Ich schloss glücklich meine Augen, als ich den vertrauten Duft im Auto vernahm, der mich an Zuhause erinnerte und ich konnte es immer noch nicht so recht glauben, dass ich tatsächlich wieder hier war.
„So, jetzt haben wir noch eine halbe Stunde Autofahrt vor uns, dann kannst du schon einmal anfangen von deinen Abenteuern in Europa zu erzählen", meinte Dad, kaum setzten wir uns in Bewegung.
„Ähm... ja", druckste ich herum und spürte die neugierigen Blicke von Louis, der mich von links anstarrte und von Mum, die sich andauernd im Beifahrersitz zu mir umdrehte. Ich wusste gar nicht, wo ich mit meiner Erzählung anfangen sollte, denn letztendlich hatte alles irgendwie mit Carter zu tun und über ihn wollte ich sicherlich nicht reden. Also beschloss ich, mich da noch irgendwie herauszureden. „Es war echt unglaublich, so viele Orte zu sehen, die man sonst nur auf Fotos im Internet bestaunt hat. Ich werde diese Zeit niemals vergessen", fing ich zaghaft an und lächelte.
„Das glaube ich dir, Liebes. Aber erzähl doch mal etwas ausführlicher. Was hast du so gesehen? Wo hat es dir am besten gefallen? Hast du Freunde gefunden?"
„Okay ruhig, Mum", unterbrach ich sie und war jetzt schon überfordert. „Ich... kann gerade nicht denken. Ich habe einen langen Flug hinter mir und spüre jetzt schon den Jetlag. Können wir vielleicht morgen oder so darüber reden?"
„Natürlich, das tut mir leid. Schlaf dich erst einmal in Ruhe aus, wir haben noch genug Zeit zum Reden." Sie zog eine Schnute und langte mit ihrer Hand nach hinten, um meine zu drücken. „Wir sind jetzt schon so gespannt darauf, was du uns zu erzählen hast und sind so glücklich, dass du wieder da bist."
„Ja, ich auch, Mum." Beinahe schossen mir wieder Tränen in die Augen, denn nach so viel Liebe von meiner Familie hatte ich mich nun sechs Monate lang gesehnt und auch, wenn ich von anderen Menschen enttäuscht wurde, konnte ich mich immer auf meine Familie verlassen.
Kurz betrachtete ich meine Eltern und sah regelrecht, wie jeder einzelne Blick zwischen ihnen Funken sprühen ließ und wie liebevoll sie miteinander umgingen, auch, wenn sie nur die kleinsten Gesten austauschten. In diesem Moment konnte ich nicht anders, als mich traurig abzuwenden und aus dem Fenster zu blicken. Ich konnte nicht glauben, wie naiv ich gewesen bin, wenn ich tatsächlich daran geglaubt habe, mir könnte eine ähnlich schöne Liebesgeschichte widerfahren, wie meinen Eltern. So eine Liebe, wie die beiden sie teilten, gab es nur einmal unter Tausenden, vielleicht sogar Millionen. Und egal, wie schlimm es sich anhören mochte, tat es mir in diesem Moment weh, sie so zu sehen. Einfach aus dem Grund weil ich nun wusste, wie schön es sich anfühlte, verliebt zu sein und wie grausig jetzt, wo alles vorbei war. #
„Lumi! Spielst du mit mir ‚Ich sehe was, was du nicht siehst'?", quiekte Louis neben mir und ich war unendlich erleichtert darüber, dass er mich von meinem nervigen Gedankengang ablenkte.
„Aber klar doch. Das habe ich echt vermisst. Fang an!"
Durch sein Lieblingsspiel verging die Fahrt wie im Flug und prompt bogen wir in unsere Einfahrt hinein. Mein Herz machte einen Hüpfer, als ich unser Haus sah und ich fragte mich, ob wohl alles darin genauso aussah, wie vor sechs Monaten. Kaum setzte ich einen Schritt hinein, fühlte es sich so an, als wäre ich niemals weg gewesen und tatsächlich befand sich noch alles an seinem rechten Platz, sogar meine alte Jeansjacke hing noch am Kleiderständer und auch sonst war alles so, wie es sein sollte.
Meine Eltern halfen mir, meine Koffer und den vollgestopften Rucksack nach oben in mein Zimmer zu tragen und auch hier hat sich nichts verändert, mit Ausnahme von mir. Seitdem ich das letzte Mal hier war, bin ich zu einem komplett anderen Menschen geworden.
„Warst du schon im Wohnzimmer?", fragte mich Dad, als ich mich schon ans Auspacken der Koffer machen wollte.
„Nein, warum?", antwortete ich leicht irritiert.
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Lumina ✈ Destination: Europa
JugendliteraturDas Leben war für Lumina nicht immer einfach. Aufgewachsen im Waisenhaus, kämpfte sie ums Überleben, bis sich ihr größter Wunsch erfüllt und sie adoptiert wird. Zehn Jahre später ist Lumina zu einem Teenager herangewachsen und steht vor ihrem ersten...