Kapitel 18

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~James~

"Hey, James. James, wach auf!" Sanft schüttelte mich jemand an der Schulter. Ich stöhnte und öffnete mühsam meine Blei schweren Lider. Leon schaute mir besorgt in die Augen. "Was machst du bloß immer?", seufzte er. Ich schaute weg. Hätte ich doch bloß nicht zurückgeschlagen. Dann wäre das alles nicht passiert. Dann würde sich Leon keine Vorwürfe machen. Ach man. Warum konnte das Leben nicht einmal gut verlaufen? "Tut mir leid!", murmelte ich. "Ach komm. Du kannst ja doch nichts dafür!", wehrte er ab, "Sie sind halt häufig total unmenschlich! Ich weiß auch nicht warum! Früher waren sie nicht so. Erst kurz bevor du kamst, änderte sich plötzlich ihre ganze Haltung. Aber ich kann mich einfach nicht von ihnen trennen. Ich habe Sara als verständnisvolle Frau kennengelernt und so auch lieben gelernt. Marco ist mein Sohn. Ich habe ihn groß gezogen und er ist ein Teil von mir geworden. Ich hoffe nur sehnlichst, dass sie wieder so werden wie früher." Traurig blickte ich zu Boden. Unter Schmerzen richtete ich mich auf und nahm ihn in den Arm. Alles in mir brüllte vor Schmerz und wollte ihn wieder loslassen. Doch ich konnte nicht. Ich hatte das Gefühl, dass es in diesem Augenblick das einzig richtige und wichtige war! Schließlich löste sich Leon vorsichtig wieder von mir. "Am besten gehen wir erstmal zu einem Arzt", meinte er, "Das sieht echt nicht mehr gesund aus." Ich hasste Ärzte. Sie hatten nur den Tod gebracht. Doch was blieb mir anderes übrig, als zu nicken? Leon half mir hoch und stützte mich freundschaftlich. "Danke", murmelte ich berührt von seine Hilfsbereitschaft. "Ach nicht doch!", lachte er, "Das mach ich doch gerne!" Leon lächelte mich an und half mir schließlich in sein kleines rotes Auto. Das Sitzen tat höllisch weh. Ich hielt es kaum aus. Warum musste das auch so weh tun? So ein Scheiß! Ich schaute aus dem Fenster. Wir fuhren mitten durch die Stadt. Tausende von Menschen liefen neben uns auf dem Fußweg. Bunte Häuser rauschten an mir vorbei. Irgendwann hielt Leon an und stieg aus, um mir die Tür zu öffnen. Dankend nickte ich ihm zu und nahm seine Hand dankbar an. Langsam liefen wir zum Eingangsbereich. Leon redete kurz mit der Krankenschwester hinter der Theke. Diese wies uns schließlich an, ihr zu folgen. Mühsam quälte ich mich zu einem Art Wartezimmer und ließ mich auf einen Stuhl fallen. Ich unterdrückte einen Schmerzensaufschrei und begann mich umzusehen. Außer Leon und mir saß kein weiterer hier. Ich saß gegenüber von einem riesigem Keilrahmen. Er zeigte eine Frau, einen Mann und ein Kind. Das Kind war gestürzt. Der Mann und die Frau hielten dem Kind ihre Hände hin. Das Kind streckte die kleinen Hände danach aus. Im Hintergrund war ein Sonnenuntergang auf dem Meer zu sehen. Es war ein wunderschönes Bild. Eine Weile saß ich gefesselt von dem Bild da und rührte mich nicht. "Es ist wunderschön, stimmt't?", meinte Leon umd erschreckte mich für den Bruchteil einer Sekunde zu Tode. Als ich mich gefasst hatte, nickte ich leicht. Es war einfach faszinierend. Wie war dieser Künstler nur auf diese Idee gekommen? Ein Arzt kam auf uns zu und zerstörte damit die angenehme Atmosphäre. Sofort zog sich alles in mir schmerzhaft zusammen. Ich wollte weg, einfach nur noch weg von hier. Alles in mir schrie, dass ich weglaufen sollte. Doch ich konnte nicht... Leon hatte ihm anscheinend irgendetwas gesagt, denn der Arzt musterte mich kurz und nickte mir zu. Ach schön, dass du mich auch mal begrüßt. Er bedeutete uns, ihm zu in ein Behandlungszimmer zu folgen. Dort begann er mich auszufragen, doch ich schwieg. "Wie ist es dazu denn gekommen, dass du so verwundet bist?", fragte er mich als erstes, doch ich reagierte nicht. "Wo tut es denn am meisten weh?", harkte er weiter nach. "Passiert so etwas öfters?" Schließlich hielt er inne mit seiner Fragerei. "Du redest nicht gerne mit Ärzten. Kann das sein?" Er sah mir ernst in die Augen. "Ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit mir redest. Das weißt du doch, oder?", wollte er wissen. Ich schaute kurz zu Boden und zuckte mit den Schultern. Na und? War mir doch scheiß egal! Sollte der doch fragen, was er wollte. Aus mir bekam der so schnell nichts! "Sein rechter Fuß ist ziemlich geschädigt, so weit ich das einschätzen kann", klärte Leon schließlich den Arzt auf. "Na, das ist doch mal ne Aussage", sagte er, "Dann röngen wir dich am besten erstmal." Och nö, darauf hatte ich jetzt echt keine Lust! Leon sah mir tief in den Augen. Sein Blick sagte mehr, als Worte es hätten sagen können. Der Arzt führte mich langsam zu dem Raum. Als ich wieder herausgeleitet wurde, kam Leon und stützte mich wieder.
Der Fuß war gebrochen. Ich stöhnte. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ich hasse es! Warum passiert immer mir so ne Scheiße? "Wir machen trotzdem noch was", munterte mich Leon etwas auf, "Ist doch egal, ob du jetzt mit Krücken oder normal rumläufst." Er lächelte mir zu und ich lächelte dankbar zurück. Ein Glück, dass ich ihn noch hatte. So war ich nicht ganz alleine...
Nach einer Stunde im Krankenhaus verließen wir jenes wieder. Ich lief mit Krücken, was zwar schneller aber auch unangenehmer war, da mich alle ansahen. Zusammen fuhren wir in die Stadt und gingen erstmal Eis essen. Schließlich zerrte mich Leon in einen Hutladen. Verwirrt sah ich ihn an. Der wollte doch nicht im Ernst... "So und jetzt kaufen wir erstmal einen coolen Hut für dich. Du meintest doch mal, dass du immer so schnell einen Hitzschlag kriegst..." Er grinste über beide Ohren. "Nicht dein Ernst!", lachte ich und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Er ließ sich jedoch nicht beirren und steuerte direkt auf eine Verkäuferin zu. "Was kann ich für Sie tun?", fragte diese höflich. "Wir suchen einen Hut für den jungen Herrn." Kurz zwinkerte er mir zu, um sich dann wieder der Frau zu widmen, die uns nun etliche Hütte hinlegte. Leon setzte mir verschiedene, musterte mich kurz und schüttelte dann den Kopf. Als ich schon dachte, er würde endlich aufgeben, fing er an unglaublich zu grinsen. "Den nehmen wir!", sagte er bestimmt und reichte den Hut an die Frau weiter. Diese ging zur Kasse und Leon bezahlte rasch. Es war ein Strohhut und stand mir tatsächlich überraschend gut. "Du bist echt verrückt", lachte ich. Es war das letzte Mal, dass ich so mit Leon zusammen lachte...

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