Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich daran, wieder ins Hotel hineinzulaufen und der Konfrontation wie ein kleines Kind aus dem Weg zu gehen, aber so ging das nicht mehr weiter. Mal davon abgesehen war Weglaufen sowieso zwecklos, da Carter wieder seinen unwiderstehlichen Magneten bei sich trug, der mich sehr effektiv zu ihm hinzog und so setzte ich langsam meine Schritte in seine Richtung.
„Ich dachte schon, du kommst nicht mehr", sagte er mit einem Lächeln im Gesicht.
„Ich musste dich ja auch zuerst finden", erwiderte ich und kam einen Meter vor ihm zum Halt.
„Jetzt hast du mich gefunden und wir können unsere Unterhaltung fortsetzen."
„Ähm... hier?" Ich sah mich um und spürte, wie die Panik in mir aufstieg, als ich sah, wie viele Passanten hier noch vorbeiliefen, die uns beobachten oder stören könnten.
„Nein, natürlich nicht", lachte er. „Komm mit." Wie selbstverständlich nahm Carter meine Hand in seine und führte mich ins Ungewisse. „Es wundert mich ehrlich gesagt, dass du so lange gebraucht hast, um mich zu finden. Ich dachte, du würdest als allererstes an die Sterne denken und nach draußen kommen."
„Tja... Darauf hätte ich tatsächlich früher kommen können", meinte ich und schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter.
Ich war unglaublich nervös und kaum imstande dazu, Smalltalk zu führen. Mein Herz schlug mit jeder Sekunde schneller und drehte dann komplett durch, als wir einen kleinen Park betraten und uns dort auf eine Bank setzten, die so abseits stand, dass uns hier niemand sehen würde. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, vergaß alle Gedanken, die bis eben noch wie verrückt in meinem Kopf kreisten und starrte nur auf den Boden, als würde ich dort meine Antworten erhalten. So, wie ich mich gerade fühlte, habe ich mich noch nie zuvor gefühlt und ich spürte, wie mein Körper zu zittern begann – Nicht vor Kälte, aber vor Aufregung.
„Lumina." Carters Stimme zwang mich dazu, ihn anzusehen und sofort war ich von seinem ernsten Blick gefesselt. Das Mondlicht spiegelte sich perfekt in seinen Augen wider und ließen sie heller strahlen, als je zuvor. Ich konnte gar nicht anders, als tief hineinzusehen und war mir sicher, dass sich Carters Magnet genau darin befinden musste.
„Ich habe dich hierher geführt, weil ich weiß, dass du die Nacht und die Sterne mehr liebst, als alles andere. Findest du nicht auch, dass die Sterne heute besonders hell leuchten?" Wie auf Kommando sahen wir beide nach oben und ich staunte, dass man nun viel mehr Sterne erblicken konnte, als noch vor wenigen Minuten vor unserem Hotel.
„Wunderschön", hauchte ich beeindruckt und lächelte.
„Ich finde, Menschen sind wie Sterne. Es gibt Größere und Kleinere, Sterne die näher oder weiter weg sind, und Sterne, die heller strahlen als andere." Carter machte eine kurze Pause und sah mich an. „Wenn du ein Stern wärst, Lumina, dann würdest du am hellsten strahlen. Du wärst dieser Stern, der jedem den Weg weist, weil du immer für deine Freunde da bist. Für sie wärst du genau dieser Stern, aber nicht für mich."
Ich presste meine Lippen aufeinander und hatte das Gefühl, mich auf einer Achterbahn zu befinden. Mal hüpfte mein Herz in die Luft, mal sackte es mir in die Hose. Was Carter soeben gesagt hat, waren wunderschöne Worte gewesen, hätte es den letzten Satz nicht gegeben. In diesem Moment hielt die Achterbahn an und ich war kurz davor auszusteigen, doch dann sagte er etwas, was mich sofort wieder in einen Looping brachte.
„Ich glaube nämlich, dass wir beide schon eine ganze Weile lang keine Freunde mehr sind, sondern mehr als das und das weißt du auch."
Wusste ich das wirklich? In meinem Bauch fing es an, wie verrückt zu kribbeln und spätestens jetzt wusste ich, dass er Recht hatte. Weiterhin traute ich mich nicht, etwas zu sagen, da ich zu viel Angst davor hatte, den Moment mit irgendwelchem unsinnigen Gestotter zu ruinieren, also ließ ich Carter weiterreden. Er konnte mich an diesem Abend unmöglich noch mehr beeindrucken, aber wie so oft täuschte ich mich gewaltig.
DU LIEST GERADE
Lumina ✈ Destination: Europa
Teen FictionDas Leben war für Lumina nicht immer einfach. Aufgewachsen im Waisenhaus, kämpfte sie ums Überleben, bis sich ihr größter Wunsch erfüllt und sie adoptiert wird. Zehn Jahre später ist Lumina zu einem Teenager herangewachsen und steht vor ihrem ersten...