Tag 5 - 3

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Auf dem Weg zu den Boxen erzählte Jeonghan uns allerlei Wissenswertes zu den Tieren. Wodurch ihre afrikanischen Elefanten sich von den asiatischen unterschieden. Was und wie viel sie fraßen. Wie groß sie wurden und was ihr Rüssel alles konnte. Es war sehr interessant und auch Hansol schien sich etwas zu entspannen bei Jeonghans ruhiger freundlicher Art.

Sobald wir schließlich die Ställe zu Gesicht bekamen, staunten wir nicht schlecht. Sicher hatte man das alles mal im Fernsehen gesehen, aber in echt war es noch viel beeindruckender. Die Halle war riesig. Schmunzelnd winkte Jeonghan uns weiter bis wir endlich unseren ersten Elefanten sahen. Es war unglaublich. Chan fielen schon fast die Augen aus dem Kopf, so weit hatte er sie aufgerissen.

Während er uns anwies zu warten, holte Jeonghan sich ein paar Brötchen aus einem Eimer und trat dann zwischen den Gitterstäben durch in den Stall. Im Vergleich zu dem riesigen Tier sah er ziemlich klein aus, aber dennoch bewegte er sich sicher in dessen Nähe. Die ganze Zeit über redete er ruhig mit dem Elefanten.

Bei ihm angekommen legte er ihm zuerst eines der Brötchen in das Maul, das von der Größe nun mehr an eine Rosine erinnerte. Dann klopfte er ihm liebevoll die Flanke und führte ihn hinter sich her und zu uns. Dieses tiefe Vertrauen zwischen den beiden zu beobachten war überwältigend. Obwohl der Elefant so viel stärker war, ließ er sich von Jeonghan dirigieren und war ausgesprochen sanft. Weiterhin lobte Jeonghan ihn die ganze Zeit und gab ihm ab und an ein Brötchen.

Bei uns angekommen blieben die beiden stehen und Jeonghan trat wieder auf unsere Seite der Metallstäbe. So aus der Nähe betrachtet wirkte der Elefant noch beeindruckender. Sichtlich amüsiert von unserer Sprachlosigkeit holte Jeonghan einen weiteren Eimer, mit dem er neben uns trat.

„Darf ich vorstellen? Diese schöne Elefantenkuh hier ist unsere Tana. Mein kleiner Liebling." Mit einem freudigen Glitzern in den Augen hielt er ihr einen Apfel hin, den sie ihm mit dem Rüssel aus der Hand nahm. „Wollt ihr auch mal? Sie ist ganz vorsichtig."

Chan fand seine Sprache als erster wieder: „Klein nennst du das? Riesig trifft es wohl eher." Aus unserer kleinen Gruppe war er der Kleinste, sodass Tana für ihn vermutlich noch größer aussah. Selbst ich fühlte mich neben ihr schon klein und unbedeutend.

Auf Chans ungläubige Frage lachte Jeonghan leise. „Man gewöhnt sich daran. Sie ist tatsächlich etwas kleiner als die anderen. Unser Bulle Kibo ist noch ein ganzes Stück größer, der ist momentan draußen auf der Anlage. Aber auch Zambi ist noch etwas größer als Tana. Die werden wir heute aber in Ruhe lassen, solange sie nicht freiwillig zu uns kommt."

Bedächtig nickte Chan. Zu meiner Überraschung war mein Freund der erste, der sich etwas aus dem Eimer nahm. Sonst ließ er bei solchen Gelegenheiten gern anderen den Vortritt und sah es sich an bevor er selbst aktiv wurde. Ermutigend lächelte ich ihm zu als er vor Tana trat, die bereits ihren Rüssel nach dem Apfel ausstreckte.

Bevor Jeonghan noch etwas dazu sagen konnte, hatte Tana ihn sich auch schon geschnappt und kaute zufrieden darauf herum. Hansol drehte sich breit lächelnd zu uns um. Ein warmes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus als ich ihn so sah und ich war unglaublich stolz auf ihn, dass er sich als erstes getraut hatte. Von diesem Ausflug würden wir bestimmt noch lange etwas haben.

„Super gemacht! Wenn du möchtest, darfst du sie auch streicheln. Sie tut dir schon nichts", ermutigte auch Jeonghan ihn, noch einen Schritt weiterzugehen.

Nun nahm ich mir ebenfalls etwas aus Jeonghans Eimer und stellte mich neben Hansol. Nach einem liebevollen Blick in seine Richtung, streckte ich meine Hand Tana entgegen. Zuerst spürte ich ihren warmen Atem an meiner Hand, dann griff sie zielsicher aber vorsichtig nach dem Apfel. Meine Hand wurde nur leicht nach unten gedrückt. Es war beeindruckend wie viel Feingefühl Tana in ihrem Rüssel hatte und wie gut sie ihre Kraft dosieren konnte.

Auf meinem Gesicht prangte dasselbe breite Lächeln wie auf dem Gesicht meines Freundes. Diese Erfahrungen und dieses Glück mit ihm zu teilen, machte die Erinnerungen nur noch wertvoller.

Zusammen streckten wir je eine Hand aus als wir näher an das Gitter herantraten. Erstaunt weitete ich meine Augen, sobald ich die Elefantenhaut unter meinen Fingern spürte. Es fühlte sich ganz anders an als erwartet und gleichzeitig hätte ich nicht gewusst, was ich stattdessen erwartet hätte. Zögerlich streichelten wir Tanas Rüssel und einen Teil ihres Kopfes. Die raue gummiartige Haut war im ersten Moment gewöhnungsbedürftig, da man so etwas nicht mit einem Tier verband, aber sie fühlte sich trotzdem gut an.

Jeonghan sprach immer wieder liebevoll mit Tana, lobte sie dafür so ruhig zu sein. Um unser Glück nicht überzustrapazieren und Chan nicht seiner Möglichkeit zu berauben, traten Hansol und ich wieder zurück, nachdem wir Tana noch ein Dankeschön in Form von Futter hatten zukommen lassen. Ich hätte platzen können vor Glück als ich meinen Freund dann umarmte und einen Kuss von ihm bekam.

„Danke, Jun, dass ich mit dir hier sein darf."

Lächelnd strich ich Hansol eine Haarsträhne aus der Stirn. „Für dich mache ich das gerne, Chwe. Mit dir zusammen ist es noch viel schöner."

Da Chan sich nicht wie sonst beschwerte, vermutete ich, dass er sich nun mit Jeonghan an Tana heranwagte. Somit nutzte ich die Zeit, um meinen Chwe in Ruhe zu küssen. Anschließend beobachteten wir Chan bei seinen Annäherungsversuchen. Er sah so verloren aus neben diesem imposanten Tier. Dennoch hielt er sich gut und streichelte Tana schließlich zaghaft.

Lange konnte ich ihm jedoch nicht zusehen, da meine Aufmerksamkeit von etwas anderem auf sich gezogen wurde. Sofort machte ich Hansol darauf aufmerksam, der neugierig meinem Blick folgte. Weiter hinten war soeben ein weiterer Elefant aufgetaucht, der noch größer und vor allem massiger wirkte als Tana.

„Dort hinten steht Zambi. Wenn sie ihr Kalb zur Welt gebracht hat, wird sie sich wieder mehr Tanas Statur angleichen. Wenn auch nicht komplett, sie war auch vor der Schwangerschaft schon etwas massiger", erklärte Jeonghan uns.

Nach einem letzten Apfel für Tana wandte sich auch Chan dem Neuankömmling zu. Um sie nicht zu stören, bewunderten wir Zambi nur aus der Ferne. Jedenfalls bis Jeonghan vorschlug Seokmin bei der Arbeit zuzusehen. Etwas wehmütig verabschiedeten wir uns mit ein paar letzten Streicheleinheiten von Tana. Dies war definitiv eine Begegnung, die ich nicht so schnell vergessen würde.

Elefant, Erdmännchen & Co - Jun FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt