkte das er ganz anders roch als Shane. Er war einfach ganz anders als er. Als den Mann den ich eigentlich doch so sehr liebte. Den ich so sehr brauchte. Doch Zweifel traten tief in mir auf. Zerfraßen meine Seele. Wenn das alles nicht passiert wäre, wir unseren Trieben wiederstehen hätten, wäre das alles nicht passiert und ich wäre nicht in dieser Aussichtslosen Situation. Ich hätte mein erbärmliches einsames Leben weiter gelebt und die Tage gezählt endlich aus dieser Stadt zu verschwinden. Endlich in Freiheit zu Leben. Doch jetzt war es zu spät. Ralley wusste davon und er würde seine Drohung umsetzten. So gut kannte ich ihn. Nie hätte ich das von ihm erwartet. Nie hätte ich in Betracht gezogen das er mir so sehr in den Rücken fallen würde. Mir mein Herz raus riss. Er musste doch wissen was er mir damit an tat? Ihm musste doch klar sein welche Folgen sein Handeln haben würde. Jedoch sollte ich die Schuld nicht in ihm suchen. Er war nicht der Schuldige! Wir waren es! Oder besser, ich. Wenn ich früh genug stop gesagt hätte, wäre das nicht passiert. Dann müsste Ralley jetzt nicht diesen Schritt gehen und ich würde mich nicht an die Arme von Anthony klammern. Hätte, würde, wäre! Verdammt. Es brachte mich auch nicht weiter welche Fehler ich getan hatte. Es wae nunmal passiert und egal wie sehr ich mir den Kopf zerbrach, ich könnte es dennoch nicht rückgängig machen. So sehr ich es auch wollte. Gerade in diesem Moment bereute ich es. Zum ersten mal redete ich meine Fehler nicht schön. Jetzt war Schluss damit! Ich konnte und durfte mich selber einfach nicht mehr anlügen. Es war Zeit endlich Rückgrat zu beweisen und zu meinen Fehlern verdammt nochmal auch zu stehen! Trotzdem wusste ich das ich dass alles nicht allein schaffen würde. Ich meine, ich bin immernoch Claire. Die kleine süße, vielleicht auch naive Claire, die jetzt, mehr denn je, Hilfe brauchte. Die ich bei Anthony fand. Ich vertraute ihm. So sehr das ich überlegte ihm alles zu beichten. Doch ich hatte auch Angst. Angst vor seiner Reaktion. Angst davor das er mich verlassen würde. Mich alleine in der großen weiten kalten Welt ließ. Alleine mit meinem Problemen die ich nicht einmal Shane anvertrauen konnte. Könnt ihr mich verstehen? Ich konnte es ihm einfach nicht sagen. Wie denn auch?

Hey, Shane. Dein bester Freund weis von uns und erpresst mich jetzt. Aber ist keine große Sache, ihr könnt immer noch Kumpels bleiben. Ich krieg das schon hin.

Nicht mal ich glaubte mir das. Weder das mit dem 'ich krieg das alleine hin' noch das 'ihr könnt noch Freunde bleiben'. Natürlich war mir klar das ich dann mit ansehen musste wie die beiden eine auf dicke Hose machten und Bro's für immer blieben, doch dieses Opfer nahm ich in kauf. Für ihn und für sein Glück.

"Kannst du mir helfen, Anthony? Egal was, würdest du hinter mir stehen?"

Ich drehte mein Kopf in seine Richtung und musterte seinem Gesichtsausdruck. Versteinert sah er mich mit diesen eisig blauen Augen an. Nichts war aus seiner Mimik zu lesen. Es hätte alles sein können. Und genau das faszinierte mich so sehr an ihm. Lies mein Herz höher schlagen. Er war einfach so unberechenbar. Man konnte, egal wie lange und wie gut man ihm kannte, nicht aus seinem Ausdruck lesen. Aus seinem Verhalten wurde man einfach nicht schlau. Mit seinem Zeigefinger strich er meine nassen Wangen entlang und gab mir dannach einen Kuss auf die Stirn während er leise flüsterte: "Ich würde alles für dich machen, Claire." Dieser eine Satz genügte und ich brach meine Mauern. All die Sicherheitsvorkehrungen die ich in meinem innern aufgebaut hatte lösten sich und ich erzählte ihm alles. Von Anfang bis zum ende und er hörte mir gespannt zu. Nicht eine Grimasse verzog er. Als ich meinen Redeschwall beendete sah ich ihm abwartend an. Darauf gefasst das er jede Sekunde aufspringen würde, mich anschrie und mich alleine ließ. Davor hatte ich denke ich mal am meisten Angst. Alleine zu sein. Tief atmete er ein und wieder aus als er ansetzte zu reden: "Claire...

SiblingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt