32. Spion

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Seitdem wir Lucie befreit hatten, waren nun schon etliche Tage vergangen. Ich hatte es geschafft, dass Maik nun ihr Training übernahm und hatte mich größtenteils abgeschottet. Ich sah keinen Grund mehr, mich mit irgendwem zu unterhalten. Häufig ging ich joggen oder trainierte in den Trainingsräumen. Ich fühlte mich irgendwann nur noch wie ein Schatten meiner selbst. Vor zwei Tagen war Lucie endlich aus der Krankemstation entlassen worden. Heute hatte ich sie zusammen mit Maik gesehen. Um es ihr leichter zu machen, saß ich nicht mehr mit am Stammplatz in der Cafeteria. Ich saß nun in irgendeiner Ecke der Cafeteria und schaute herum. Und auch im Klassenraum ahtte ich mich ungesetzt. In den letzten Tagen hatte ich ordentlich abgenommen, da ich kaum noch etwas zu mir nahm. Ich hatte einfach keinen Hunger mehr. Ich saß gerade auf meinem Zimmer und machte meine Hausaufgaben. Von draußen hörte ich irgendwelche Schüler ausgelassen herumkreischen. Genervt schloss ich das Fenster. Ich war immer eiskalt zu allen außer Maik. Eine Träne rollte über meine Wange, doch ich wischte sie schnell wieder weg. Ich fühlte mich nicht mehr zu gehörig. Nicht ich gehört hier hin sondern sie. Ich war einfach nur zu blöd es zu bemerken. Vor meiner Tür hörte ich Lucie und Maik. Sie redeten ausgelassen. Kurz sah ich sehnsüchtig zur Tür. Dann stand ich auf und ging ins Bad. Ich konnte mich jetzt sowieso nicht mehr konzentrieren. Da konnte ich auch einfach trainineren gehen. Obwohl draußen schon Herbst war und es dadurch kälter wurde, zog ich mir nur eine kurze Hose und ein T-Shirt an. Gut das meine Narben nur auf meinem Bauch und meinem Rücken waren. Ich lauschte kurz an der Tür, ob ich freie Bahn hatte. Danach stieß ich sie eilig auf und joggte nach draußen. Der Himmel hatte sich verdunkelt und ich rechnete dashalb bald mit einem Regenschauer. Unberührt dessen lief ich weiter. Als ob mich Regen vom Trainieren abhalten würde. Ich beschleunigte mein Tempo und jagte förmlich durch den Wald. Meine Füße machten die Bewegungen. Ich dachte nicht mehr darüber nach. Alles funktionierte ganz automatisch. Manchmal schlug ich in die Luft und ahmte dadurch Faustschläge nach. Plötzlich nahm ich in meinem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Ein Schatten huschte durch das Unterholz. Ich beschleunigte erneut und schlug mich schließlich geschickt in die Büsche. Leise und flink schlich vorwärts. Ich sah den Schatten immer deutlicher. "Keine Bewegung!", schrie ich, als ich unmittelbar drei Meter von der Person entfernt stand. Erschrocken drehte sich diese um. Einer aus dem Nachbarinternat. Ich erkannte ihn sofort an dem Wappen auf seinem schwarzem Pulli. Die Augen meines Gegners verengten sich zu dünnen Schlitzen. "Entweder ihr rückt das Mädchen freiwillig raus oder wir holen es uns mit Gewalt wieder!", knurrte er. "Sie ist kein Objekt, das man einfach von A nach B verschieben kann", erwiderte ich grimmig und ging direkt in Kampfhaltung. Mein Gegner tat es mir gleich und schaute mich duech seine Schlitze an. Ich fragte mich, ob er überhaupt etwas sah durch diesen Schleier aus Haaren. Im nächsten Moment preschte der Typ nach vorne und holte aus. Noch ehe er wirklich zu schlagen konnte, fing ich den Schlag ab und schlug meinerseits zu. Der Typ wankte gefährlich, fing sich aber schnell wieder und tart nun nach mir. Er schleifte mein Schienbein. Ein Glück, dass er nicht näher an mir dran stand. Das wäre sonst etwas schmerzhaft gewesen. Ich musste mich jetzt genau konzentrieren. Diesen Kampf durfte ich auf keinen Fall verlieren. Für Lucie! Mit einer ungeahnten Kraft startete ich meinen nächsten Angriff. Ich traf seine rechte Brust mit meiner Faust. Sofort trat ich gegen sein Knie und brachte dann wieder etwas Abstand zwischen uns. Der Kerl knickte kurz ein und schnaubte dann wutentbrannt. "Das wirst du bereuen", zischte er und kam wieder auf mich zu. "Na, das werden wir noch sehen", lachte ich leicht. Ich wich seinem Angriff aus und trat ihm stattdessen mit voller Wucht in den Rücken. Keuchend ging er zu Boden. Verzweifelt japste mein Gegner nach Luft. Ich nutzte die Gelegenheit und riss schnell ein Stück meines T-Shirts ab und band es ihm um die Augen. Dann trat ich ihm noch einmal kräftig in den Rücken und schleppte ihn schließlich zu unserem Internat. Vor der Tür blieb ich stehen, bückte mich und schleuderte dann ein kleines Steinchen gegen ein bestimmtes Fenster. Das Fenster flog heftig auf. "Wer war das?", brüllte der Boss über den Hof. Nachdem er keinen sichtete, fiel sein Blick auf mich und dann auf den Typen. "Könnten sie einmal herkommen?", fragte ich. Er sah mich kurz mistrauisch an, bevor er das Fenster wieder schwungvoll schloss. Wenige Sekunden später stand er vor mir. "Wer ist das?", wollte er barsch wissen. "Unsere Nachbarschule hat uns Besuch geschickt", meinte ich nur, "Er ist im Wlad rumgeschlichen, dann hat er mich angegriffen und jetzt ist er hier." Dann trat ich direkt nebeb den Boss und flüsterte ihm ins Ohr: "Er hat nach Lucie gefragt. Sie sind immer noch hinter ihr her." Ich fragte mich wieso. Sie war doch nur ein einfaches Mädchen, oder nicht? Was wollten die bloß von ihr. Ich wandte mich gerade zu Tür, als der Boss "Achtung!" schrie. Doch es war zu spät. Ein Schuss dröhnte in meinen Ohren und ein unbeschreiblicher Schmerz machte sich in meinem Bauch breit. Ich schrie vor schmerz auf und sackte dann auf meine Knie. Verkrampft hielt ich mir den Bauch. Jemand rief meinen Namen. Es war ein Junge. Das erkannte ich noch. Irgendwer griff nach meinen Schultern und brüllte irgendetwas. Doch ich verstand nichts mehr. Ich fühlte mich, als würde ich in einem Ozean versinken. Ein Rauschen in meinen Ohren übertönte jedes andere Geräusch. Mein Blick verschwamm. Füße traten in mein deutlich beschränkteres Blickfeld. Jemand schien mich auf den Rücken zu legen. Denn ich konnte die Decke erahnen. Ein Gesicht schob sich nun in mein Blickfeld. Lucie. Ihre Lippen bewegten sich, doch ich verstand kein einziges Wort. Schwarze Pünktchen tanzten vor meinen Augen. Alles fing an zu flimmern. Ich wollte kämpfen, doch ich verspürte keine Kraft mehr. Und dann gab ich einfach auf. Ich ließ zu, dass meine bleischweren Augen sich schlossen und dass ich schließlich in einem schwarzen Loch versank und ich die Berührungen nicht mehr wahrnahm. Ein letzter schriller Schrei drang zu mir durch. Dann war ich vollkommen in der Dunkelheit gefangen.

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