Kapitel 37 | Freier Fall

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Nichtsdestotrotz wollte ich mein Versprechen gegenüber Javi halten und nutzte jede Minute, die uns noch blieb, mit ihm gemeinsam. Wir wollten beide nichts sehnlicher, als dass wir uns wieder so gut verstanden, wie am Anfang, aber seit der Eskalation mit Carter war es anders zwischen uns.

Wir schienen uns voneinander zu distanzieren, je näher der Tag des Abschiedes rückte. Das gefiel mir überhaupt nicht und so blieb mir nichts anderes übrig, als einen letzten Annäherungsversuch zu starten.

Eigentlich war dies Savannahs Idee gewesen, denn sie hat wohl erfahren, dass wir am Tag vor der Abreise noch eine Bustour machen würden und es an einen „supercoolen", aber mir noch unbekannten Ort gehen würde, was die perfekte Gelegenheit dazu wäre, Javi mitzunehmen und mich dort ein für alle mal mit ihm zu versöhnen und zu planen, wie das mit der Fernbeziehung am besten funktionieren könnte.

Im Bus sicherte ich mir selbstverständlich einen Platz neben meinem Freund und ließ seine Hand für keine Sekunde los. Sobald wir losrollten, drehte sich Savannah zu mir um, die in der Reihe vor mir saß und mich dann geheimnisvoll angrinste.

„Was ist los?", runzelte ich die Stirn.

„Alle in diesem Bus wissen, wohin es geht. Du bist die Einzige, die von nichts weiß", teilte Savannah mir mit und ich klappte schockiert den Mund auf.

Ich spürte einige Blicke auf mir und sah von ihr zu Carter, zu Gabbie und wieder zurück. Was ging hier vor sich?

„Du erinnerst dich doch sicherlich noch an den Preis, den wir zwei damals in London gewonnen haben?", fragte mich Carter und ich konnte im ersten Moment nicht glauben, dass da ein Zusammenhang bestand. Das war so ewig lange her!

„Ja klar, das habe ich aber beinahe schon wieder vergessen. Und weiter?"

„Nun, wir werden diesen Gutschein jetzt einlösen."

„Wie jetzt?" Ich wusste nicht so recht, wie ich diese Information verarbeiten sollte und schüttelte ahnungslos den Kopf. „Warum wissen denn alle anderen Bescheid, nur ich nicht?"

„Na, weil es eine Überraschung sein soll", grinste Carter und ich bekam es mit der Angst zu tun.

Sein und Savannahs Grinsen bedeuteten nichts Gutes und als ich aus dem Fenster blickte und von weitem bereits einen kleinen Flieger entdeckte, wusste ich sofort, was der Plan war.

„Oh nein!", rief ich aus und klammerte mich ängstlich am Vordersitz fest. „Auf keinen Fall. Ernsthaft? Skydiving? Das kannst du vergessen, das mache ich nicht mit. Ich habe Höhenangst."

„Das sah auf der Schaukel auf dem Hochhaus in Amsterdam aber nicht so aus. Oder muss ich dich wieder mit Papierfliegern bewerfen, damit du mitmachst?", fragte Carter und benahm sich so lässig und ruhig, das man denken könnte, Skydiving wäre etwas so simples wie Zähne putzen.

„Nein, mach das bloß nicht. Savannah", maulte ich und hoffte, zumindest von ihr ein wenig Unterstützung zu erhalten. „Du wusstest davon und hast ihn nicht aufgehalten?"

„Nein", lachte sie und legte beruhigend ihre Hand auf meine Schulter. „Im Gegenteil – Ich habe Carter sogar den Tipp gegeben, genau dies zu tun."

„Aber warum?", hakte ich nach und schüttelte ungläubig den Kopf. Darüber mussten sie nach dem Streit geredet haben, als meine Freundin den Raum verlassen hat und zu Carter gegangen ist.

„Weil du mindestens einmal im Leben etwas Verrücktes tun musst und dich nicht immer wie ein kleiner Angsthase benehmen kannst. Nutze dies als Chance, über deine Grenzen zu gehen und außerdem... Wenn du jemals Astronautin werden willst, wirst du im All herumschweben. Dann darfst du auch keine Angst haben!"

Lumina ✈ Destination: EuropaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt