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POV Alice

Tag 2 | 18:42 Uhr

"Wie wäre es hiermit?" Fragend sah ich Julie an, in meiner Hand ein dunkelgrünes Kleid, welches mich an ihre smaragdgrünen Augen erinnerte. Ich war wirklich verwundert, dass Julie's Mum derartige Kleider hatte. Viele davon passten viel eher in den Kleiderschrank von einer Jugendlichen als den einer Frau, die bereits zwei Kinder hat. Sollte ich Julie fragen? Ne, Menschen hatten schließlich einen unterschiedlichen Geschmack.

Dann wurde ich von der kleineren aus meinen Gedanken gerissen. "Das sieht gut aus! Und ich hab noch nie gesehen, dass meine Mutter das getragen hat. Merkwürdig." sie schnappte sich das Kleid und verschwand in einem Raum nebenan, vermutlich ein Badezimmer. Hm, eigentlich schade, dass sie sich nicht hier umzog. Moment, was? Ich sollte wirklich nicht so denken. Ich war kein Beziehungsmensch. Nicht, weil ich nicht wollte, nein, definitiv nicht. Aber ich konnte nicht. Ich war-

"Alice, hilfst du mir mal?" ertönte Julies Stimme und unterbrach damit meine Gedankengänge. Ich drehte mich um und entdeckte sie an der Tür stehen, mit dem Rücken zu mir. Der Reißverschluss ihres, okay, eigentlich nicht ihres, Kleides war fast komplett offen, man konnte einen Großteil ihres Rückens sehen. Erst als ich näher trat, fiel mir eine feine Linie an ihrem Rücken auf. Vorsichtig legte ich einen Finger auf die Linie, welche direkt entlang ihrer Wirbelsäule lief. Das Mädchen vor mir zuckte leicht zusammen, als ich die Narbe berührte.

"Darf ich fragen, woher die ist?" fragte ich in einer, für meine Verhältnisse wirklich sanften Stimmlage. Sie nickte, ich vernahm ein leichtes Lachen von ihr. "Ich bin mir immer noch nicht sicher wie ich die Geschichte einordnen soll. Damals fand ich es ziemlich schlimm, aber mittlerweile... In der Grundschule gab es einen Jungen, der mich nicht leiden konnte. Ich weiß nicht, wieso, ich hab ihm nie was getan. Aber er hat mich gehasst. Wie waren beide nicht sonderlich beliebt, deswegen hat sich nie jemand anderes um unsere Streitereien gekümmert. Das ganze hat sich immer mehr hochgeschaukelt, bis er mich in der 4. Klasse auf einem Klettergerüst angegriffen hat, weil ich vor ihm rutschen wollte. Ich bin schlecht aufgekommen und mehrere Wirbel sind gebrochen. Das ganze konnte wieder repariert werden, aber mir ging es in der Zeit danach nicht sonderlich gut."

Ich stand immer noch hinter ihr, unsicher, wie ich reagieren sollte. "Scheint ein ziemliches Arschloch zu sein." Julie nickte. "War er damals und ist er immer noch. Hab letztens gehört, dass er mittlerweile regelmäßig in irgendwelche Verbrechen verwickelt ist. Hab nichts anderes erwartet." Ich zuckte mit den Schultern. "Manchen Menschen scheint es vorbestimmt zu sein, auf die falsche Bahn zu geraten."

"Das glaube ich nicht. Jeder macht eigene Entscheidungen, auch wenn man von der Umwelt vielleicht beeinflusst wird. Letztendlich ist jeder für sein Schicksal selbst verantwortlich." meinte Julie ruhig, ich konnte darauf nichts mehr antworten. Dann fiel mir auf, dass sie immer noch mit offenem Reißverschluss vor mir stand und ich schloss diesen endlich. Sie drehte sich zu mir um und ich ließ meine Augen nun genauer über ihren Körper schweifen.

Das Kleid war smaragdgrün, knielang und wirkte unglaublich leicht. Das Oberteil war aus Spitze und ein schwarzer Gürtel trennte es vom Rock. Ich hatte keine Ahnung von Kleidern und mochte auch eigentlich keine, aber Julie beeindruckte mich wirklich. "Du siehst echt toll aus!" sagt ich begeistert, woraufhin Angesprochene betreten zu Boden blickte. Wurde sie gerade etwa rot? Niedlich. "Danke." murmelte sie dann.

Leicht lachte ich. "Du solltest selbstbewusster werden, Julie. Du bist ein wundervolles Mädchen, weißt du das? Dazu musst du stehen." meinte ich lächelnd. "Ach was, ich bin eigentlich ziemlich durchschnittlich." versuchte Julie sich zu rechtfertigen. Ich schüttelte den Kopf. "Du bist toll, Rehlein. Und jetzt komm, wir wollen schließlich noch auf den Ball."

So machten wir uns auf den Weg.

Three Days [Girl X Girl] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt