Lumina ✈ Destination: Europa

Kapitel 16 | Im Club

Die Sonne ging gerade erst unter, sobald wir alle auf Zehenspitzen die Treppenstufen im Hotel hinunterliefen. In dem Altbau hörte man alles und so schlichen wir kichernd wie auf geheimer Mission in die Lobby und freuten uns, als wir nach draußen traten und keine unsere beiden Gruppenleiterinnen uns gefolgt war. 

Zügig suchten wir nach dem richtigen Gleis der Metro und während wir im Tunnel auf das Transportmittel warteten, nahm ich mir die Zeit, um das Styling der anderen zu begutachten. Die Mädchen waren alle aufgebrezelt und geschminkt bis zum Geht-nicht-mehr, sodass ich mir mit meinem dezenten Make-Up und schwarzer Jeans mit einem Rüschentop ziemlich underdressed vorkam. 

Die Jungs hingegen sahen so aus wie immer, mit Ausnahme der Tatsache, dass alle sich mit den widerlichsten Parfüms vollgesprüht haben, die sich dann auch noch mit den Parfüms der Mädels vermischten. Ich rümpfte meine Nase bei der Masse an verschiedenen Gerüchen und stellte fest, dass ich den eigenwilligen und auch irgendwie modrigen Geruch des Metrotunnels lieber mochte, als die Parfümmixtur. 

„Es ist so aufregend! Ich fühle mich so, als würden wir etwas Verbotenes tun", hüpfte Savannah neben mir auf und ab. 

„Tun wir auch", erwiderte ich, immer noch wenig begeistert von der Idee. 

„Ach, du wirst sehen, das wird großartig. Wir werden sicherlich viel Spaß haben und zu einer Runde tanzen hast du auch noch nie nein gesagt." 

„Ja, das ist aber auch etwas anderes", maulte ich, wurde dann aber von der einfahrenden Metro übertönt. 

Unfassbar, dass ich die Einzige zu sein schien, die dazu gezwungen wurde, mitzukommen und die Einzige, die überhaupt keine Lust darauf hatte. Viel lieber hätte ich es mir im Hotelzimmer bequem gemacht und Serien auf Netflix geschaut, eigentlich hätte ich so ziemlich alles lieber gemacht, als das. Aber nun war ich hier und das nur Savannah zuliebe. 

Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus, als wir unsere Station erreichten und aus der Metro stiegen. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde, die Ungewissheit machte mich komplett verrückt und ich trabte wie ein verlorener Mitläufer mit den anderen mit. 

Irgendwann blieben alle vor einem Lokal stehen, dass rot angeleuchtet wurde und schon nichts Gutes verhieß. Jetzt war die letzte Möglichkeit, noch wegzulaufen und sich aus der Situation herauszuwinden. Stattdessen überwand ich mich irgendwie und folgte meiner besten Freundin, die ohne zu zögern das Lokal betrat. 

Drinnen angelangt, wurden meine Augen sofort groß und der Atem blieb mir im Hals stecken. Alles hatte ich erwartet, aber nicht das. Ich hatte geglaubt, halbnackte Frauen an Stangen tanzen zu sehen, Stripperinnen, denen unzählige Geldscheine zugeworfen wurden, aber zum Glück wurden meine Befürchtungen nicht wahr. Denn auf dem ersten Blick erschien es mir wie eine ganz normale Disco – Es war dunkel und höllisch laut, bunte Lichteffekte flackerten wie wild und Hunderte von Menschen hatten die beste Zeit ihres Lebens. 

Wie sich herausstellte, waren die Jungs bereits fleißig und haben für unsere Gruppe eine Sitzecke auf der Empore reserviert. Ein wenig erleichterte mich dies, denn das gab mir immerhin die Möglichkeit, mich auf die Couch zu setzen und mir das Trubel aus der Ferne anzusehen. Wie erwartet warfen alle ihre Taschen und Jacken auf die Sitze und verschwanden mit lautem Jubel wieder nach unten in die Menschenmenge. Alle, außer ich. 

Gerade, als ich mich hinsetzen wollte, drehte sich Sav nach mir um und rief: „Lumina? Was ist los? Kommst du nicht mit?" Ich schüttelte lediglich den Kopf und sie kam auf mich zu. „Komm schon, Lumi. Sei keine Spaßverderberin." 

„Vielleicht später, okay? Ich möchte mich für einen Moment hinsetzen und mir das Ganze erst einmal von hier oben anschauen." 

Sie nickte verständnisvoll und dann war sie auch schon weg. Ich folgte ihr mit meinem Blick und lehnte mich an die Brüstung. Sie gesellte sich zu den anderen und ich freute mich, dass sie Spaß hatte, auch wenn ich zurückblieb.