Tag 7 - 9

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Um etwaige Ausbruchsversuche gar nicht erst geschehen zu lassen, bezog ich Posten am oberen Ende des Tunnels und versperrte den Weg mit meinem Schuh. Die Aussicht hier oben war durchaus interessant, dennoch kam es mir vor, als würde es eine halbe Ewigkeit dauern bis Mingyu zurückkam.

„Sind alle noch da?"

„Nein, einer kratzt an meiner Schuhsohle. Wo bleiben eigentlich die Handwerker?"

„Ich habe Soonyoung unterwegs kurz getroffen, der hat nur gelacht und gemeint, wir machen das schon. Wenn sie später immer noch nicht da waren, sollen wir uns nochmal melden."

Während unserer Unterhaltung lockte Mingyu das Erdmännchen, das an meinem Schuh kratzte, aus seinem Tunnel hervor und verschloss ihn nun zum dritten Mal. Wie auch die vorigen Male beobachteten die kleinen Tiere jeden seiner Handgriffe ganz genau. Sobald er sicher war, alle vollzählig zu haben, bestückte er ihren Stall mit etwas Futter und lockte sie durch Rufe hinein. Erstaunlich schnell folgten auch die Letzten ihrer Gruppe, nachdem sie mitbekamen, dass es dort etwas Leckeres zu fressen gab.

Erleichtert, keinen Sack Flöhe mehr hüten zu müssen, schlossen wir die Tür zu ihrem Stall hinter uns ab. „Ganz ehrlich? So habe ich mir meinen letzten Tag hier nicht vorgestellt, Gyu. Ich wusste gar nicht, dass Erdmännchen so viel Arbeit machen können."

„Du hast auch noch nicht versucht, ein bestimmtes Tier der Gruppe zu fangen. Das ist ein Spaß. Aber zum Glück nichts Alltägliches", schmunzelte Mingyu und klopfte mir auf die Schulter. „Für deine erste Erdmännchen-Rettungsaktion hast du dich gut geschlagen, Kleiner."

„Danke. Das werde ich auch so schnell nicht vergessen."

Draußen erwarteten uns endlich auch die Handwerker, denen wir daraufhin erklärten, wo der Tunnel entlang führte. Sie kannten das Problem schon, da es bei Erdmännchen häufiger vorkam, dass sie ihre Anlage auf Ausbruchsicherheit testeten. Besonders in den ersten Wochen, in denen sie eine neue Anlage bezogen, später meist nur noch bei Langeweile.

Der Rest des Tages verlief vergleichsweise unspektakulär. Durch die Zeit, die wir zusätzlich bei den Erdmännchen verbracht haben, verschob sich die restliche Arbeit nach hinten, sodass wir den pünktlichen Feierabend vergessen konnten. Als wir schließlich im Pausenraum ankamen und unsere Sachen holten, fand ich auf meinem Handy eine Nachricht, in der Jeonghan sich entschuldigte, ohne richtige Verabschiedung gegangen zu sein, da er noch eine wichtige Verabredung hatte. Ich antwortete ihm, dass wir uns ohnehin bald wiedersehen würden, da Chwe und ich viel zu neugierig waren, den kleinen Elefanten aufwachsen zu sehen. Außerdem schlug ich ihm vor, dass wir uns an einem seiner freien Tage gerne in der Stadt auf einen Kaffee treffen könnten.

Kaum, dass ich mein Handy zurück in meine Tasche gesteckt hatte, zog Mingyu meine Aufmerksamkeit auf sich. „Komm mal wieder vorbei, Kleiner. Du warst mir echt eine große Hilfe - nicht nur bei der Arbeit. Danke dafür!" Vor Überraschung konnte ich erst gar nicht reagieren, als Mingyu mich plötzlich in eine brüderliche Umarmung zog und mir auf den Rücken klopfte. Lächelnd erwiderte ich die Geste, ehe er sich einen Augenblick später wieder löste.

„Darauf kannst du dich verlassen. Ich will doch sehen, wie es mit dir und Jisoo weitergeht! Bestell ihm schöne Grüße. Ihr zwei schafft das schon." Mit einem letzten gegenseitigen Schulterklopfen verabschiedeten wir uns voneinander. Die Zeit mit ihm war im Nachhinein betrachtet wesentlich angenehmer gewesen, als ich anfangs befürchtet hatte. Wenn er sich erst etwas entspannte und an die neuen Gefühle gewöhnt hatte, würde Jisoo sicher einen tollen Freund an seiner Seite haben.

Auf dem Weg nach draußen kam ich ein letztes Mal an dem schwarzen Brett der Mitarbeiter vorbei, was mich an etwas erinnerte. In meiner Tasche kramte ich nach dem letzten verbliebenen Foto. Gerade als ich es aufhing, kamen Wonwoo und Minghao Arm in Arm um die Ecke gelaufen. Sobald sie mich bemerkten, grinsten sie mich wissend an.

„Na wen haben wir denn da? Unseren heimlichen Liebesboten?" Ich quittierte Wonwoos Frage nur mit einem leisen Lachen und sparte mir die Antwort. Wozu auch leugnen, wenn man auf frischer Tat ertappt wurde? „Wir dachten uns schon, dass die Bilder von dir kommen. Gut gemacht! Alleine hätten sie es wohl nie auf die Reihe bekommen."

„Danke. Passt mir bloß auf, dass er es nicht doch noch vergeigt!"

Lachend schlugen wir alle zum Highfive ein, bevor auch wir uns verabschiedeten und unserer Wege gingen. Endlich würde ich meinen Chwe wiedersehen!

Elefant, Erdmännchen & Co - Jun FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt