psycho

83

[Taehyung]

Sanft strich mir der ältere über den Rücken, der sich ungleichmäßig hob und senkte. Er wartete auf eine Antwort auf seine gerade gestellte Frage, aber ich hingegen wusste überhaupt nicht was ich ihm sagen sollte.
Die Wahrheit auf alle Fälle nicht. Namjoon war nämlich schon immer einer dieser Typen, die alles klären und nur das Beste wollten. Dies geschah aber in 99% der Fälle in einem echt peinlichen Weg, der meistens einfach alles nur noch schlimmer machte.

Weiterhin grübelte ich nach einer Antwortmöglichkeit die sich wenigstens etwas glaubwürdig anhörte, aber mein Kopf war in diesem Moment mit zu viel Trauer und Wut gefüllt sodass ich einfach keinen Plan hatte.
Dies brachte Namjoon neben mir zum stutzen. Seufzend fuhr er sich durch seine Haare, was er immer tat wenn er nachdachte.

„Du hast dich mit Jungkook gestritten, richtig?“, fragte er mit ruhiger Stimme und ich nickte langsam, wofür ich mich hätte selbst schlagen können.
War das nicht genau das was ich vermeiden wollte; ihm die Wahrheit sagen?
Sicherlich wäre mir eine plausible Erklärung eingefallen, zum Beispiel dass ich einfach einen schlechten Tag hatte oder so, aber so dumm wie ich war konnte ich Dinge einfach nicht für mich behalten.

Nun war ich also in einer Situation die ich eigentlich vermeiden wollte. Sicherlich würde Namjoon mich jetzt gleich zu Jungkook zerren und uns mit seinem stundenlangen Gerede umstimmen wollen.

„Wusste ich's doch.“, kam es dann von ihm und schon zog er mich nach oben.
„Wir werden das klären, komm Kleiner.“

Keine drei Sekunden später zog er sich seine Jacke über, die zuvor über der Couchlehne so friedlich gelegen hatte und machte mir mit seinem Blick Weiß ich solle mitkommen.
Doch genau dies wollte ich eben nicht.
Ich hasste es wie die Pest mich genau nach einem Streit auszusprechen. Manche Leute würden es feige nennen, aber ich tat es nunmal viel lieber übers Handy.

Immerhin war ich noch nicht mal Schuld. Jungkook war es eben gewesen, der dieses Mädel angesprochen und mit ihr rumgeknutscht hatte. Bei dem Gedanken wurde mir malwieder übel zu Mute.
Wie aus dem Nichts spürte ich wie sich Wut in mir ausbreitete. Aber nicht wie das letzte Mal. Diese war viel größer und brachte jede Pore an meinem Körper zum kribbeln, was mich anspornte aufzustehen.

„Nein!“, rief ich mit fester, fast schon aggressiver Stimme und konnte noch nicht mal etwas dagegen tun.
Der silberhaarige zuckte leicht zusammen und sah mich verwundert an. „Hey ganz ruhig ich will doch nur helfen.“, entgegnete er mich und hob beschwichtigt die Hände.
Dochich hingegen wurde dadurch nur noch wütender, mein Körper fing wie wild an zu kribbeln und mir kratzte es förmlich in den Fingern Namjoon eine rüberzuhauen.

In meinem Kopf schrie immer wieder eine Stimme, dass ich auf ihn einschlagen solle.
Ich wusste, dass das nicht ich war. Wiedermal hatte ich mich nicht unter Kontrolle, sondern V tat dies.
Mein Therapeut hatte wohl oder übel Unrecht mit seinem 'Du hast V und Tae ein für alle Mal augetrieben'.

„Tust du ganz im Gegenteil!“, schrie ich und schon rutschte mir wie immer meine Hand aus, was ein klatschendes Geräusch ertönen ließ.
Der ältere sah mich erschrocken an.
„Taehyung ruhig!“, rief er. „Denk an V! Das bist nicht du, hörst du?! Komm zu dir verdammt!“

Dieser Satz brachte mich zum schlucken und mein Gehirn setzte ganz plötzlich aus.
Es war wie als hätte sich ein Schalter umgelegt worden.
Wie aus dem Nichts wurde mein Hals ganz trocken als ich realisierte dass ich meinen besten Freund geschlagen hatte.

„Shh ganz ruhig. Komm mal her.“, flüsterte der ältere und nahm mich wieder in den Arm. „Ich werde nicht mit Jungkook reden, versprochen. Aber du weißt das du es nicht aushälst so ganz ohne ihn.“

Mit diesem Satz hatte er Recht. Es war in den letzten Monaten nie zu einem 'Aussetzer' meiner Seits gekommen. Ich bin nie ausgerastet als ich in Jungkooks Nähe war, doch seitdem ich dies nicht mehr bin kann ich mich nicht mehr kontrollieren.
Ich bin ohne ihn einfach nicht ich selbst.