Bruch

344 27 4
                                    

Sarana stand vor der Kellertür und rang mit sich endlich hinein zu gehen, um mit Oni zu reden. Dieses verfluchte Miststück hatte die Attacke von Killer gut weggesteckt und nach ihr rufen lassen. Allein der Gedanke nur einen ihrer kranken Erklärungen lauschen zu müssen, versetzte Sarana in einen Blutrausch. Doch war sie trotzdem ihr eigen Fleisch und Blut, ihre Schwester, die sie nicht beschützen konnte. Die Menschenhändlerin hatte so viele schlechte Entscheidungen getroffen und die, die ihr am meisten schmerzlich bewusst wurde, war, dass sie sich fügte. Sie fügte sich ihrem Vater, tat was er von ihr erwartete und zu dem wurde, was sie heute war. Sie leistete Folge, trat ihr Erbe an und ließ sich in den gewaltvollen Strudel, der ihr nun mal vorgegeben wurde, hinein manövrieren. Sarana akzeptierte ihr Schicksal. 
Und hier stand sie. Eine manipulative, eiskalte Frau, denen ihre Mitmenschen egal waren, so lange sie brav gehorchten. Und Sarana erkannte die Vorzüge ihrer Dominanz, es gefiel ihr, wenn man Angst vor ihr hatte, solch unsagbaren Respekt hatte vor einer Frau, die mit einem kleinen Befehl den Herzschlag einer Person beenden konnte. Egal, ob reich oder arm - mittellos oder mächtig. Bei ihr machte es keinen Unterschied.

Doch Kid hatte etwas in ihr erweckt, wovon sie dachte, es längst begraben zu haben. Es war keine Liebe, zumindest keine die ihr oder Kid gut tun würde. Das war keine der Geschichte in der sich die zwei Sturköpfe zum Schluss in den Armen lagen, trotz all der Fehler und Grausamkeiten, die zwischen ihnen passierte. Die Antwort war ihr schmerzlich bewusst, konnte sie sich aber noch immer nicht eingestehen. Kid stand für all das was Sar immer wollte - pure Freiheit. Die er sich gewaltsam nahm und jeden Tag dafür kämpfte und wenn nötig auch dafür starb.
Die beiden würden niemals zueinander finden, ihre Leben ließen sich niemals Einklang bringen, doch ihre Seelen tanzten miteinander, dass es abhängig machte.
Und dieser Tanz würde sie ewig verbinden, komme was wolle.

Sarana wird sich an Oni rächen. Sie hatte ihr weh getan und das musste sie büßen.
Die Schwarzhaarige ging den dunklen Gang entlang, bis zur Onis Zelle und versuchte geduldig und ruhig zu bleiben. Ihr Gesicht war furchtbar entstellt und das bereitete ihrer älteren Schwester ein kurzes Gefühl der Genugtuung. Onis blondes Haar war zerzaust, stand ab und sie saß im Dreck, vertrocknetes Blut klebte überall an ihrem Körper und ihrer Kleidung. Oni röchelte mühselig, da ihr Gesicht so zugeschwollen war, dass sie kaum Luft bekam.
"Sar?", krächzte sie durch die Dunkelheit und Sarana seufzte hörbar aus, als die Blondine das Offensichtliche erwähnte. "Ich bin hier, Oni!" Sie blieb noch ruhig, denn Oni würde nicht mehr viel Leid über sie alle bringen können. Ihre Flügel waren gebrochen und sie würde nicht unnötig darauf herumreiten. Die Stormtöchter waren stolze Wesen und Oni litt in dieser dreckigen Zelle gerade Höllenqualen, nicht weil ihr Gesicht entstellt war und sie unsagbare Schmerzen haben musste, sondern weil man sie einsperrte und vor aller Augen demütigte.
Oni kicherte dunkel, verkrümmte sich bei dem Versuch aufzustehen. Es kam Sarana wie eine halbe Ewigkeit vor, doch ließ sie ihre Schwester sich kommentarlos aufraffen.
"Wie geht's deinem hübschen Sklaven?" Oni konnte es wohl nicht lassen ihre Schwester zu provozieren, sie hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht wie es schien.
"Hast du mich hergebeten um darüber zu reden, Oni? Wenn ja, verschwinde ich wieder, denn ich habe keine Lust darauf mir dein hässliches Gesicht anzusehen, während du versuchst mich nur unnötig zu provozieren."

Oni verzog ihr Gesicht, so weit es ihr möglich war, und stützte sich an den kupferfarbenen Gitterstangen ab, um Sarana in die Tiefen ihrer eisigen Augen zu sehen.
"Du stellst das Wohlergehen eines Sklaven über das deiner Schwester. Du bist widerlich. Was ist nur mit dir los?" Ihre Stimme zitterte, denn die Blondine war wirklich zerrissen, als sie von ihrer Schwester so misshandelt wurde, zum ersten Mal in ihrem Leben.
Und Killer gab ihr auch noch den Rest, dass war zu viel für die junge Frau und sie kämpfte innerlich, um wieder zu ihrer alten Stärke zurück zu finden. Aber dieser Pirat hatte ihr etwas gegeben von dem es nur schwer war wieder loszukommen.
"Oni. Du bist krank und ich bin deiner überdrüssig.. Du hast meinen Befehl missachtet und jetzt trägst du die Konsequenzen.. Ich war viel zu nachsichtig mit dir, aber mir reicht es jetzt!"
Sarana spürte wie sich all die angestauten, schlechten Gefühle in ihr aufkochten, brodelten und an ihrem Inneren kratzten und sich in ihren Verstand drückten, sie fast verrückt werden ließen. Die Blondine schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. "Ich habe nur mein Versprechen zu unserem Vater eingehalten. Es war meine Pflicht, als deine Schwester und rechte Hand - es gibt doch nur noch uns, Sar!" Diese Worte ließen Sarana fast schmunzeln. Oni war noch nie so emotional, schon gar nicht, wenn es um ihre Familie ging. Es war ein Organismus, der sie zufällig zusammenwürfelte, eine Symbiose, der keine von ihnen entfliehen konnte. "Und welches Versprechen wäre das, Oni?"

Ihre Schwester schluckte, grinste aber glücklich, dass sie doch nachfragte.
"Schwesterchen. Ich habe gesehen, wie du ihn ansiehst.. Als wäre er dein heiß ersehnter Ritter, der dich aus allem rausholt und dich mitnimmt und du endlich nicht mehr Sarana Storm sein musst. Das wird aber nicht funktionieren, Sar. Hörst du?! Du bist dafür nicht gemacht und ich werde nicht zulassen, dass du alles zerstörst was unser Vater aufgebaut hat."
Am liebsten würde Sarana lauthals loslachen. Der Verstand ihrer jüngeren Schwester war vergiftet worden, so sehr, dass sie gar nicht bemerkte, was für einen Schwachsinn sie redete.
Man musste sie nicht beschützen, retten oder sie aus dem Höllenloch rausholen, dass sie ihr Zuhause nannte. Sarana entschied sich dafür und sie lebte damit Tag für Tag. Nie im Leben würde sie diese Entscheidung von einem Mann abhängig machen. Ein bitterer Geschmack legte sich auf die Zunge der Schwarzhaarigen und am liebsten würde sie der hübschen Blondine den Hals umdrehen. Sar lächelte ihrer Schwester diabolisch in ihr verkrümmtes Gesicht und schob ihre zarte Hand durch das Gitter, um ihr eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. "Kid hat rein gar nichts damit zu tun, Oni. Du hast nicht auf mich gehört und das dulde ich nicht. Deswegen werde ich dir die verschissene Kehle aufreißen, so wie ich es bei unserem - ach so geliebten - Vater getan habe!" Nach der zärtlichen Geste folgte eine brutale und die Menschenhändlerin packte Oni beim Schopf und drückte ihr, ohnehin schon vollkommen zerstörtes Gesicht, gegen die rostigen Stäbe. Sie keuchte und versuchte sich gegen den Griff von Sarana zu wehren, doch ihre Kraft reichte nicht gegen ihre starke Schwester.
"D-du hast gesagt, er starb in einem Sturm!", schrie sie mit Tränen in den Augen.

Sarana lachte - fast hysterisch und schüttelte ungläubig den Kopf, da Oni anscheinend wirklich nie der Gedanke kam. "Ich war der verfickte Sturm!  Jahrelang wartete ich auf die Gelegenheit ihn endlich leiden zu lassen, für all das was er uns angetan hat - mir angetan hat. Das Schwein hat mich geschlagen, gebrochen und zu einem Monster geformt - natürlich habe ich ihn getötet. Herrgott, sei doch nicht so naiv!" Sarana schlug Onis Stirn gegen das Eisen und sah ihr dabei zu wie sie schluchzend zu Boden sank. Sie wusste, dass sie ihrem Vater ihre Tränen schenken würde, auch wenn er es nicht verdiente. Der Anblick machte sie rasend. "Du Hure! Wie konntest du das tun?", schrie Oni voller Verzweiflung. Ihr ganzes Weltbild sprang in tausend Teile. Sie hatte Jahre damit zugebracht für Sarana zu arbeiten, sie zu beschützen, ihre Drecksarbeit zu erledigen - nur weil John Storm es von ihr verlangte.
Während die Schwarzhaarige ihren Vater getötet und verraten hatte und sie die lächerliche Lüge auch noch glaubte, die die Menschenhändlerin ihr erzählte. Sarana entfuhr nur ein verächtliches Schnauben und sah ihrer jüngeren Schwester dabei zu, wie sie langsam an ihrer Trauer verfällt.

"Entschuldigen Sie, Ms. Storm. Der Pirat ist jetzt wach und er will mit ihnen reden!", sagte Enis schüchtern, als er in das grauenhafte Schauspiel hinein schlich und es nur ungehalten unterbrach. "Danke, Enis." Der Junge kehrte schnell um und ließ die beiden Frauen in dem dunklen Keller zurück. "Deine Strafe wird nicht milde ausfallen, Oni. Gewöhn dich an den Gedanken - vielleicht übergebe ich dich Kid oder Killer, denen fällt sicher etwas passendes für dich ein!" Und mit diesen hasserfüllten Worten machte sie sich auf den Weg zu Kid, überließ ihre Schwester der Dunkelheit, mit der sie schon geboren wurde.

Sei der Sturm [One Piece ● Eustass Kid ● OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt