Kapitel 28 | Anziehung

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Es dauerte keine zehn Sekunden, bis wir in ein Gespräch vertieft waren und ich alles andere um mich herum ausblendete. Direkt zu Beginn erfuhr ich, dass Javi in Barcelona lebte und mit diesem Flug nach Hause zurückkehrte. 

„Ein Teil meiner Familie lebt in Italien, die ich für ein paar Tage besucht habe. Ich sehe sie nur einmal im Jahr und dieses Mal musste ich alleine fliegen, da meine Eltern leider verhindert waren. Aber es war trotzdem sehr schön." In Gedanken versunken lächelte er und dann war auch mir das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht zu wischen. „Und du? Was führt dich nach Barcelona?", erkundigte er sich bei mir. 

„Ich habe in der Schule eine Art Wettbewerb gewonnen und bin nun mit neun anderen Jugendlichen hier, die ebenfalls gewonnen haben. Wir machen eine Reise quer durch Europa." 

Sein Mund klappte auf und er schüttelte ungläubig den Kopf. „De veras? Durch Europa? Und wo kommst du her?" 

Über den Schock in seinen Augen musste ich kichern und erklärte: „Ich komme aus Los Angeles und es ist eigentlich eine Lernreise. Wir haben zwischendurch auch Unterricht aber ja, es ist fantastisch, so viel von Europa zu sehen." Kurz zählte ich ihm die Orte auf, die wir bereits gesehen haben und stellte fest, dass da bereits so einiges zusammengekommen ist. Unglaublich, wie lange wir schon unterwegs waren! 

„Wie schön, dass es euch jetzt in meine Heimat zieht. Vielleicht war es ja Schicksal, dass wir uns hier treffen." Mit diesem Satz warf Javi mich total aus der Bahn und ich wurde so verlegen, dass die Röte mir so schnell ins Gesicht schoss, wie wohl noch nie. 

„Ja, vielleicht", antwortete ich leicht atemlos. Er war so anders, als die anderen Jungs, die ich kennengelernt habe – So direkt, aber auf die bestmögliche Weise. Ich mochte ihn jetzt schon total und das Schöne daran war, dass ich mir ausnahmsweise sicher war, dass dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte. 

Sobald ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte und ein Stückchen Selbstsicherheit gewann, bombardierte ich ihn mit Fragen. „Und was machst du sonst noch so? Was sind deine Hobbys? Hast du Geschwister? Was möchtest du nach der Schule machen?" Im Gegensatz zu den Unterhaltungen mit Carter zeigte ich Javi gegenüber keine Scheu und war viel offener, auch wenn meine Wangen durchgehend glühten. 

„Wow, tranquilo, Lumina. Wir haben noch ein wenig Zeit, um uns näher kennenzulernen. Eine Frage nach der anderen", lachte er und ich presste meine Lippen aufeinander. 

„Sorry. Ich habe mich nur schon sehr lange nicht mehr mit einer Person auf Anhieb so gut verstanden", gab ich zu und wunderte mich über meine unverblümte Ehrlichkeit. 

„Das ist ein schönes Kompliment, welches ich sofort zurückgeben kann." Wieder schenkte Javi mir sein charmantes Lächeln und mir wurde warm ums Herz. „Hauptsächlich gehe ich noch zur Schule, ich denke aber mal, dass das klar ist. Nebenbei verdiene ich mir aber ein wenig Geld dazu mit zwei meiner Hobbys – Dem Singen und Gitarre spielen. Ich bin ein paar Mal in der Woche als Straßenmusiker unterwegs." 

Mein erster Gedanke war: Fantastisch, noch einer, der sich nur auf seine Musik konzentrierte. Meinen zweiten Gedanken sprach ich aus und versuchte, den anderen wieder auszublenden. „Was, echt jetzt? Das ist toll. Ich würde mich so etwas ja nie trauen." 

„Das habe ich mich am Anfang auch nicht, ich habe in einer kleinen Gasse bei uns um die Ecke angefangen. Meine Nachbarn haben mir oftmals beteuert, wie talentiert ich doch sei und nach einer Weile habe ich mich bis auf die Ramblas, die meistbesuchte und bekannteste Straße Barcelonas, getraut." 

Anerkennend nickte ich und staunte nicht schlecht. „Da kommt bestimmt etwas an Kleingeld zusammen." 

„Es ist ab und zu schon eine gute Summe", erklärte Javi schamlos. „Das hängt immer vom Tag und den Menschen ab. Aber meistens ist es nicht allzu viel. Vom Geld behalte ich auch kaum etwas, das meiste gebe ich an meine abuelos, meine Großeltern, die ich damit finanziell unterstütze, da sie nicht so viel haben." 

Lumina ✈ Destination: EuropaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt