Three Days [Girl X Girl]

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POV Julie

Tag 1 | 15:12 Uhr

Was, wenn sie wütend auf mich war, weil ich zu nervig war? Oder wenn sie nur aus Mitleid Zeit mit mir verbrachte? Vermutlich hasste sie mich insgeheim, wollte es mir nach den heutigen Erlebnissen aber nicht so direkt sagen. Immer tiefer verrannte ich mich in meine Gedanken. Sie konnte mich nicht mögen. Sie war das Badgirl der Schule. Sie hasste mich, ganz sicher. Ich spürte, wie Tränen sich in meinen Augen bildeten. Nein, ich konnte jetzt nicht weinen. Nicht vor ihr. Dann würde sie mich noch schwächer finden. Das wollte ich nicht. Ich wollte ihr nicht noch mehr Angriffsfläche bieten.

"Julie, ist alles okay?" hörte ich plötzlich eine Stimme. Sie klang weit entfernt, aber ich merkte, wie viel Fürsorge in diesen Worten steckte. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung. Ein, aus. Ein, aus. Nach ein paar Sekunden war ich wieder in der Realität angelangt. Alice stand vor mir und sah mich besorgt an.

Als ich begriffen hatte, dass sie es war, von der die Worte kamen, beruhigte ich mich ein wenig und nickte leicht. Sie drückte meine Hand kurz etwas fester und lächelte mich an. Dieses Lächeln beruhigte mich. So würde man niemanden ansehen, den man hasst. Vermutlich zumindest. Vielleicht war es für Alice auch anders, ich hatte schon viele Gerüchte über sie gehört. Aber in diesem Moment erschienen mir diese Gerüchte absolut irrsinnig. Sie wirkte mir eigentlich wie ein sehr gutes Mädchen. Warum sollte sie all diese Dinge, die ich über sie gehört hatte tatsächlich getan haben? Auf der anderen Seite kommt so ein Badgirl Status auch nicht einfach so. Ich beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Aber nicht jetzt, jetzt hätte ich wichtigeres zu tun.

"Wollen wir weiter?" fragte ich sie und lächelte zurück. Alice nickte und lief weiter, ihre Hand behielt sie bei meiner. Doch plötzlich fiel mir noch etwas ein, dass ich gerade in meinem Wahn total vergessen hatte. "Wieso wohnt Lucas eigentlich in einer so riesigen Villa?" fragend sah ich das Mädchen neben mir an. "Sein Vater war ein ziemlich bedeutender Politiker. Er redet allerdings selten über seine Familie, weshalb Lucas nie wirklich in die Medien gerückt wurde." erklärte sie und ich staunte. Politiker? Welcher Politiker? Ich beschloss jedoch, nicht weiter nachzufragen. Es ging mich vermutlich nichts an, zumal ich Lucas kaum kannte.

Nach kurzer Zeit kamen wir an eine Sackgasse. Verwirrt sah ich Alice an. Was wollte sie hier? Es gab keine Tür oder ähnliches, nur ein Bücherregal, welches bis an die Decke reichte. Doch Alice griff zielstrebig nach einem der Bücher ganz rechts. Sie wollte es herausziehen, aber anstatt dass sie das Buch nach dieser Aktion in der Hand hielt bemerkte ich, wie sich das Bücherregal bewegte. Hinter dem Regal erschien ein weiterer Raum.

"Ich dachte, so etwas gibt es nur in Filmen!" staunte ich. Leicht lächelnd schüttelte Alice den Kopf. "Das Konzept wurde sogar schon einmal so verbaut. Kennst du die Geschichte von Anne Frank? Sie war ein Mädchen, welches sich mit ihrer Familie hinter so einer ähnlichen Konstruktion versteckt hatte." erklärte sie mir. Ich nickte, Anne Frank hatten wir mal in Geschichte, wie mir jetzt wieder einfiel.

Alice betrat den dunklen Raum, ich folgte ihr.