Vom ersten bis zum letzten Jahr -Wolfstar (schon wieder)

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Im ersten Jahr war er einfach ein guter Freund gewesen. Ich hatte viel mit ihm, James und Peter unternommen, wir vier waren im Laufe des Jahres unzertrennlich geworden, nicht zuletzt dadurch, dass wir im Frühling sein Geheimnis aufgedeckt hatten.

Im zweiten Jahr war er mein bester Freund gewesen. James hatte ich damals schon als meinen Bruder bezeichnet, folglich hatte ich ihn meinen besten Freund genannt. Ich hatte mit ihm gelacht, wir, die Rumtreiber, hatten Streiche gespielt und waren uns noch näher gekommen.

Im dritten Jahr hatten sich meine Gefühle für ihn plötzlich verändert. Ich hatte gewusst, dass irgendetwas anders war, aber was, das war mir nicht klar gewesen.

Im vierten Jahr hatten diese Gefühle nicht verschwinden gewollt. Ich war mit ein paar Mädchen ausgegangen, aber ich hatte mich einfach nicht von ihnen angezogen gefühlt. Das war das Jahr, in dem ich eine Vorahnung bezüglich meiner Sexualität gehabt hatte.

Im fünften Jahr war ich mir dann sicher gewesen, dass ich zu 100 Prozent, absolut und ganz sicher schwul war. Und hatte außerdem erkannt, was ich für ihn fühlte, denn plötzlich war alles ganz klar gewesen. Ich hatte mich in ihn verliebt. Es war schwer gewesen, mir nichts anmerken zu lassen, doch nach einer Weile hatte ich mich daran gewöhnt. Die Vollmondnächte verbrachten wir von nun an mit ihm, denn dank der glorreichen Idee meiner Wenigkeit, waren wir für ihn zu Animagi geworden. Monate hatte es gedauert, bis wir endlich unsere erste Verwandlumg vollzogen hatten, doch für ihn hätte ich alles getan. Daran hatte sich bis jetzt auch nichts geändert.

Im sechsten Jahr hatte ich die Hoffnung gehabt, dass das Verliebtsein dann endlich mal aufhören würde, doch dem war nicht so gewesen. Ein weiteres, ganzes Jahr war verstrichen und ich hatte lediglich begonnen, ihn mit jedem Tag, der ins Land zog, mehr zu lieben.

Nun war mein letztes Jahr in Hogwarts fast zu Ende. Wir hatten unsere UTZs absolviert und noch eine Woche auf Hogwarts. In diesem Jahr war viel passiert. James war, nach Jahren der Anstrengung, mit Lily zusammengekommen, Alice und Frank waren ebenfalls endlich ein Paar... Und ich hatte mich vor den anderen Rumtreibern und Lily geoutet. James schien nicht überrascht gewesen zu sein, Peter hatte kein Problem damit gehabt, Lily hatte gegrinst und Remus hatte gelächelt. Einfach nur gelächelt. Warum, das wusste ich bis heute nicht.

"Hey, Tatze, wie wär's mit einem Ausflug nach Hogsmeade?", rief mir Moony zu und ich schreckte aus meinen Gedanken hoch.

Ein warmes Gefühl machte sich in meinem Magen breit.

"Klar, gern. Kommen James, Peter und Lily auch mit?", fragte ich gespielt gleichgültig.

"Nee, James und Lily haben ein Date und Peter schmachtet gerade diese Ravenclaw an."

Der Gedanke daran, dass ich allein mit Remus nach Hogsmeade gehen würde, ließ mein Herz höher schlagen.

Wir gingen, nach einem kleinen Abstecher in den Honigtopf, weil Moony seinen Schokoladenvorrat aufgefuttert hatte, in das Drei Besen. Viele waren nicht hier, denn streng genommen durften wir gar nicht hier sein, nur dank der Karte und James' Tarnumhang hatten wir uns wegschleichen können. Und es hatte sich gelohnt, denn Remus sah einfach zum Anbeißen aus, mit seinen hellbraunen Haaren, die ihm auf eine unglaublich niedliche Weise ins Gesicht fielen, und dem Milchschaum an seiner Lippe. Ich hatte den Drang, das Zeug mit meiner Hand abzuwischen, doch ich bemerkte zum Glück rechtzeitig, dass das ein wenig komisch kommen könnte. Aber ich konnte nicht verhindern darüber nachzudenken, wie wunderschön er doch war. Dieses Haar, diese Augen... Sogar seine Narben fand ich wahnsinnig attraktiv, obgleich er selbst sich oft wünschte, er hätte sie nicht. Er fand sich, aus mir unerfindlichen Gründen, deshalb hässlich. Dabei war er das einfach nicht, im Gegenteil, er war die schönste Person, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Wunderschön.

"Wunderschön..."

Moony blickte mich verwirrt an.

Merlin, lass mich das jetzt nicht laut gesagt haben, bitte nicht, bitte, bitte...

"Was?", fragte er und sah dabei so aus, als ob ich ihm gerade offenbart hätte, dass Quietscheentchen am liebsten Erdbeereis aßen.

Scheiße. Ich hatte es laut gesagt.

"Ich... äh...", stammelte ich und kratzte mich nervös am Hinterkopf.

Was konnte ich eigentlich verlieren? Schon so lange schleppte ich all das mit mir herum. Außerdem ging es schließlich um ihn. Er hatte ein Recht darauf es zu erfahren. Also fasste ich mir ein Herz, während meines vor Aufregung aussetzte.

"Du. Du bist wunderschön, Remus."

Ich hatte mit allem gerechnet. Damit, dass er flüchtete. Oder mich anschrie. Oder mir eine knallte. Doch nichts von alledem geschah. Zuerst starrte er mich nur ungläubig an, während ich meinen Blick senkte. Und dann... küsste er mich. Mitten auf den Mund. Er beugte sich über den Tisch zu mir herüber und küsste mich. Die ersten Sekunden lang konnte ich nichts tun, mir war heiß und kalt zugleich und ich war wie zur Salzsäule erstarrt. Dann setzte mein Herzschlag wieder ein, schneller und heftiger als je zuvor, schien meine Brust jeden Moment zu zertrümmern. Und ich gewann die Kontrolle über meinen Körper wieder und erwiderte den Kuss, nur um sie kurz darauf wieder zu verlieren, als Moony mein Gesicht in seine Hände nahm. Wie von selbst verschränkte ich meine in seinem Nacken, ich konnte nichts dagegen tun, es passierte einfach. Ich wollte auch nichts dagegen tun. So musste sich der Himmel anfühlen. Wie Remus' Lippen, etwas anderes war nicht möglich, denn es gab nichts Schöneres. Die Zeit stand still. Und ich wünschte, sie würde nie mehr damit aufhören.

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