28. Kapitel

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★Marco★

Richard hatte Ben gelobt und war dann wieder aus dem Zimmer gegangen.

Ben und ich hatten uns nur angestarrt.

Irgendwann schüttelte er den Kopf, seine Augen glitzerten. „Sag mir, dass das nicht wahr ist"

Ich presste die Zähne zusammen, versteckte meine zitternden Hände. „Es tut mir leid, Ben. Ich musste doch was tun"
Ich klang genauso verzweifelt, wie ich mich fühlte.

Ben sah so wütend aus und zugleich verletzt.
Ich wusste, wie er sich fühlte. Auch ich hatte meine Eltern verloren.
Und gleichzeitig war sein Schmerz so viel größer als meiner, denn meine Eltern waren nicht von meinem besten Freund ermordet worden.

„Wie konntest du das tun?", hauchte Ben. Er zitterte.

Ich ging zu ihm und nahm seine Hände in meine, sodass sich unser Beben gegenseitig ausglich.
„Ich konnte nicht zulassen, dass du bestraft wirst. Ich liebe dich. Ich wollte dich nur beschützen"

Ben schüttelte den Kopf und riss seine Hände aus meinen. „Nein, Marco, du liebst nur dich selbst."

Er stand direkt vor mir, doch schien so unglaublich weit weg zu sein.

Sein Blick schaffte eine unüberwindbare Distanz, aber seine Stimme war schlimmer, denn, als er sprach, war sie immer kurz davor zu brechen, sowie er selbst. „Du hast das nicht für mich getan, sondern nur für dich. Weil du den Gedanken nicht erträgst alleine zu sein. Weil dir alle anderen scheiß egal sind, solange es dir gut geht. Und nur weil du mich dafür brauchst, kann ich mich in Sicherheit wiegen. Aber wenn es mal nicht mehr so ist, würdest du sogar mich umbringen. So bist du nun mal. Marco der tapfere. Marco der mutige. Marco der starke."
Ben presste die Zähne zusammen, während sich auch Tränen in meinen Augen sammelten.
Er hatte mir nie gesagt, dass er so über mich dachte, doch er klang so ehrlich, dass es wehtat.

„Hör auf mich so anzusehen!" Er drückte den Finger in meine Brust.
„Hör auf dir einzureden, du würdest mich lieben! Vielleicht kannst du dir was vormachen, aber mir nicht! Ich weiß, dass du durch dein ganzes Verhalten nur versuchst, mich an dich binden, weil du glaubst, unsere Freundschaft sei nicht stark genug, das alles auszuhalten, was du ansellst. Du willst, dass ich dich liebe, damit ich nicht ohne dich leben kann, weil du so niemals alleine wärst. Aber jetzt hast du eine Grenze überschritten, Marco. Du hast meine Eltern umgebracht!" Er stand mir direkt gegenüber und schrie mir ins Gesicht.

Ich hatte das Gefühl, ich wurde immer kleiner und er immer größer, solange bis mir bewusst wurde, dass alles, was er sagte, wahr war.
Nur eine Sache nicht.

Ich schlug seine Hand von meiner Brust weg und machte ihm die Geste nach. „Es ist mir scheiß egal, ob du mir glaubst, dass ich dich liebe! Es ist mir egal, dass du mich nicht liebst! Aber eine Sache, die mir nicht egal ist, bist du! Ich konnte dich nicht blind in den Abgrund rennen lassen!"

Ben schlug diesmal meine Hand weg. „Du bist so ein Heuchler! Nie denkst du nach, immer tust du wonach dir ist, aber wenn es darum geht, meine Eltern zu killen, kannst du dir einen perfekten Plan ausdenken! Und dann stehst du hier und behauptest, du hättest das für mich getan. Wie krank muss man bitte sein? Wäre ich dir echt so wichtig, wie du behauptest, hättest du meine Entscheidung akzeptiert!"

Ich lachte auf. Er zog das alles einfach ins Lächerliche.
„Akzeptiert, dass du zulassen wolltest, dass du umgebracht wirst, obwohl es eine andere Lösung gab? Das zu tun, wäre krank gewesen!", schrie ich ihn an.

Ich hatte gerade die Eltern der Person umgebracht, die ich liebte. Ich fühlte mich schon so scheiße genug, da konnte ich seine Schuldzuweisungen nicht auch noch gebrauchen.
Ich verstand ja, dass er sauer war, aber er sollte doch wenigstens versuchen, mich auch zu verstehen.
Aber das konnte er nicht, denn er liebte mich nicht so wie ich ihn.

Wir starrten uns eine Weile wütend an, bis meine Impulse dann einfach übernahmen und all meine Wut aus mir rausbrach.
„Du würdest es wohl lieber rückgängig machen, dass ich dich vor dem sicheren Tod bewahrt habe mh?!", fragte ich ihn provizierend.
„Ja!", schrie er.

Im nächsten Moment flog meine Faust in sein Gesicht und er fiel nach hinten um.
Ich kniete mich auf ihn und schlug ihm immer wieder ins Gesicht.

Es war mir egal, wie sehr er blutete und dass er versuchte, mich runter zu bekommen. Ich war einfach nur wütend.

„Dann zeig ich dir jetzt, was passiert wäre, wenn ich deine schieß Eltern nicht umgebracht hatte! Du willst tot geprügelt werden? Dann bitte!", schrie ich.

Ich stand auf und trat ihn.
Er krümmte sich keuchend zusammen, spuckte Blut.
Ich konnte sein Gesicht kaum mehr erkennen, ich konnte gar nichts mehr erkennen. Ich konnte nur spüren und zwar all die Verzweiflung.

Doch sie wurde mit jedem Tritt und jedem Schlag immer größer, denn ich wusste, ich hatte Ben verloren und verlor ihn durch jeden Tritt und jeden Schlag immer mehr, doch ich konnte einfach nicht mehr aufhören.

Jedes Mal, wenn ich ihn verletzte, verletzte ich mich auch selbst.
Und es tat so unfassbar weh.

„Marco!" Erst als ich meinen Namen hörte und den geschockten Ton von Reece drang die Welt wieder an meinen Bewusstsein, ich hob den Kopf und sah zu Reece, der in der Tür stand und mich geschockt ansah.

Dann blicke er vor mir auf den Boden.
Ich folgte seinem Blick zu Ben.

Er lag da, Blut überströmt und bewegte sich nicht, kein bisschen.

Reece rannte zu Ben und kniete sich auf den Boden.
Er drehte ihn auf den Rücken und schlug ihm leicht auf die Wange.

„Mach doch was!", schrie er mich an.
Er sah panisch aus.
Aber ich konnte nichts machen.
Ich war perplex. Und ich hasste mich selbst.

Die Liebe und der beste FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt