3. Kapitel

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10 Jahre zuvor

★Ben★

Ich war erleichtert, als Reece endlich eingeschlafen war und atmete tief durch.
Sein Kindermädchen hatte heute keine Zeit gehabt, ihn ins Bett zu bringen und seine Eltern interessierten sich nicht dafür, dass er nachts nicht schlafen konnte, also hatte ich das übernommen.

Ich ging leise aus seinem Zimmer in den Flur und schloss gerade die Tür hinter mir, als ich sah, wie Onkel Richard gefolgt von seinen Männern, die einen bewusstlosen Jungen trugen, durch den Flur lief.

Ich wartete, bis sie weg waren und folgte ihnen dann in geringem Abstand.
Sie waren in eines der Gästezimmer gegangen und legten den Jungen auf dem Bett ab.

Ich konnte ihn nicht wirklich sehen, doch ich war neugierig und wollte wissen, warum er hier war.
Dazu musste ich einfach nur zuhören.

„Er wird nach seiner Ausbildung sein hervorragender Soldat sein.", hörte ich Onkel Richard.
Das„Der kleine hat Mut und Kampfgeist. Genau das, was Ben nicht hat"

Ich kniff die Augen zusammen.
Ja, danke auch. Genau das wollte ein Junge hören, der gerade erst von seinen Eltern ausgesetzt worden war.

„Ich will, dass die beiden sich um Reece kümmern. Ben soll dem Jungen etwas von seinem Gehorsam abgeben und der Kleine soll Ben zu einem richtigen Man machen. Ihr werdet dafür sorgen, alles klar?"
„Ja Sir", erklang es im Chorus.

Die Männer blieben in dem Raum, einige Stunden, bis der Junge anfing zu husten und sich leicht aufrichtete.
Er keuchte schmerzerfüllt.

Ich sah durch den Türschlitz, dass sich die Männer um ihn herum um das Bett stellten.
„Keine Sorge, du wirst nicht sterben, du bist schon verarztet worden", meinte Onkel Richard.
Der blonde Junge sah aus zusammen gekniffen Augen zu ihm hoch. „Was wollen sie jetzt mit mir machen?", frage er deutlich wütend.

Onkel Richard setzte sich auf die Bettkante. „Du wirst ein Teil meiner Familie, Kleiner. Fühl dich geehrt"
Der Junge stieß einen belustigen Laut aus. „Ich soll mich geehrt fühlen, weil sie mir meine Familie genommen haben?"
Onkel Richard schüttelte den Kopf. „Nein, sondern weil du noch lebst"
Der Junge schüttelte ebenfalls den Kopf. „Das ist nicht ihr verdienst. Sie hätten mich doch verbrennen lassen"

Onkel Richard stand wieder auf und ich konnte den blonden Jungen besser mustern.
Er war voller Ruß, aber hatte eine Tränenspur auf den Wangen.

„Ich wusste, dass du überleben wurdest. Du bist ein Kämpfer, Kleiner. Und genau nach jedem wie dir habe ich gesucht"
„Ich will nicht hierbleiben"
Onkel Richard lachte. „Dann versuch doch zu fliehen"
Der Junge nahm die Herausforderung an, wollte vom Bett aufspringen, doch fuhr wieder mit einem schmerzerfüllten Laut zurück und fasste sich an die Seite.

Onkel Richard lachte darüber. „Werde erst mal gesund und versuchs dann wieder.", meinte er, ehe er auf die Tür zuging, hinter der ich mich versteckte.

Und bevor ich abhauen konnte, riss er die Tür auf und sah mir direkt ins Gesicht.

Er lächelte. „Du neugieriger Bengel" Er wuschelte mir über den Kopf.
Normalerweise würde er ausrasten, wenn er mich beim Lauschen erwischt hätte, aber heute schien er einen guten Tag zu haben.

Er ging an mir vorbei und seine Männer folgten ihm.

Als sie weg waren, sah ich wieder ins Zimmer, wo der Junge auf dem Bet lang.
Ohne viel nachzudenken ging ich rein und schloss die Tür hinter mir.

Ich stellte mich neben sein Bett, sah auf ihn herunter und erkannte die verbrannte Haut an seiner rechten Seite, die sich von der Hüfte bis zur Taille ersteckte.
Der Junge sah mich an und ich sah ihm ins Gesicht.

„Tut das weh?", fragte ich ihn.
Er nickte.
Ich legte den Kopf leicht schief. „Weinst du deswegen?"
Er strich sich über die verrußten Wangen und schüttelte den Kopf.

Vor mir hatte er nicht so eine große Klappe wie vor meinem Onkel.

„Hat mein Onkel deine Familie umgebracht?", fragte ich ihn.
Er nickte.
Seufzend setzte ich mich zu ihm auf die Bettkante. „Das tut mir leid"

Er musterte mich. „Wieso bist du so anders?", war das erste, das er zu mir sagte.
Ich lächelte ihn leicht an. „Ich glaube jeder Mensch ist anders. Du auch. Du bist einzigartig und wertvoll, auch wenn es sich jetzt vielleicht nicht so anfühlt"

Das war das, was Reece zu mir gesagt hatte, um mich zu trösten, als meine Eltern mich bei seinen zurückgelassen hatten.
Aber ich musste feststellen, dass mein kleiner 5-jähriger Cousin Recht gehabt hatte.

Jeder Mensch war einzigartig und wertvoll, vor allem dieser blonde Junge vor mir.

Die Liebe und der beste FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt