27. Kapitel

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★Ben★

Ich hatte so ein schlechtes Gewissen Marco gegenüber.

Er hatte recht gehabt. Ich hatte ihn nicht bedacht, aber anders gehandelt hätte ich trotzdem nicht.

Ich rief ihn alle 5 Minuten an, doch er nahm nie ab.
Ich wollte noch mit ihm reden, ehe Richard mich zur Rede stellen würde.

Ich wollte mich von ihm verabschieden.
Noch einmal seinen Duft riechen, noch einmal in seine Augen sehen, noch einmal seine Lippen auf meinen spüren.

Ich wusste, dass mir mein brutaler, schmerzhafter und mehr als qualvoller Tod bevorstand.
Ich brauchte eine letzte Erinnerung mit Marco, an die ich mich klammern konnte, wenn es so richtig schlimm wurde.

Ich wollte mich im Moment meines Todes an Marcos schelmisches Grinsen erinnern, das seine sensible Art verbergen sollte.
Für Fremde tat es das vielleicht, doch nicht für mich. Ich sah immer so viel mehr in seinem Blick. Ich sah sein wahres Ich.
Daran wollte ich mich erinnern.

Deshalb war ich umso erleichterter, als er endlich abnahm.
„Ja?" Das war das erste war mir auffiel. Normalerweise ging er immer mit einem coolen und lustigen Spruch ans Telefon. Ein einfaches ja war schlichtweg nicht sein Style.
Das zweite, war der Klang seiner Stimme. Aber ich dachte, das sei schon okay so, immerhin war er ja gerade angepisst, natürlich konnte ich keine Fröhlichkeit erwarten.

„Kannst du bitte zurückkommen? Ich will nochmal mit dir reden, bevor..." Das Ende des Satzes ließ ich offen.
Am anderen Ende war es kurz still.

„Es ist alles gut, Benny, du musst keine Angst haben" Plötzlich klang er so einfühlsam, aber trotzdem irgendwie leidend.
Und ich fragte mich, was er getan hatte, um diese Worte mit so viel Überzeugung aussprechen zu können.

„Marco" Ich sprach einfach nur seinen Namen mit allen Gefühlen aus, die gerade in mit tobten, doch das reichte, um ihn zum Seufzen zu bringen.
„Bist du zuhause?", fragte er.
Ich nickte und bestätigte dann nochmal mit „Ja"
„Bleib da, ich komme und erkläre dir alles"
„Okay"

Eigentlich war das Gespräch hier beendet, aber keiner von uns legte auf.
„Marco?"
„Ja?" Ich hörte schon Motoregeräusche, also fuhr er wohl gerade los.
„Beeil dich bitte" Ich brauche ihn jetzt einfach an meiner Seite.
„Mach ich." Dann legte er auf, weil er wusste, dass ich es nicht tun würde.

Ich legte mein Handy auf meinem Nachtkästchen ab und ließ mich zurück ins Bett fallen.

Ich musste zehn Minuten warten, ehe meine Tür aufging.
Ich sah dorthin, aber all meinen Hoffnung verschwand, denn ich erkannte meinen Onkel.
Und er grinste sein böses Grinsen, das er immer hatte, wenn andere leiden mussten.

In diesem Moment zerbrach etwas in mir, weil ich glaubte, sterben zu müssen, ohne nochmal mit Marco geredet zu haben.
Es gab so viel, dass ich ihm sagen wollte, aber am liebsten wollte ich ihn einfach nur umarmen und nicht wieder loslassen.

„Ich bin stolz auf dich" Onkel Richards Satz brachte mich dann noch mehr aus der Bahn.
„Es gibt nichts worauf du stolz sein könntest", gab ich bitter zurück.
Jetzt wollte er auch noch seine Spielchen mit mir spielen. Kranker Psycho.

Er zuckte mit den Schultern. „Also ich finde es schon eine Leistung, seine Eltern zu töten. Zwar hast du zu lange gezögert, aber auf das Endergebnis kommt es doch an. Und mit diesem bin ich mehr als zufrieden. Die Leichen wurden mittlerweile auch gefunden und identifiziert, obwohl sie stark verbrannt waren."

Ich schluckte und stand von meinem Bett auf, um Richard nicht mehr unterlegen zu sein.
Er sollte nicht glauben, Spielchen mit mir spielen zu können.

Ich starrte ihn einfach nur an, solange bis Marco im Türrahmen auftauchte.
Unsere Blicke trafen sich sofort und irgendwie wusste ich intuitiv, dass er dafür verantwortlich war.

Die Liebe und der beste FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt