Tag 4 - 1

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Heute wirkte Mingyu etwas entspannter als nach der gestrigen Pause. Jedenfalls bis in der Mittagspause zwei junge Männer an unseren Tisch traten. Ich identifizierte sie als die zwei, die sich an meinem zweiten Tag über mich lustig gemacht haben. Heute schienen sie jedoch vielmehr an Mingyu interessiert zu sein, da sie mich und Jisoo nur kurz grüßten. Mittlerweile hatte ich auch ihre Namen herausgefunden. Wonwoo und Minghao.

„Wo warst du gestern? Du hattest doch zugesagt mit uns Essen gehen zu wollen", wurde Mingyu von dem Größeren gefragt. Ich glaube, es war Wonwoo.

„Oder hast du etwas allein mit Jisoo unternommen?", grinste nun Minghao. Interessiert musterte ich die beiden und beschloss spontan, dass sie mir doch sympathisch waren. Jeder schien zu merken, dass Mingyus Weg in der Pause direkt zu Jisoo führte. Und dass Jisoo Mingyu anhimmelte. Nur Mingyu nicht. Auch jetzt noch nicht, wo Jisoos Wangen bei Minghaos Worten rot wurden und er verlegen den Blick abwandte.

Stattdessen sah Mingyu grimmig in die Runde und wünschte uns zum Teufel. „Ne, war boxen." Mehr war scheinbar nicht aus ihm herauszubekommen, aber Wonwoo und Minghao schien die Antwort zu genügen. Ihr Grinsen verbreiterte sich nur noch, als sie sich verabschiedeten.

Mir war dagegen neu, dass Mingyu Boxen ging. Ich dachte eigentlich, der Alltag im Zoo sei anstrengend genug. Oder hatte er versucht seine Frustration loszuwerden? Wenn ja, war es augenscheinlich wenig erfolgreich gewesen. Vielleicht konnte Jeonghan mir etwas dazu erzählen. Er kannte Mingyu ja schon deutlich länger als ich.

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich wollte schon die ganze Zeit wissen, ob ich mit meiner gestrigen Vermutung richtig lag, doch bisher war mir keine Möglichkeit eingefallen mich unauffällig danach zu erkundigen. Wenn ich direkt fragte würde Mingyu mir bestimmt nicht antworten, nachdem ich ihn die letzte Zeit so hatte zappeln lassen.

„Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet Jisoo dir helfen würde deinen Plan, überall Fotos von mir zu verbreiten, umzusetzen. Er wirkt viel zu nett", setzte ich schließlich alles auf eine Karte. Wir räumten gerade unser Werkzeug wieder in einen Stall, sodass er hoffentlich nicht mitbekommen würde, dass ich nur bluffte.

„Er ist eben gut mit mir befreundet. Freunde helfen einander."

Überrascht hielt ich inne. Das hatte besser geklappt als erwartet. Dann lag ich gestern also richtig mit der Vermutung, Jisoo wäre der stille Helfer. Dennoch fiel es mir schwer zu glauben, er täte es nur der Freundschaft wegen.

„Bist du dir sicher, dass das der einzige Grund ist, aus dem er das tut, Gyu? Klar, ich kenne ihn nicht so gut wie du, aber auf mich macht er nicht den Eindruck als wäre es seine Art, Praktikanten schon an ihrem ersten oder zweiten Tag öffentlich bloß zu stellen."

Jetzt hörte auch Mingyu auf zu arbeiten und sah mich fragend an. „Weshalb sollte er es denn sonst tun? Er hat sich schon immer gefreut, wenn er mir eine Freude machen konnte. Da hat er noch nie lange gezögert."

„Wenn du meinst..." Ich zuckte mit den Schultern als ich mich wieder meiner Arbeit zuwandte. „Du solltest dich glücklich schätzen, Gyu, so jemanden findet man nicht oft, der einem ohne zu zögern hilft. Besonders bei Sachen, die er normalerweise nicht machen würde."

„Klingt ja fast wie bei nem Pärchen", lachte Mingyu daraufhin.

Scheinbar fand er die Vorstellung, Jisoo könnte mehr für ihn empfinden, völlig absurd. Ergeben seufzte ich. Langsam fiel mir nichts mehr ein wie ich ihm begreiflich machen könnte was er verpasste. Und wie Jisoo sich dabei fühlte, wenn er seine Bedürfnisse nicht erkannte. Um nicht zu verzweifeln ließ ich das Thema fallen bis mir etwas Neues einfallen würde. Denn ihm ins Gesicht zu sagen, dass Jisoo ihn liebte, war nicht meine Aufgabe.

Elefant, Erdmännchen & Co - Jun FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt