"Kommen Sie", befahl der eben eingetretene Mann. Es war nicht Goldkauz. Es war ein Scherge.
Wahrscheinlich dachte dieser Goldkauz schon gar nicht mehr an mich.
Mit einem leisen Seufzer legte ich das Kleid auf das Bett und stand betont langsam auf.
Jetzt kam es doch sowieso auf nichts mehr an.
Der Scherge warf mir einen drängenden Blick zu. Ich starrte zurück. Sollte mir doch recht sein, wenn wir jetzt noch ein Blickduell ausfechten würden.
Aber nach ein paar Sekunden wandte er den Kopf ab.
Was war das denn?
Müsste er sich nicht als der Stärkere präsentieren, um seine Autorität zu beweisen?
Ein komischer Mann war das.
Er machte eine auffordernde Handbewegung und hielt mir die Tür auf.
So höflich?
Eventuell hätte ich ihn doch nicht zu einem Blickduell herausfordern sollen. Vielleicht würde ich ihm ja noch öfter begegnen. Also vorausgesetzt ich käme nicht ins Verließ.
Eine schöne Vorstellung, von der ich mich gerne überzeugen wollte.
Ich trat mit einem betont höflichen Kopfnicken aus der Tür heraus.
Irgendwie machte es mir Spaß diesen Schergen zu ärgern.
Vielleicht war das ja eine Überreaktion wegen der Angst.
Ich grinste in mich hinein.
Okay, dass passte jetzt wirklich nicht zur Situation.
Ich musste damit aufhören. Was würden denn alle von mir denken?
Naja, das war eigentlich sowieso egal.
Aber ich sollte mich in Zukunft trotzdem besser unter Kontrolle haben.
Es war schon erstaunlich, was einen sein Gehirn machen ließ, wenn man Angst um sein Leben hatte.
Man hatte das Bedürfnis alles noch einmal auszuprobieren und wenn möglich den Rest seines Lebens so gut wie möglich zu genießen."My Lady, wenn Sie mir bitte nun folgen wollen"
Meine Güte. Den Schergen hatte es aber auch schwer erwischt. Oder aber er machte sich gerade über mich lustig. Und das passte mir nicht. Definitiv nicht.
"Das würde ich mit Vergnügen tun, wenn Sie denn mal die Güte besäßen sich in Bewegung zu setzen"
Ich schlug mir die Hand vor den Mund. Das würde Folgen haben. Da war ich mir sicher. Egal aus welchem Grund ich hier war.
Ich schaute den Schergen aus dem Augenwinkel an.
Der junge Mann schüttelte leicht den Kopf und ich glaubte ein winziges Lächeln in seinen steifen Gesichtszügen zu sehen.
Aha. Doch nicht so diszipliniert wie es scheint. Ein Scherge konnte also auch anders. Interessant.Endlich setzte er sich in Bewegung.
Es ging den selben Weg zurück wie ich ihn gestern gekommen war.
Erst den kurzen etwas schlichten Gang hinunter, in dem das Zimmer lag in das man mich gebracht hatte.
Dann eine ausladende Treppe hinunter, die mit allen Arten von Statuen verziert war.
Ich ließ mich ein wenig zurückfallen. Auf einmal spürte ich wieder dieses beklemmende Gefühl in meiner Brust, das die Angst vor dem, was mit mir passieren würde, ankündigte. Dazu kamen wieder die Stimmen, die über das Wienern von Tischen sprachen.
Ich hatte keine Ahnung was das sein sollte, aber dennoch bereitete es mir diese inneren Schmerzen die Stimmen zu hören. Als kratzten und schabten die Laute in mir.
Der Scherge bemerkte, dass ich langsamer geworden war und - blieb mitten auf dem Treppenabsatz stehen, um auf mich zu warten. Er schrie mich nicht an. Er schleifte mich nicht mit. Er wartete einfach seelenruhig.
Entweder das war ein Scherge in Ausbildung oder ich verstand die Welt nicht mehr.
Jedenfalls verriet sein goldener Gürtel nichts über seinen Dienstgrad, sondern zeigte lediglich, dass er auf der Burg arbeitete.
Ich richtete mich wieder auf und straffe meine Schultern. Dann begann ich weiter die Treppe hinab zu steigen. Als ich beim Schergen ankam, setzte sich dieser sofort wieder in Bewegung.
Ich folgte ihm mit einigem Abstand und betrachtete die Wandteppiche. Wir schienen es ja nicht sehr eilig zu haben.
Es waren Kampfszenen zwischen den verschiedenen Tälern dargestellt. Das war der angebliche Zustand, der geherrscht hatte, bevor es die Herrschaft von Errata gegeben hatte. Krieg zwischen den Tälern bis der Tälerbund den Frieden brachte.Wir durchquerten wieder den großen Eingangsbereich des Schlosses mit den Mosaiken auf dem Boden. Danach durchschritten wir einen großen Bogen, der in einen weiteren prachtvollen Flur mündete.
Ganz am Ende war ein rundes Portal in die Wand eingelassen.
Der junge Scherge steuerte direkt darauf zu.
Je näher wir der Tür kamen, desto schneller schien mein Herz zu schlagen.
Was erwartete mich hinter dieser Tür?
Bei diesem Ausmaß von Tür war bestimmt auch der Saal dahinter noch riesiger, als der, in dem ich Goldkauz zum ersten Mal begegnet war.
Ich hoffte nur, dass mich dementsprechend keine noch schlimmeren Leute als Goldkauz erwarteten. Oder gleich mehrere davon...
Der Scherge verbeugte sich und machte eine ausladende Handbewegung in Richtung der Tür."My Lady, ich lasse Sie dann alleine. Hier tagt der Rat der Sinne. Haben Sie viel Glück."
Mit diesen Worten nickte er mir zu und entfernte sich.
Was waren das denn für Sitten?
Erst die junge Lady durch das ganze Schloss führen und sich dann in dem Moment verabschieden, wo sie seine Hilfe am nötigsten gebraucht hätte.
Ich schaute ihm mit einem flehenden Ausdruck in den Augen hinterher. Aber er drehte sich nicht noch einmal um.
Nun stand ich da wie ein kleines verlorenes Mädchen vor der großen großen Tür.~~~
Voilà, die Nummer sieben schon.
Geht irgendwie ganz schön schnell. Wobei auch noch recht viele Kapitel fehlen, denke ich. Das Ganze fängt ja gerade erst richtig an *freu*
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Rat der Sinne
Fantasy~ Eine Weile saßen wir so da. Ohne Worte. Und diesmal liebte ich die Stille, die sich zwischen uns breitgemacht hatte. Sie bildete keine Mauer mehr, die uns trennte, sondern vielmehr eine Glocke, die uns umgab und im stillen Einvernehmen miteinander...