Of the Storm

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Marie krampfte ihre Finger um den kleinen Blechbecher und spürte wie ein einfacher Marinesoldat ihr eine Decke um die Schultern legte. David stand stramm an der Reling und verschränkte seine Hände hinter dem Rücken, als er die Insel langsam ausrauchen sah. Sie waren zu spät und somit war das Storm-Imperium gefallen, das er seit jeher mühevoll beschützte, abschirmte und vom Rest der Welt versteckte. Sein weißer Mantel fächerte leicht im Wind und die Rothaarige starrte die schwarzen Schriftzeichen auf seinem Rücken an. „Ist sie tot?", fragte er ruhig und ließ seine Augen noch immer auf den dicken Rauchschwaden liegen. „Tz... Was glaubst du wohl?"
„Keine Frechheiten, Weib!", maulte er und drehte sich langsam um. Verzweifelt klammerte sie sich an das Stück Stoff und wagte es nicht dem strengen Admiral in die Augen zu sehen.
„Sarana Storm. Ist sie tot? Es ist wichtig, das genau zu wissen!"
„Ich bin mir nicht sicher. Ich war in der Villa eingesperrt und konnte gerade noch fliehen. Aber der Pirat hat sicher nichts übrig gelassen."
David nickte. Seufzend wandte er sich wieder der Insel zu, die Piraten waren längst weg und die einzige Überlebende konnte den Tod von Sarana Storm nicht hundertprozentig bestätigen. Dass die Kid-Piraten geflohen waren, zeugte für ihn nicht von besonderer Wichtigkeit. Er musste die Tochter von John finden.
Seine Nichte war für das Gleichgewicht zwischen Himmel und Hölle verantwortlich. Im Stillen regierte sie die Unterwelt, verhandelte mit Gut und Böse. So konnte man die Waagschale halten; die Piraten waren dem Admiral ein Dorn im Auge, aber auch das akzeptierte er und lernte damit umzugehen. Dieses Gleichgewicht war nun in großer Gefahr und es wurmte ihn. Doflamingo zwitscherte wie ein kleines Vöglein und erzählte von dem Storm-Imperium und dessen Königin, mit der er schon jahrelang Geschäfte betrieb. Zu seinem Glück glaubte man ihm kein Wort, denn wenn so jemand existieren würde, wüsste die Marine natürlich davon. Er tolerierte ihn, weil er dabei half, die Monster zu zähmen. Doch die Ereignisse nahmen zu und David fragte sich, ob es wohl Zufall war, dass zuerst Doflamingo verhaftet und jetzt das geheime Storm-Anwesen verbrannt wurde.

Er fuhr sich durch das längere schwarze Haar und überlegte.
Der Marineadmiral konnte nur hoffen, dass Sarana noch lebte, nur das war wichtig.
„Wir legen an. Holt mir ihre verdammte Leiche!" „Aye, Sir!", kam es ihm unisono zu Ohren. Schnaubend starrte er die Insel an, seine grauen Augen stachen furchteinflößend hervor, mithilfe eines eisblauen Splitters, das die düsteren Irden teilte. Marie zitterte, als sie den breitgebauten Mann anstarrte und wollte sich ihr Schicksal gar nicht ausmalen. Sie hatte ihn nur einmal gesehen, aber David blieb in ihrem Gedächtnis, genauso wie John.
Den einen Bruder überlebt, um in den Armen des anderen zu landen.
Es vergingen einige Stunden in denen die jungen Soldaten die kleine Insel durchkämmten, aber es schien wirklich nicht viel übrig geblieben zu sein. David knurrte genervt, als er die Notration von Sar sah. Nur ein Beutel voller Geld, Kleidung und ein Lockport sowie einige Seekarten.
„Sir...", murmelte einer der Schiffsjungen und deutete hinter sich. Zwei seiner Kollegen schafften zwei Säcke an und er erkannte an der Form sofort, dass es sich um leblose Körper handelte. „Scheiße", zischte er. Marie verfolgte sie mit den Augen und stand zitternd auf, immer noch an die Decke geklammert. Sie ließen die beiden Säcke respektvoll sinken und David starrte in die beiden Gesichter seiner Nichten. Sie waren völlig verunstaltet, blutbesudelt und aschfahl. Saranas Augen waren geschlossen und sie sah beinahe friedlich aus, während Onis Augen weit aufgerissen waren. Der Admiral könnte vor Wut platzen.
„Was hat man euch nur angetan!", knurrte er und beugte sich zu der Schwarzhaarigen hinunter. Was sollte er jetzt machen? Ohne Sarana fehlte ein wichtiges Glied in der Kette. Seine eigene Tochter wuchs auf der anderen Seite der Welt auf und war absolut nicht für den Job von Sarana geeignet. Er fluchte und erhob sich.
„Hisst die Segel. Wir verschwinden... und du.." Er verengte die Augen und musterte die Rothaarige eingängig. Die ehemalige Gefährtin von John war immer noch kratzbürstig und launisch, büßte über die Jahre aber einiges an Selbstsicherheit ein. „Du.. wirst mir eine große Hilfe sein!", erklärte er süffisant und Marie erschrak entgeistert und wich zurück.

Es war totenstill auf der Galley, nur die Schreie von Eustass Kid schlugen um sich wie tosende Wellen. Selbst der Ozean war ruhig und ließ die Piraten die Schmerzen ihres Kapitäns ganz genau zu Ohren kommen. Die Mannschaft betrauerte Vadim, sie tranken und schwiegen. Jetzt nachdem sie endlich Zeit zum Durchatmen hatten, konnten sie sich nun endlich einige Minuten an Gedenken ihres Kameraden widmen. Kaya saß alleine an der Gallionsfigur und ließ ihren Fuß baumeln. Killer rieb sich angestrengt über die Stirn und versuchte die grauenvollen Schreie von Kid auszublenden, aber da es die einzigen Laute auf dem Schiff waren, blieb ihm nichts anderes übrig, als ihnen zu lauschen. Sie schipperten nun einige Tage dahin und der Schock und die Nachwirkungen, die Kid jetzt überrollten waren so heftig, dass man kaum glauben konnte, dass er es überstand. Booze erklärte ihnen, dass es sich um Phantomschmerzen handelte. Jetzt, da Kids Hirn das Trauma verarbeitete und nicht ganz damit zurecht kam, war es um einiges heftiger als er gedacht hatte. Ein Scheppern war zu hören und der Blonde vermutete, dass es sich wohl um den kleinen Operationstisch handelte und samt den Gerätschaften durch das Krankenzimmer flog. Booze hatte alle Hände voll zu tun. Killer dachte wieder daran, dass sie noch ein Mitglied anheuern sollten, das der Medizin mächtig war, um ihn zu unterstützen. Der Rest der Mannschaft hatte keine Ahnung davon und stand mehr im Weg als wirklich hilfreich zu sein. „KILLER! Komm her!", schrie der Schiffsarzt und der Vize rannte fast zu dem kleinen Zimmer. Er schluckte als er den Rothaarigen an die Pritsche gefesselt vorfand. Sein ganzer Körper wand sich, Schweißperlen zierten die breite Brust und Kids Haare klebten ihm teilweise an der Stirn. „Du musst ihn festhalten. Er beruhigt sich einfach nicht!" Booze wischte sich mit dem Oberarm über die schwitzige Stirn und atmete einmal tief durch. Hastig schloss der Blonde die Tür und trat an seinen schreienden Kapitän heran. „FUCK! Ich bring euch alle UM", knurrte der Rothaarige und schnaufte wie ein wilder Stier. „Kiddo... Du musst dich beruhigen!", versuchte er, doch es hatte nur zur Folge, dass Kid sich noch mehr gegen die Fesseln wehrte. Er wagte einen Blick zu dem Schiffsarzt, der nur die Stirn runzelte und den Kopf schüttelte. Die metallene Pritsche schlug laut gegen die Wand und kratzte über den Fließboden. Killer seufzte und packte Kid bei den Schultern um ihn nach unten zu drücken, während Booze seinen Arm umklammerte und ihm eine Spritze in die Vene stach. Er ließ sich nicht wie sonst Zeit dabei, sondern versuchte das Beruhigungsmittel so schnell wie möglich in Kids Blutkreislauf zu jagen.
Die Gegenwehr flaute langsam ab und der zum Zerbersten angespannte Körper sackte langsam in sich zusammen. Er murmelte etwas, aber Killer verstand kein Wort und atmete nur erleichtert aus, als Kids Augen sich überdrehten und sich langsam schlossen.
„Booze. Wie kriegen wir ihn wieder hin?", fragte er zweifelnd und stützte seine Hände an Kids Bett ab. Der Schiffsarzt schien ebenfalls erleichtert und streifte sich die Latexhandschuhe ab. „Ehrlich gesagt... habe ich keine Ahnung. Die Wunde wurde einwandfrei behandelt, es gibt keine Infektionen oder Blutungen."
„Was ist es dann? Wieso hat er solche Schmerzen?"
Booze seufzte und rieb sie die Augen. Er war müde, genauso wie alle in der Mannschaft.
„Das Problem liegt an seinem Hirn. Er konnte die Ereignisse nicht richtig... verarbeiten. Das Hirnareal, das für seinen Arm verantwortlich ist, sendet ihm noch immer Signale – in diesem Fall, Schmerz. Es hat sozusagen noch nicht begriffen, dass der Arm nicht mehr da ist."
„Scheiße.. Das heißt wir können nur abwarten?"
Booze weitete die Augen und stemmte die Arme in die Hüfte, er schwieg eine Weile und deckte Kid sorgfältig zu. „Naja... Ehrlich gesagt bin ich überfragt. Es ist vor allem ein psychisches Problem.. Aber du weißt genauso gut wie ich, dass der Captain sich wohl kaum mit jemandem von uns hinsetzt und über sein Trauma redet."

Killers Nerven waren ausgelastet. Seit einigen Wochen trieben sie auf dem Meer und steuerten nun die nächste Insel an. Kids Problem wurde nur mäßig besser und er beobachtete das junge Mädchen, das in einer kurzen weißen Hose und einem roten T-Shirt von Kaya auf den Sonnenaufgang starrte. Ihre schwarzen Haare wehten im Wind und ihre Arme schlangen sich um ihren Körper. Er ging zu ihr und sah, dass Hina eine Träne über die Wange floss.
Schluckend stand er neben ihr, wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. Sie würde hier von Bord gehen und vermutlich sah sie die Kid-Piraten nie wieder. Die Kleine würde klar kommen, als sie einmal überfallen wurden, sah man, dass sich hinter der zarten Fassade eine gute Kämpferin verbarg. Killer räusperte sich unsicher und merkte wie Hina wieder etwas Leben in die Glieder bekam. „Ich hoffe sie hat endlich ihren Frieden", flüsterte sie und der Vize verzog irritiert die Augenbrauen. „Sarana. Ich weiß, für euch war sie der Teufel, aber sie war nicht immer so", erklärte sie und lächelte breit, allerdings galt das Lächeln nicht ihm, sondern Oz, der sich auf Krücken zur Reling schliff. Er zog sich zurück und ließ die beiden alleine, lieber leitete er die weiteren Maßnahmen ein, damit sie an Land gehen konnten.
Killer ging schleppend an Kids Kajüte vorbei, bis er verdächtigen Lärm hörte und er ahnte schon, was der Rothaarige darin trieb. Wenn er nicht wahnhaften Schmerzen verfiel und Booze ihm irgendwelche Substanzen spritzte, sperrte er sich in sein Zimmer ein und tüftelte an seiner Werkbank. Mit einem Arm deutlich schwieriger und vor allem frustrierender.
„Kid." Er erstarrte in der Tür und riss die Augen auf. „Was zur Hölle?"
Schnaufend knurrte Kid vor ihm, rieb sich die Schulter und hob einen riesigen Metallarm an. Es kostete ihn Mühe, das konnte man an dem verzerrten Gesicht des Hünen sehen und es erforderte auch seine Teufelskraft, da das ganze Metall im Raum zitterte, sich in die Höhe hob und wieder klirrend zu Boden fiel. „RAUS!"
