Kapitel 8 | London Eye

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Eine Zeit lang folgte ich Carter einfach schweigend, während ich mich konstant umsah und bloß nichts verpassen wollte. Urplötzlich ragte der Big Ben vor uns in den Himmel und ich blieb wie angewurzelt stehen und betrachtete den riesigen Glockenturm staunend. Ich kramte mein Handy heraus und schoss ein Foto, welches wir als Beweis benötigen würden. 

„Okay, weiter", forderte er mich zügig wieder auf und setzte sich bereits in Bewegung. Mich überkam langsam das Gefühl, dass Carter doch seinen Spaß am Scavenger Hunt fand und sich total hineinsteigerte, auch wenn er dies höchstwahrscheinlich abstreiten würde, wenn ich ihn darauf ansprechen würde. 

„Hier ist ein Souvenirshop." Mitten auf der Straße blieb er stehen, sodass ich beinahe gegen ihn prallte. Fragend hob er seine Augenbrauen und ich empfing dies als Stichwort, dass ich nun die Aufgabe hatte, etwas mit einer britischen Flagge darauf zu kaufen. Das war natürlich auch kein Problem bei der großen Auswahl und so schnappte ich mir einen Magneten, bezahlte ihn und wir konnten auch diesen Punkt abhaken. 

Als Carter sich zielstrebig dem London Eye näherte, den auch Hunderte von anderen Menschen ansteuerten, kam ich ihm gar nicht mehr hinterher und so verlor ich ihn irgendwann in der Menge. Ich versuchte ihn einzuholen und stellte mich auf die Zehenspitzen, um über die Köpfe der anderen zu schauen, aber ich konnte ihn einfach nirgendwo mehr entdecken. Normalerweise sollte es mir egal sein, aber warum breitete sich dann abermals ein Gefühl von Panik in mir aus? 

So komplett alleine in einer großen, fremden Stadt wollte ich nun wirklich nicht sein und es hat mir schon sehr viel Sicherheit gegeben, dass Carter sich hier so gut auskannte. Aber nun schwirrten unzählige von fremden Menschen neben mir umher und von ihm blieb weiterhin keine Spur. Ich zwängte mich durch die Menge, um auf schnellstem Wege zum London Eye zu kommen, denn vielleicht würde er dort auf mich warten. 

Als ich schon fast dort angelangt war, merkte ich auf einmal, wie jemand nach meinem Handgelenk griff und mich festhielt. Erstarrt vor Schreck gingen mir eine Million Gedanken durch den Kopf, dass mich jetzt jemand entführen würde, dass mir jemand meinen Rucksack stehlen oder Schlimmeres anstellen würde. Mein Herz raste wie verrückt und ich wagte es, mich umzudrehen, nur, um in Carters amüsiertes Gesicht zu sehen. 

„Musst du mich so erschrecken?", beschwerte ich mich wütend und atmete tief aus. „Wo kommst du überhaupt her?" Ich riss mich von seinem Griff los und ging schnurstracks weiter, ohne auf ihn zu warten. Er lachte hinter mir und ich war wieder genervt bis zum Geht nicht mehr. 

„Hey, ich wollte dir nur einen kleinen Schrecken einjagen, mehr nicht. Du musst ja nicht gleich so eingeschnappt reagieren." Jetzt war das Fass übergelaufen. Ich wirbelte herum und funkelte ihn so böse an, wie es mir nur möglich war. 

„Ich fand es aber kein bisschen lustig und du hättest auch sonst wer sein können. Kannst du deine blöden Aktionen nicht einfach sein lassen?" 

„Ich hätte ja nicht wissen können, dass du so übertrieben schreckhaft bist, Luminchen Papillinchen." 

„Wie denn auch? Du weißt rein gar nichts über mich, Carter", entgegnete ich gekränkt und fühlte mich mich auf einmal eingeengt. 

Die ganzen Menschen, die hektisch um mich herum liefen, die mich einschlossen und mir keinen Ausweg frei ließen, lösten eine Panik in mir aus und ich fühlte mich exakt so wie damals im Waisenhaus, das sich wie ein Gefängnis angefühlt hat und ich das Gefühl hatte, dort niemals wieder herauszukommen. Mein Atem beschleunigte und auf einmal wurde mir das alles zu viel. Ich wurde eingehüllt von alten Erinnerungen, die ich nie wieder vergessen konnte und ich musste hier schleunigst weg, also begann ich ziellos in irgendeine Richtung zu rennen. 

Ich achtete auf nichts und niemanden mehr, suchte einfach nur einen freien Fleck, wo ich zur Ruhe kommen und ich meine Panikattacke in den Griff bekommen konnte. Irgendwann stoß ich gegen ein Brückengeländer und eine wunderschöne Aussicht auf die Themse wurde mir offenbart. Das fließende Wasser und die vorbeifahrenden Schiffe zu beobachten, tat mir gut und mein Puls entschleunigte langsam wieder. Es ist schon lange nicht mehr vorgekommen, dass ich auf diese Art und Weise von meiner Vergangenheit eingeholt wurde, aber die jetzige Situation schien einen negativen Einfluss auf mich zu haben und das konnte nur an Carter liegen, der schon seit unserer ersten Begegnung so unverschämt und dreist mir gegenüber war. 

Lumina ✈ Destination: EuropaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt