POV Alice
Tag 3 | 12:34 Uhr
Wütend schlug ich auf meinen Boxsack ein. Warum? Warum gerade jetzt? Hätte dieses Arschloch sich nicht wann anders melden können?
Ich spürte die Erschöpfung in meinem Körper, aber ich wollte noch nicht aufhören. Nicht, bevor ich meine Wut nicht abgebaut hatte. Trotzdem stoppte ich irgendwann, als die Knochen an meinen Händen anfingen, zu schmerzen. Meine linke Hand pochte schon die gesamte Zeit unangenehm, da sie noch von Freitag etwas verletzt war. Das war mir allerdings egal gewesen. Als jetzt jedoch auch meine rechte Hand weh tat, musste ich wohl oder übel pausieren.
Ich war wirklich froh über diesen Boxsack, eines der einzigen guten Dinge in diesem Haus. Mir war klar, dass ich auch mit zu Lucas hätte gehen können, aber jetzt wollte ich wirklich lieber alleine sein. Ich lief ins Bad und spritzte mir Wasser ins Gesicht, was mich wieder ein wenig frischer wirken ließ.
Der menschliche Körper war erstaunlich. Obwohl ich die Nacht vielleicht 3 Stunden geschlafen hatte, und das nur wirklich unruhig, und die letzten beiden Stunden fast ohne Pause geboxt hatte, war ich nicht müde. Erschöpft ja, aber nicht müde. Eher das Gegenteil war der Fall.
Ich konnte keine Ruhe finden, jedes Mal, wenn ich es versuchte, hatte ich wieder dieses Bild im Kopf. Julie, wie sie mich verletzt ansah. Wie sie mit den Tränen kämpfte, fassungslos über meine Worte. Ich war unglaublich wütend auf mich selbst, aber das war die einzige Möglichkeit, sie auf Abstand zu halten. Ich konnte sie nicht da mit rein ziehen. Die Gefahr, dass sie verletzt werden würde, wäre viel zu groß. Nein, das dürfte ich nicht zulassen. Ich konnte sie nicht verlieren, nicht so.
Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich mich langsam fertig machen sollte. So sprang ich unter die Dusche, duschte so schnell wie möglich, zog mir meine Sportkleidung an und föhnte mir noch die Haare. Diese band ich zu einem möglichst engen Zopf. Dann machte ich mich auf den Weg, im Flur griff ich noch nach meiner Tasche und zog mir eine dünne Jacke über. Die Motorrad-Schlüssel ließ ich hier, ich würde lieber laufen.
14:32 Uhr
Es war ein weiter Fußmarsch, bis ich ankam. Eine große Lagerhalle, von außen sah sie leer aus. Doch das war sie ganz und gar nicht, dessen war ich mir bewusst. Ich drückte die schwere Eisentür auf, wie ich es schon viel zu oft getan hatte. Drinnen war es dunkel, man konnte nur wenig erkennen. Ein langer Gang ohne Fenster führte tiefer in das Gebäude. Links und rechts waren in kurzen Abständen immer wieder Türen, die meisten verschlossen. Unter einigen Türspalten strahlte Licht hervor, aus einigen erklangen auch Stimmen. Alles war genau so wie früher.
Langsam schlich ich durch die Gänge. Ich wusste nicht einmal, wieso ich so vorsichtig war, jeder kannte mich und vermutlich wussten die meisten, dass ich heute hier war. Trotzdem blieb ich vorsichtig, man konnte nie wissen, wer sich hinter den Türen verbarg. An einer Tür weiter hinten blieb ich stehen und atmete durch. Kurz überlegte ich, wieder umzukehren, so dämlich diese Entscheidung auch wäre. Dann schüttelte ich den Kopf. Ich musste an Julie's Worte zurück denken: "Letztendlich ist jeder für sein Schicksal selbst verantwortlich." Ich musste das tun, auch wenn ich es absolut nicht wollte. Also klopfte ich an. Ein raues "Herein." ertönte und ich öffnete vorsichtig die Tür.
"Soso, meine schwarze Rose. Du bist also gekommen um deine Schulden zu begleichen."

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Three Days [Girl X Girl]
RomanceIst es möglich, sich in drei Tagen zu verlieben? Julie hat nie an so etwas wie Liebe auf den ersten Blick geglaubt. Doch ein Morgen sollte alles verändern. Alice ist das Badgirl der Schule. Eine Rebellin, die sich nur mit ihrer Gang abgibt. Bis ihr...