„Kid!"
„Ich sagte: RAUS!" Mit einer beängstigenden Wucht schlug er Killer die Tür vor der Nase zu. Booze kam angerannt und schien genervt. Da verbrachte er Wochen an Kids Bett und versuchte ihm zu helfen, nur um dabei zuzusehen, wie Kid seine Grenzen völlig überschätzte. „Hast du die Scheiße gesehen? Fuck, er sollte sich ausruhen!"
„Ich weiß."
Killer hob die Hände über den Kopf und überlegte, ob er es nochmal versuchen sollte, aber mit dieser Laune hatte er nicht wirklich eine Chance. Kaya kam um die Ecke und neigte den Kopf, als sie ihren Vizen so verzweifelt sah. Sie deutete auf die Kapitänskajüte und ergriff die Klinke der Tür. „Das solltest du lassen." Die Rosahaarige runzelte die Stirn und hielt noch immer die Messingklinke locker in der Hand. Kid wollte mit ihr reden. Sie ging vom Schlimmsten aus und sie wollte es bald wissen, da sie hier noch von Bord gehen könnte.
Killer verstand die wenigen Gesten mit der Kaya versuchte mit ihm zu kommunizieren.
Vielleicht war ein anderes Gesicht gut für den Hünen, also gab er nach und half der Mannschaft dabei, das Schiff sicher in den Hafen zu steuern.

Kaya ging in die Kajüte und rümpfte die kleine Stupsnase. Schweiß und Öl lag in der Luft und es biss ihr in den Nebenhöhlen; der Geruch staute sich in dem kleinen Raum.
Kid schmiss den provisorischen Arm auf die Werkbank, da es sowieso nur Schrott war und sah Kaya in das dunkle Auge. Mit ihr hatte er ein Hühnchen zu rupfen und das wusste sie.
„Sarana war meine Sache." Ihren Namen auszusprechen war fast schmerzhaft für ihn, aber er blieb gefasst und versuchte die Sache hier nun endgültig abzuschließen.
Ihr Lid senkte sich und ihre verschränkten Arme hinter dem Rücken waren eine äußerst defensive Haltung, die Kid unsagbar ankotzte. Sie waren hier nicht beim Militär.
Kaya hatte Scheiße gebaut – nichts was man durch Strafarbeit und ein paar Prügeleinheiten nicht aus der Welt schaffen konnte. Aber Vadim war weg und sie war nur Teil der Mannschaft, weil er sich weigerte ohne sie zu segeln. „Wenn du gehen willst, geh. Aber wenn du hier bleibst, dann trägst du den Männern einen Monat den Arsch nach. Hast du verstanden?", maulte er und setzte sich wieder an seine Pläne. Eine härtere Strafe gab es auf der Punk nicht, auch wenn er bezweifelte, dass irgendeiner der Männer Kaya unnötig quälen würde. Nicht nachdem was passiert war. Er wandte sich nochmal zu der Piratin um, die nun wieder etwas wie sie selbst wirkte. Eine Frage brannte ihm dennoch noch auf den Lippen und er war versucht sie zu stellen, ganz gleich, was sie von ihm halten könnte. Niemand wusste, was auf der Insel passiert war – nur sie beide.
„Warum hast du es getan?" Die Rosahaarige runzelte die Stirn und trat näher heran, knabberte an der Innenseite ihrer Wange. Er wartete auf irgendeine Geste oder ähnliches. Wenn man wollte, konnte man sich mit sehr wenigen Mitteln austauschen.
„Dachtest du ich käme nicht mit ihr klar? Denn ich hatte sie."
Sie lächelte, fast schüchtern. Diese Seite kannte er nicht wirklich von ihr und es irritierte ihn. Kaya klopfte mit dem Zeige- und Mittelfinger auf Kids Brust und legte dann ihre Handfläche darauf. Nur für einen Moment, ein Moment, der Kid unerträglich lange vorkam.

Sei der Sturm [One Piece ● Eustass Kid ● OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt