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Diesen einen Tag haben die beiden die ganze Zeit zusammen verbracht, sodass sie am Ende des langen Tages viel voneinander kennengelernt haben und sich nun besser verstanden als je zuvor. Nachdem Tony Stephen das Haus gezeigt hatte, haben sie Stephen ein vorübergehendes Zimmer eingerichtet. Es war direkt gegenüber Tonys riesigen Schlafzimmers mit der großen Fensterwand und dem begehbaren Kleiderschrank.
Am Ende des Tages kam es beiden so vor, als ob sie sich schon ewig kannten, obwohl sie gerade mal einen Tag richtig miteinander verbracht haben. Die beiden mochten sich vermutlich nur deshalb gegenseitig, weil sie irgendwie die gleichen Charakterzüge hatten und sich ein wenig an sich selbst erinnerten. Ob das immer so gut war, sei mal dahingestellt.
Vor allem aber hatten sie den gleichen Humor, und das machte schon ziemlich viel aus.
Zu Tonys Erstaunen war Stephen so nett und liebevoll im Umgang mit ihm, das er sich fragte, ob der Zauberer hier nur eine Show aufsetzte um ihm zu Helfen oder im Privatleben wirklich so war.

Doch schließlich war es am frühen Nachmittag zum ersten Mal so weit.
Tonys erster Mental Breakdown seit gestern Abend als er Löcher in die Wand geschlagen hatte. Er brach in seiner Werkstatt, als Stephen gerade im Sanctum etwas klären war, kläglich zusammen und nicht einmal Jarvis' ausführliche Erklärung, was für Folgen es haben könnte, wenn er jetzt die Wand mit seiner Faust zertrümmerte - oder anders herum - hatte es geschafft ihn davon abzubringen.
Sogar Dum-E, der die Zerbombung des Hauses so halbwegs überlebt hatte, wollte irgendwie helfen, jedoch war der einzige der Tonys Wut und Trauer in diesem Moment besänftigen konnte, kein anderer als Stephen, der im rechten Moment durch ein Portal wieder zurückkam, nur um sofort den schluchzenden, auf dem Boden kauernden Tony in seine Arme zu ziehen. Selbst als er den Größeren zurückstieß und sich verkriechen wollte, ließ Stephen nicht locker. Selbst als Tony mit schwacher Stimme schluchzend »Bitte geh weg.« In Stephens Schulter murmelte, ließ er ihn nicht los.
Denn diese halbe Stunde, in der Stephen verschwunden war, war der einzige Moment an diesem kompletten Tag, in der Tony wirklich richtig traurig gewesen war, obwohl diese Zwischenfälle eigentlich häufiger vorkamen, wenn er alleine war. Das war, auch wenn es nicht so aussah, ein riesiger Fortschritt.
Den Rest des Tages hatte Stephen ihn so gut abgelenkt und sie hatten so viel gelacht das Tony seine Probleme einfach mal vergessen konnte und von außen hätte man wirklich meinen können sie wären alte Freunde.
Anfangs war es Tony immer noch sehr unangenehm, wenn Stephen ihn so schützend und liebevoll umarmte oder ihn generell so traurig und schwach sehen musste, doch auch das verflog nach einer gewissen Zeit schnell wieder. Nicht am ersten Tag, auch nicht am zweiten oder dritten. Nicht einmal nach einer Woche hatte er sich daran gewöhnt doch irgendwann kam der Tag, an dem er sich heulend in Stephens Arme schmeißen konnte, ohne jegliche Scham zu spüren.

Es war tief in der Nacht als Tony wegen eines schlimmen Albtraumes erwachte und daraufhin kleinlaut in Stephens Zimmer hereinplatzte. Zu seiner Verwunderung lag Strange hellwach in seinem vorübergehenden Bett und ging sofort mit besorgtem Blick auf den kleineren zu, welcher still vor sich hin weinend in der Tür stand.
»Wie willst du das eigentlich anstellen, das ich Peter hinter mir lassen kann?« Seufzte Tony mit einer Mischung aus Verzweiflung und Sehnsucht in der Stimme, nach dem toten Jungen, den er geliebt und geschützt hatte wie einen eigenen Sohn.
»Du sollst ihn weder hinter dir lassen noch ihn vergessen.« Stephen wählte seine ruhigen Worte mit bedacht und stellte sich direkt vor den traurigen Stark, um nach dessen Hand zu greifen und mit seinen beiden zu umschließen.
Kurz starrte er auf die sich gegenseitig umarmenden Hände herunter und spürte sogar durch die Handschuhe hindurch, wie angenehm sich die Berührung anfühlte.
»Du sollst seinen Tod einfach... lernen zu akzeptieren. Ich denke ich kann dir auch nur helfen, wenn du dir wirklich helfen lassen willst und dich mir versuchst zu öffnen.« Er deutete damit indirekt auf Tonys Versuch am Nachmittag hin, Stephen von sich wegzustoßen.
»Das ist nicht so einfach, Strange. Hast du schonmal in den Armen eines Fremden geweint? Es fühlt sich einfach komisch an.« Seufzte Tony schwer und bemerkte nicht, dass das, was er gerade gesagt hatte, echt unsensibel war. »Wir sind doch keine Fremde.« Meinte Stephen leicht empört. »Ach, du weißt, was ich meine.« Murmelte Tony leise und lehnte sich auf das eiserne Geländer.
Sie standen beide auf dem kleinen Vorsprung, der über die hohe Klippe hinausragte auf welcher Tonys Villa stand, sodass sie in das tief schwarze, ruhige Meer unter sich blickten und den ebenfalls pechschwarzen, mit tausenden funkelnden Sternen gesprenkelten Himmel zusammen mit dem hellen, silbrig glänzenden Vollmond in der Wolken leeren Nacht über sich beobachten konnten.

Es war Stephens Idee hier hinzugehen, nachdem Tony völlig erschöpft von dem Albtraum bei ihm vor der Tür stand.
Manche Sterne funkelten rosa, die einen blau, die anderen gelb oder weiß.
Der Moment war fast magisch für Stephen, der die unterschiedlich hell leuchtenden Sterne in Tonys dunklen Augen aufblitzen sah und sich stark zurückhalten musste, nicht über den wunderschönen Mann vor ihm sofort herzufallen.
Während Tonys Augen die vielen funkelnden Sterne in sich trugen, reflektierten Stephens Augen den unglaublich hell leuchtenden Mond, sodass sie noch heller und noch hellblau bis hellgrün leuchtender wirkten als sonst schon.
Allgemein fand Tony die Augen seines Gegenübers sehr faszinierend.
Man konnte immer wieder hineinsehen und jedes Mal konnte man etwas Neues in ihnen entdecken. Vor allem die Farbe war beneidenswert.

Das einzige, was ihnen in dem Moment Licht spendete, war der Arc-Reaktor, der hellblau leuchtend aus Tonys Brust heraus die beiden in ein angenehmes Blau einhüllte.
Obwohl nur ein paar Sekunden vergangen waren, fühlte es sich wie etliche Minuten an, in welchen die beiden einfach nur so da standen und sich ansahen.
Gerade als Tony aus Langeweile alle Sterne in Stephens Augen gezählt hatte, schüttelte dieser den Kopf und schauderte kurz, vermutlich wegen der nächtlichen Kälte.
»Ich werd' versuchen mich zu öffnen, versprochen.« Meinte Tony nur mit einem Hauch von Hoffnung in der Stimme und zog seine Hand wieder zurück, welche sofort einen Hauch von Kälte abbekam.
»Lass uns... lass uns hereingehen.« Murmelte Stephen mit erstickter Stimme und bekam ein eher abwesendes Nicken zurück. Tony war gerade dabei sein Gefühlschaos zu sortieren als er im Augenwinkel sah wie Strange an seinen Handschuhen herumzupfte und bedrückt auf seine Handrücken starrte.
Da er gerade weniger Lust hatte zu reden, wendete er seinen Blick einfach wieder ab, tat so als hätte er nichts gesehen und starrte einfach auf den Boden vor seinen Füßen. Stephen blinzelte einmal zu dem braunhaarigen rüber und erschauderte schon fast als er dessen Blick wahrnahm.
Eben noch so voller niedlicher Zerbrechlichkeit, Zärtlichkeit und Wärme und nun wieder leichte Arroganz und nichts als rauer Kälte.

Und doch musste Stephen heimlich grinsen.
Er kannte diese Maske aus Arroganz und Ignoranz nur zu gut.
Er hatte sie ja selbst noch vor ein paar Jahren getragen, um die Außenwelt bloß nicht durch ihn hindurch blicken zu lassen. Sie tat seiner Karriere als Neurochirurg gut, ob sie das auch als Meister der mystischen Künste tat, wusste er nicht.
Nichtsdestotrotz hat diese Person neben ihm es geschafft das er seine Gefühle freien Lauf ließ, was niemals hätte passieren sollen.
Und das nur an einem einzigen Kriegstag vor zwei Jahren während ein großer violetter Verrückter ein paar Steinchen einsammelte, um seine Kollektion zu vervollständigen.
Auf einem fliegenden Donut mit einem Minderjährigen Spinnenjungen...

Was zum Teufel?

𝘥𝘰𝘯'𝘵 𝘺𝘰𝘶 𝘬𝘯𝘰𝘸 ᶤʳᵒᶰˢᵗʳᵃᶰᵍᵉWo Geschichten leben. Entdecke jetzt