Meinen Augen nicht trauend lief ich den Weg entlang und hörte bei jedem Schritt das sanfte knirschen der kleinen Steine die sich unter mir befanden. Am Ende des Weges spiegelte sich die untergehende Sonne in dem dunkelgrünen Wasser des riesigen Sees. Rund um den See herum befanden sich weiße verspielte Bänke und einen Pavillon der für besondere Anlässe genutzt wurde. Lichterketten wurden von Baum zu Baum aufgehangen und fingen an zu leuchten wenn es dämmerte. Meine Augen wanderten über die einzelnen Bänke, konnten jedoch keine Person feststellen die Anthonys Statur ähnelte. Das einzige was mir ins Auge fiel war eine ältere Dame die den Enten im Wasser Brotkrümmel entgegen warf während sie selbst auf eben diese saß. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen setzte ich mich auf eine einsam stehende Bank und beobachtete sie von der anderen Seite des Sees. Dieser Moment war einfach traumhaft schön und ich genoss die Stille und die innere Ruhe der dieser Ort ausstrahlte und all die Düfte die diese Pflanzen hier verbreiteten. Die Luft roch so sauber und rein. Nach einer gewissen Zeit konnte ich eine dunkel angezogene Person erkennen die in meine Richtung lief. Das musste Anthony sein. Das Pochen meines Herzens fing an zu straucheln und meine Beine fingen an unkontrolliert auf und ab zu wippen. Dadurch das die Sonne fast untergangen war und der komplette See nur von Lichterketten erleuchtet wurde fiel es mir schwer das Gesicht des Mannes zu erkennen, obwohl ich mir sicher war das es Anthony ist. Er ließ sich neben mir nieder und wandte sich in meine Richtung um. Interessiert versuchte ich sein Gesicht zu scannen woran ich jedoch kläglich scheiterte, da er seine Kapuze bis tief hinunter gezogen hatte.
Nervös knetete ich meine Finger durch und spürte das Blut in meinen Ohren pumpen. Angestrengt versuchte ich mir meine Worte vorzulegen ehe ich anfing zu reden: "Also, Anthony ich wollte mich für mein Verhalten entschuldigen dass ich dir gegenüber hatte. Es tut mir leid und ich hab wirklich keine Ahnung was da mit mir los war aber ich hoff wirklich das du mir verzeihst. Ich brauch dich nämlich. Ich brauche dich wirklich sehr."
Anthony starrte einfach nur geradeaus und nickte. Ich wusste nicht wie ich reagieren sollte und flehte ihn im Unterbewusstsein an etwas zu sagen. Irgendwas! Sein Atem wurde schwerer und ich fragte mich was mit ihm los war.
"Alles okey bei dir?"
"Ja." Kurz zuckte ich bei seiner Stimme zusammen. Sie Klang so kratzig und rau fast schon mechanisch. Wie von selbst legte ich meine Hand auf seinen Kopf und zog seine Kapuze hinunter. Ohne wiederstand zu leisten ließ er es zu, behielt seinen Blick jedoch gesenkt. Seine rabenschwarzen Haare standen in alle Richtungen ab und wirkten trotz allem sexy. Langsam schob ich meinen Zeigefinger unter sein Kinn und zwang ihn somit mich anzusehen. Scharf zog ich die Luft ein und wich zurück. Wer hatte ihm das angetan? Tränen sammelten sich in meinen Augen und wollten ausbrechen. Mir tat es weh ihn so zu sehen, so verletzt.
Langsam strich mein Daumen über seine Lippe an der sich verkrustetes Blut befand, weiter oben unter seinem Auge färbten blaugrüne Flecken seine Haut und noch weiter oben fand sich ein glatter Schnitt quer über seiner Stirn und Nase wieder. Was war nur passiert?
Ein trauriges Lächeln entstand auf seinen Lippen jedoch sprachen seine kalten blauen Augen für sich.
"Was ist passiert, Anthony?"
"Es sieht schlimmer aus als es eigentlich ist." Empört schüttelte ich meinen Kopf und wiederholte meine Frage.
"Was ist passiert?"
Mit hochgezogenen Schultern sah er wieder auf den See, der sich mittlerweile schwarz gefärbt hatte und einzelne punkte der Lichter sich darin wiederspiegelten. Die alte Dame war wohl schon vor geraumer Zeit gegangen da sich die Enten wieder auf dem kompletten See verteilt hatten. Mit gespitzten Ohren lauschte ich seiner Antwort. Als er nach einigen Minuten immer noch nichts sagte versuchte ich wieder die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. "Anthony?"
Kurz zuckte er unter meiner Stimme zusammen. Er musste wohl geträumt haben, über was wohl?
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Sibling
RomanceVielleicht sind es ja nur pubertierende Hormone. Doch, wieso fühlt es sich dann so echt an? Mein Name ist Claire und ich erzähle euch von meiner verstörenden, vielleicht auch kranken Geschichte. Zuneigung dem leiblichen Bruder gegenüber. Gefühle...