Tag 6 - 2

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„Könntest du Jeonghan noch kurz entbehren? Ich müsste dringend mit ihm sprechen, aber sonst komme ich später wieder, wenn es jetzt ungünstig ist." Bittend sah ich Seokmin an, der etwas überrollt schien von meinem plötzlichen Anliegen.

„Eh... Ja, klar... Wenn Mingyu dich nicht braucht?" Ein kurzer Blick zu besagtem Pfleger zeigte, dass dieser noch nicht ans Arbeiten dachte. Ich zuckte kurz mit den Schultern und lief dann zu Jeonghan, der gerade in einem Nebenraum verschwand.

„Jeonghan, ich muss dringend mit dir über etwas reden!" Durch mein plötzliches Auftauchen fuhr Jeonghan zusammen.

„Erschreck mich doch nicht so! Was gibt es denn, Jun? Alles in Ordnung bei dir?"

„Tut mir leid... Ja, bei mir ist alles in Ordnung, danke. Mir ist nur eben etwas eingefallen als ich Jisoo mit Mingyu gesehen habe. Und zwar... Wie sag ich das am besten? Also -"

„Am besten atmest du erstmal tief durch", unterbrach Jeonghan mich schmunzelnd. Auf einmal erschien mir atmen wieder wie eine tolle Idee und ich holte mehrfach tief Luft. Dabei beruhigten sich auch meine Gedanken wieder, sodass ich sie besser ordnen konnte bevor ich sprach. Zufrieden nickte Jeonghan und bedeutete mir fortzufahren.

„Also... Du erinnerst dich bestimmt an meinen Kumpel Chan?" Jeonghan nickte bestätigend. „Jedenfalls redet er seit unserem Besuch letztens nur noch von Seokmin. Frag ihn, was er essen will, und er schwärmt dir von Seokmins Lächeln vor. Einerseits ist es ja ganz niedlich, aber andererseits hätte mein Chwe gerne seinen besten Freund zurück, der jeden Blödsinn mit ihm macht. Du weißt nicht vielleicht, ob Seokmin da aufgeschlossen wäre?"

Zu meiner Verwunderung schien Jeonghan kein bisschen überrascht. „Jetzt ergibt alles einen Sinn... Ich habe euch ehrlich gesagt nie geglaubt, dass Chan nur etwas übel war. Nur was genau im Busch war, wusste ich nicht." Er machte eine kurze Pause, in der ich ihn schuldbewusst anlächelte. Seufzend sprach er schließlich weiter: „Ich kann dir nichts versprechen. Ich weiß nur, dass Seokmin sich vor rund zwei Monaten von seiner Freundin getrennt hat. Laut eigener Aussage hat er seitdem 'die Schnauze voll von Frauen'. Wie ernst er das meint, weiß ich allerdings nicht. Oder ob er schon bereit für etwas Neues wäre."

Ich überlegte, bevor ich weiterredete. Für Chan machte es das Ganze natürlich schwieriger, wenn Seokmin eigentlich auf Frauen stand. Allerdings musste man ihn einfach gern haben. Vielleicht hätte er ja doch Glück?

„Würdest du Seokmin Chans Nummer zukommen lassen und dafür sorgen, dass er sich bei ihm meldet? So vorlaut Chan manchmal auch ist, glaube ich, dass er zu schüchtern wäre den ersten Schritt zu machen. Ihn hat es ziemlich erwischt am Freitag." Mit meinem besten Hundeblick sah ich Jeonghan an, damit er bloß zustimmte. Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte, damit Chan und Hansol glücklich wurden. Chan, weil Seokmin ihn beachtete, und Hansol, weil Chan ihm hoffentlich wieder mehr Aufmerksamkeit schenken würde.

„Schau mich nicht so an, Jun. Ich seh ja schon, was sich machen lässt", lachte Jeonghan, was mir ein Strahlen ins Gesicht zauberte. Eigentlich würde ich ihn jetzt aus Dankbarkeit umarmen, aber das würde mich nur wieder an meinen Streit mit Hansol erinnern, weshalb ich es unterließ.

„Danke, du bist echt der Beste!"

Verwundert zog Jeonghan eine Augenbraue hoch. „Keine Umarmung heute? Sonst hast du mich doch immer halb umgeworfen bei solchen Gelegenheiten."

Etwas beschämt schüttelte ich den Kopf. „Nein, tut mir leid. Ich hatte Freitag noch eine kleine Auseinandersetzung mit Hansol deswegen. Jetzt fühle ich mich nicht mehr wohl dabei... Aber keine Sorge, wir haben alles geklärt."

„Oh, das tut mir leid. Ich wollte nicht, dass ihr wegen mir-" Schnell unterbrach ich ihn. Er war der Letzte, der etwas dafür konnte.

„Nein, dich trifft keine Schuld, Jeonghan. Schlag dir das mal schön wieder aus dem Kopf. Außerdem haben wir uns wieder vertragen und sind uns beide einig darin, dass wir dich gerne wiedersehen wollen. Also kannst du gar nichts falsch gemacht haben. Denn normalerweise schließt mein Chwe nicht so schnell Vertrauen zu Fremden." Am Ende schmunzelte ich. Jeonghan stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben und er schien sich deutlich zu entspannen. „Zumindest hoffe ich deine Handynummer zu bekommen. Du musst mich doch über den kleinen Elefanten auf dem Laufenden halten, wenn ich nicht mehr hier bin."

„Dann bin ich beruhigt. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich der Grund für euren Streit gewesen wäre. Ihr seid viel zu süß zusammen. Natürlich bekommst du die, wenn du das möchtest. Hast du dein Handy hier? Ich habe nur das Diensthandy bei mir. Mein eigenes liegt im Spind, damit niemand aus Versehen drauftritt."

Bejahend nickte ich und holte es hervor. Zuerst speicherte ich mir Jeonghans Nummer ein und klingelte ihn an, dann schrieb ich ihm Chans auf ein Stück Papier, das wir nach einigem Suchen fanden. Hoffentlich ging mein Plan, Chan glücklich zu machen, auch auf. Es bestand immer noch die Möglichkeit, dass Seokmin gar nichts von ihm wollte.

„Gibt's sonst etwas? Sonst müsste ich mich langsam an die Arbeit machen..."

„Nein, vorerst nicht mehr. Außer dir ist noch etwas zu Jisoo eingefallen?" Als Jeonghan ebenfalls ratlos mit den Schultern zuckte und den Kopf schüttelte, verabschiedete ich mich von ihm. Er versprach noch, mir so bald wie möglich Fotos vom kleinen Elefanten zu schicken, dann ging ich wieder zu Mingyu.

Oder wollte zu Mingyu gehen. Doch der Anblick, der sich mir bot, war zu schön, um ihn nicht mit der Kamera festzuhalten. Damit gäbe es morgen eine spontane Racheaktion. Vielleicht würde Mingyu damit ja endlich verstehen, worum es in unseren Gesprächen über Jisoo ging.

Unschuldig lächelnd trat ich nach meinem perfekten Schnappschuss neben die beiden Turteltauben.

„Da bist du ja, Kleiner. Komm, unsere Tiere warten."

Elefant, Erdmännchen & Co - Jun FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt