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Da Tony der Weg von Kalifornien nach New York definitiv zu lang mit dem Auto war, schnappte er sich umgehend einen seiner Anzüge und düste auch schon los. Er hatte nur vergessen aus dem Haus herauszugehen, bevor er seinen Anzug startete, also lassen wir das klaffende Loch in der Decke mal beiseite.

»Jarvis, wie lange dauert der Weg nach New York?«

»Voraussichtlich 20 bis 30 Minuten, Sir.«

»Na dann, volle Kraft auf die Schubdüsen.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, sauste Tony schon fast doppelt so schnell wie vorher über die Häuser hinweg.
Ein wenig lächeln musste er schon, er liebte seine Anzüge.
Sie waren ein Teil von ihm und das würde er nicht so einfach hergeben.


[...]


Endlich vor der Tür des Sanctums angekommen, wischte sich Tony noch kurz seine kleinen Tränen weg, die er im Flug vergossen hatte, da er über das immer noch stehende Avengers Hauptquartier geflogen ist, und klopfte etwas zögernd an der großen, schweren Tür.
Sie ging keine Sekunde später erstaunlich leise von selbst auf und der braunhaarige stolperte sofort ungeschickt hinein, ließ dabei seinen Helm fallen, den er gerade noch vom Kopf gezogen hatte.
Erst jetzt, wo er auf dem kalten Boden lag, bekam er richtig und mit einem Mal zu spüren, was er eigentlich mit sich selbst angestellt hatte.
Die Überanstrengung vom langen Flug ließ seinen ganzen Körper zittern, seine Augen brannten von den salzigen Tränen und natürlich von der Müdigkeit, außerdem war sein Verstand komplett vernebelt von den dröhnenden Kopfschmerzen, die er zugegebenermaßen schon den halben Flug hatte. Er drehte sich in seinem eisernen Anzug auf den Rücken, und versuchte vergebens seinen schweren Atem und sein pochendes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen. So konnte er sich doch nicht dem Zauberer zeigen.
»Jarvis...« Weiter kam er nicht, als ihm eine Welle von Übelkeit und Schwindel überkam und seine Augen, wie auch sein Gehör sich zu trüben schienen.
Tony sah als Letztes, wie ein paar orange-goldene Funken über seinem Gesicht herum sprühten, bevor er entweder einschlief oder in Ohnmacht fiel, das konnte er zu dem Zeitpunkt noch nicht sagen.

Ein wenig verwundert war Stephen ja schon, als er aus sicherer Entfernung beobachtete, wie Tony Stark zur Tür hinein purzelte und ein paar Momente später in Ohnmacht fiel.  Ein wunderschönes Schauspiel, wenn auch etwas traurig mitanzusehen.
Er wusste zwar nicht, warum Tony sich nach zwei Jahren endlich wieder blicken lässt, aber so herzlos war er nun auch nicht, dass er den völlig erschöpften und nebenbei auch noch ohnmächtigen Stark hier einfach so liegen lässt.
Also trug er ihn mithilfe seiner Magie auf das gemütlichste Sofa, das er im Tempel finden konnte und entledigte ihm dabei noch seinen rot-gold glänzenden Anzug, was zugegebener Maßen nicht gerade einfach war.

Weder Tony, noch Stephen hatte eine Ahnung, wie lange der eine schlief und der andere einfach nur dort saß, ins Leere starrte, Bücher las oder meditierte.
Erst als Tony mit einem Mal anfing leise zu wimmern, wurde Stephen hellhörig und ging langsam auf den immer noch schlafenden Körper zu.
Jetzt merkte er erst, wie schlimm der sonst so starke, gut aussehende Milliardär eigentlich aussah.
Tiefe Augenringe, blasse Haut, Schweißperlen auf der Stirn und zitternde Glieder.
Mitleidig starrte Stephen auf ihn herunter und kniete sich sofort besorgt neben ihn, als Tony wieder anfing zu wimmern und ihm eine Träne aus den verschlossenen Augen lief.
Zögernd legte der Doktor eine Hand an seine Wange und wischte die Träne mit dem Daumen vorsichtig weg, bevor er seine Arme verschränkte und diese langsam auf den Oberkörper von Tony legte, um ebenso seinen Kopf auf die Arme legen zu können, sodass er in das schlafende, erschöpfte Gesicht des braunhaarigen blicken konnte und nebenbei das gleichmäßig schlagende Herz unter ihm hörte.

Wie ich dich vermisst habe.
Schoss es Stephen durch den Kopf, was er daraufhin nur mit einem sanften Lächeln kommentierte.
Immer zu hatte er seine Gefühle für diese Berühmtheit ausgeblendet und eine Fassade gebildet, sodass keiner auch nur ahnte, was in ihm vor sich ging. Na ja, er hatte es bis vor zwei Jahren ja selbst kaum glauben können.
Letztendlich doch schwul, nicht bisexuell - wie er es erst dachte - dazu laut der Öffentlichkeit noch ein "Frauenheld" und gleichzeitig verliebt in den Mann, bei dem er keine Chance hatte und der ihn auch noch immer wieder wegstieß. Als wäre er ein Spielzeug.
Schrecklich, wie alles in ihm nach diesem einen Mann schreit, der ihn sowieso nicht beachtet, und vor allem ist es schrecklich, wie sich sein ganzes Herz zusammen zieht, wenn Tony ihm einen spaßig gemeinten, trotzdem irgendwie verletzenden Kommentar an den Kopf warf oder wie er ihn ansieht - als wäre Stephen aus Luft.

Siehst du mich denn nicht?
Verzweifelte er immer wieder in diesen Momenten, in denen Tony einmal durch ihn hindurch sah und den Hals über Kopf verliebten Doktor gar nicht wahrnahm. Sie waren keine Fremde, aber auch keine Freunde. Das hatte Stephen eigentlich nur sich selbst zu verdanken, da er ihn im Krieg mit Thanos und schon vorher eher von sich weggestoßen hat, als versucht hatte sich anzunähern. Ihm war klar, dass er keine Chance hatte bei einem glücklich vergeben Mann.
Als Tony vor zwei Jahren dann auch noch nach Kalifornien verschwunden war, um seine Villa am Malibu Point wieder zu errichten, direkt nach dem Krieg um die Infinity Steine, hatte es Stephen ziemlich mitgenommen und viele seiner Freunde haben in dieser Zeit erfolglos versucht ihm zu helfen, ohne zu wissen, was eigentlich los war.

Und jetzt kreuzt er einfach so wieder hier auf.

Vorsichtig strich er Tony eine braune Strähne aus dem Gesicht und lauschte weiter dem ruhigen Herzschlag. Während er sich voll und ganz auf das gleichmäßige Heben und Senken von Tonys Brustkorb fixierte, auf dem er immer noch halb drauflag, bemerkte er nicht, wie der Schlafende langsam seine schweren Augen öffnete.
Sofort stolperte Stephen einen Schritt zurück, als er realisierte, dass Tony von nun an alles mitbekam, und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, nur um sich kurz zu sammeln und mit der gleichen Gleichgültigkeit wie schon vor zwei Jahren auf den langsam wach werdenden Tony heruntersah.

»Wie... Wie lange habe ich geschlafen?« Tony wusste nicht genau, ob er es jetzt geträumt hatte, oder ob es Realität war, dass Strange noch vor wenigen Sekunden mit seinem schlafenden Ich gekuschelt hatte. Er hielt sich mit schmerzerfülltem Gesicht den vor Schmerz pochenden Kopf und setzte sich langsam auf.

»Sechs Stunden und 43 Minuten.«

𝘥𝘰𝘯'𝘵 𝘺𝘰𝘶 𝘬𝘯𝘰𝘸 ᶤʳᵒᶰˢᵗʳᵃᶰᵍᵉWo Geschichten leben. Entdecke jetzt