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"Verehrte Gäste, wir sind heute, wie an jedem Sonntag, zusammengekommen, um gemeinsam Mahl zu halten. Wir haben wie immer viele Gäste hier. So auch Lady Fulary, Besitzerin mehrerer Minen."
Die angesprochene stand auf und winkte höflich in die Runde.
"Oder Mr Winalor. Einer der besten Organisatoren des Bundes."
Auch dieser erhob sich.
"Doch eigentlich haben wir heute einen noch viel größeren Ehrengast: Miss Havel!"
Was? Er redete über mich? Vor all diesen Leuten.
Und hatte ich nur das Gefühl, oder war seine Stimme am Ende merklich abgesackt?
Er mochte mich nicht. So viel stand fest. Vielleicht hatte er ja Angst, dass er etwas teilen musste, wenn ich jetzt sowas werden würde wie er - was mir leider immer noch nicht einleuchtete.
Und was sollte er schon teilen müssen? Seine Macht, die er hatte. Zu meinem Leidwesen konnte es auch keine Verwechslung sein, dass ich hier war, denn es war ja eindeutig, dass ich den gleichen Mist hörte, wie er.
In diesem Moment kam er auch genau darauf zu sprechen.
"Wir freuen uns alle, dass wir mit Miss Havel ein neues Mitglied des Rates der Sinne gefunden haben. Und das in einem Bereich, in welchem schon seit geraumer Zeit kein Nachfolger, oder zumindest kein guter, aufgetreten ist:
Im Hören!"
Es wurde heftig Beifall geklatscht. Teils mit aufgesetztem Lächeln, teils mit echter Freude.
Es schien wirklich eine gute Nachricht zu sein einen Nachfolger für Goldkauz zu haben. Selbst wenn dieser auch noch nicht viel über sechzig sein konnte und - leider - noch sehr lebendig aussah.
Es tat mir ja Leid, aber dieser Typ war mir einfach unsympathisch.

Dann hieß es eines der vielen vor einem stehenden Gläser zu heben und anzustoßen. Auf mich. Und auf das Wohl des Tälerbundes. Pfui.
Ich hob mein Glas halbherzig in die Luft. Goldkauz' und mein Blick kreuzten sich und seine Augen verengten sich kurz. Dann schaute er weiter großspurig lächelnd in die Runde und nahm einen Schluck. Ich tat es ihm gleich und setzte mein Glas an den Mund. Es war mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt.
Als die Flüssigkeit sich in meinem Mund ausbreitete, erinnerte mich der Geschmack an etwas sehr bitteres beißendes.
"Wein", flüsterte mit Mrs Fulary zu, die bemerkt zu haben schien, dass ich dieses Gebräu noch nie getrunken hatte.
Ich nippte vorsichtig noch einmal daran und trank dann einen ganzen Schluck. Den ich nicht lange in meinem Mund beließ, sondern lieber gleich hinunterschluckte.
Wir setzte uns wieder hin und die Diener kamen zu den einzelnen Tischen und stellten ihre Speisen ab. Die Hühnchen wurden geschnitten und jeder bekam ein saftiges Stück auf seinen Teller. Am liebsten hätte ich sofort angefangen.
Als alles bereitet war und ich mir schon jetzt Sorgen um die weißen Tischtücher machte, erhob sich eine Frau aus dem Rat und rief mit lauter Stimme:
"Lasset das Mahl beginnen."
Ganz diszipliniert hob die Dame zu meiner Linken eine Platte mit geröstetem Gemüse hoch und bot sie mir an. Am liebsten hätte ich sie ihr sofort aus der Hand gerissen. Ich hatte seid heute morgen nichts mehr gegessen. Irgendwie war alles an mir vorbei gegangen. Die meiste Zeit hatte ich einfach in meinem Raum verbracht und gegrübelt.
Ich bemühte mich nun möglichst langsam und mit kunstvollen Gebärden mir meinen Teller vollzuschaufeln. Nach einem riesen Berg Gemüse lud ich mir auch noch mehrere Stücke dieser braunen Kugeln und Kartoffeln auf. Dann übergoss ich alles mit reichlich Soße.
Als ich einen kurzen Blick auf die Teller der beiden Frauen neben mir warf, sah ich jedoch, dass diese nur mäßig gefüllt waren. Ich zuckte mit den Schultern und freute mich nichtsdestotrotz mit dem Essen zu beginnen.

Ich spießte ein Fleischstückchen auf und schob es mir genüsslich in den Mund. Ein honigsüßer Geschmack breitete sich auf meiner Zunge aus. Es war köstlich. Als ich mich zu Mrs Fulary umdrehte, sah ich, dass sie abwartend auf ihrem Platz saß und ihren Blick auf den erhöhten Tisch gerichtet hatte. Als ich mich umschaute, war ich die einzige, die gegessen hatte. Beschämt legte ich meine Gabel zur Seite. Ich dachte man dürfte loslegen, sobald das Festmahl für eröffnet erklärt wurde.
Da nahm Goldkauz seine Gabel in die Hand und spießte ein Stück Kartoffel auf. Sogleich hörte man Messer und Gabeln klappern und die angespannte Atmosphäre wich lockeren Unterhaltungen. Ich wagte es wieder meine Gabel zu berühren und nachdem ich mich vergewissert hatte, dass sowohl Mrs Fulary, als auch die andere Frau und der Mann an meinem Tisch mit dem Essen begonnen hatten, schob auch ich mir den nächsten Bissen in den Mund. Fast wäre mir ein Seufzer entfahren. So etwas Gutes hatte ich noch nie gegessen. Ich nahm einen weiteren Schluck von dem Gebräu, mit dem wir angestoßen hatten. Je mehr ich von diesem Wein trank, desto besser wurde der Geschmack tatsächlich und ich begann sogar es zu mögen.

Rat der SinneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt